Wichtige Informationen für Ärztinnen und Ärzte zur Ebola-Epidemie

Pressemitteilung

Dr. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach
Präsident der Landesärztekammer Hessen
Dr. Angela Wirtz
Seuchenreferentin des Landes Hessen
Prof. Dr. Stephan Becker
Leiter des Institutes für Virologie Philipps‐Universität Marburg
Prof. Dr. Reinhard Brodt
Leiter der Infektiologie Goethe‐Universität Frankfurt am Main
Prof. Dr. August Stich
Chefarzt der Tropenmedizin Missionsärztliche Klinik, Würzburg
Prof. Dr. Dr. René Gottschalk
Leiter des Kompetenzzentrums für hochinfektiöse, lebensbedrohliche Erkrankungen

Die Situation

Die Ebola‐Epidemie in Westafrika ist immer noch nicht unter Kontrolle. Steigende Fallzahlen mit einem hohen Anteil nicht registrierter Erkrankungen und Todesfälle und die jüngst aufgetretenen Infektionen in Spanien und den USA tragen insgesamt zu einer hohen Irritation in der Bevölkerung und der Ärzteschaft bei. Für Deutschland hat sich die Bedrohungslage nicht verändert: Durch die hohen und weiterhin steigenden Fallzahlen können auch bei uns Patienten vorstellig werden, die sich in Westafrika infiziert haben. Diese Patienten werden in Hessen auf der Grundlage eines Erlasses des Hessischen Sozialministeriums auf der Sonderisolierstation der Universitätskliniken Frankfurt am Main behandelt, Kontaktpersonen werden durch das zuständige Gesundheitsamt ermittelt und innerhalb der Inkubationszeit engmaschig betreut. Derzeit wird ein Patient in der Sonderisoliereinrichtung der Universitätsklinik Frankfurt am Main behandelt.

Wie kann man sich mit Ebola infizieren?

Das Virus ist deutlich weniger infektiös, als dies beispielsweise bei Influenzaviren der Fall ist und die Übertragung kann nur über den direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten und/oder ‐ausscheidungen (Blut, Speichel, Schweiß etc.) von symptomatischen Patienten erfolgen. Patienten sind erst dann infektiös, wenn sie selber die ersten Symptome (z.B. Fieber > 38.5,
oder erhöhte Temperatur mit Erbrechen, Durchfall) zeigen. Die Viruslast des Patienten steigt mit zunehmender Krankheitsdauer an: Zu Beginn der Symptomatik sind noch relativ wenig
Viren nachweisbar; erstaufnehmendes Personal, das professionell, aufmerksam und mit üblichen Hygienemaßnahmen (Kittel, Handschuhe und ggf. Mundschutz) arbeitet, kann einen Verdachtspatienten sicher aufnehmen und eine Erst‐ bzw. Ausschlussdiagnostik veranlassen. Das Ebola‐Virus ist nicht aerosolisch übertragbar, so dass für die Umgebung ein Abstand von ca 1 m ausreicht, um eine Infektion zu vermeiden.

Warum hat sich medizinisches Personal in den USA und in Spanien mit dem Ebolavirus infiziert?

Die genaue Aufarbeitung dieser Infektionen ist noch nicht abgeschlossen. Vermutet wird, dass entscheidende Fehler beim Ausziehen der Schutzkleidung gemacht wurden. Das Virus kann nicht durch empfohlene Schutzkleidung hindurch. Vermieden werden muss allerdings, dass beim Ausziehen der Schutzkleidung kontaminiertes Material auf die Haut, in die Augen etc. gelangt. Dies wird bei uns dadurch sichergestellt, dass vor dem Ausziehen die gesamte Schutzkleidung mit einem begrenzt viruziden Desinfektionsmittel abgewaschen wird und nach dessen vorgegebener Einwirkzeit ein zweiter Mitarbeiter hilft, die Schutzkleidung auszuziehen. (Empfehlungen für geeignete Schutzkleidung und eine bebilderte Anleitung, wie sie sicher an‐ und ausgezogen werden kann, ist über das Institut für Virologie der Philipps‐Universität Marburg zu beziehen. Die Schutzkleidung, die in Sonderisolierstationen benutzt wird, weicht von der hier empfohlenen ab, da dort invasive therapeutische Maßnahmen (Beatmung, zentralvenöse Katheter, Dialyse etc.) vorgenommen werden.)  Zur Selbstevaluation, ob eine Klinik ausreichend in der Erstbetreuung von Patienten mit hochpathogenen Erregern vorbereitet ist, steht ein geeignetes kommerzielles Software‐Tool zur Verfügung. (BEPE – Be Prepared! (www.be‐prep.com))

Wie werden Verdachtsfälle erkannt und behandelt?

Die Reiseanamnese des Patienten hat eine herausragende Bedeutung und muss immer bei den Patienten vor (!) Aussprechen eines Ebola‐Verdachtes erhoben werden!
Bei einem begründeten Verdachtsfall oder weiterbestehender Unsicherheit, ist Folgendes zu veranlassen: (Das Robert Koch‐Institut hat ein Flussschema für Verdachtspatienten herausgegeben: Infografik: Maßnahmen bei Verdacht auf Ebolafieber)

  • Falls die Reiseanamnese einen Hinweis auf Reisen in Ländern des Epidemie‐Gebietes ergibt: Kontakt mit dem zuständigen Gesundheitsamt, das ggf. das Kompetenzzentrum einschalten wird (24 Stunden, täglich);
  • Persönliche Schutzkleidung anlegen und Patienten untersuchen (insbesondere Malaria ausschließen!), zeitgleich den Patienten in einem Einzelzimmer isolieren;
  • Eine Blutprobe für das Hochsicherheitslabor in Marburg asservieren – das Gesundheitsamt/Kompetenzzentrum entscheidet, ob die Probe tatsächlich in das Hochsicherheitslabor transportiert werden muss. (Das Hochsicherheitslabor in Marburg benötigt EDTA‐Blut oder EDTA‐Serum. Wenn möglich sollten zwei Proben abgenommen werden, damit eine Rückstellprobe vorhanden ist.)
  • Die Kontaktpersonen im Klinikbereich mit Adresse, Telefonnummern, etc. erfassen – alles Weitere wird das zuständige Gesundheitsamt übernehmen.

Haben Krankenhäuser die Pflicht, bei Patienten mit Verdacht auf Ebola‐Virus Infektion eine Erstversorgung durchzuführen?

Jede Klinik in Deutschland hat die gesetzliche Pflicht, eine Erstversorgung bei jedem Patienten vorzunehmen. Das gilt selbstverständlich auch für Patienten, bei denen ein Ebola‐
Verdacht ausgesprochen wird.
Ärztliche Verantwortung und Fürsorgepflicht gegenüber Patienten und Mitarbeitern lassen kein Abweichen vom Standard der ärztlichen Versorgung in Deutschland zu.
Der Ebola‐Verdacht muss auf der Grundlage von expliziten Kriterien auf rationaler Grundlage ausgesprochen werden, z.B. Reiseanamnese (Afrikakarte in der Notaufnahme), Symptomatik, Kontakt mit Ebola‐Patienten. Mit Professionalität des medizinischen Personals, strikter Hygiene beim Arbeiten und mit geeigneter Schutzkleidung kann jeder Patient, auch ein Ebola‐Verdachtsfall, erstversorgt werden. Die weitere Behandlung in einer spezialisierten Einrichtung wird durch das Gesundheitsamt/Kompetenzzentrum organisiert.

Was tun, wenn medizinisches Personal Kontakt zu einem Ebola‐Patienten hatte?

Für Ärztinnen und Ärzte, die einen Patienten aufgenommen haben, bei dem sich später herausstellt, dass er eine Ebolavirus‐Infektion hat, gilt Folgendes zu beachten:

  • Diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die Kontakt mit dem Patienten hatten, gelten als Kontaktpersonen und werden, nach Risikobewertung durch das örtlich zuständige Gesundheitsamt in den nächsten 21 Tagen engmaschig betreut. Dazu gehört u.a. zweimal täglich die Temperatur zu messen und sich sofort bei dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden, wenn Symptome auftreten, die mit einer Ebola‐Virus Infektion vereinbar sind. (T ≥ 38,6 °C oder erhöhte Temperatur mit den Begleitsymptomen: Ausgeprägte Schwäche, Muskelschmerzen, starke Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Durchfall, Erbrechen, Hämorrhagien unklarer Ursache) Im Rahmen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und je nach Risikobewertung können auch Quarantäne und zeitlich begrenzte Arbeitseinschränkungen notwendig werden.
  • Auf Auslandsreisen muss, auf Inlandsreisen sollte in dieser Zeit verzichtet werden.

Insgesamt wird das Infektionsrisiko für erstbehandelndes medizinisches Personal als gering angesehen, da Patienten zu Beginn ihrer Erkrankung noch nicht stark infektiös sind, und
medizinisches Personal mit gesundem Menschenverstand und guter Hygiene und Schutzkleidung (Handschuhe, Mundschutz) arbeiten sollte.

Kann das Auftreten von Ebola‐Infektionen in Deutschland verhindert werden?

Eine Einreise von Menschen, die sich mit dem Virus infiziert haben, kann nicht verhindert werden. Das Virus hat eine Inkubationszeit von bis zu 21 Tagen. Infizierte Menschen können
ohne ihr Wissen und ohne jegliche Symptome einreisen und in den nächsten Tagen in Deutschland erkranken. Keine Screening‐Maßnahme kann dies verhindern.
Durch unser präsentes Gesundheitssystem gehen wir nicht davon aus, dass sich das Ebola‐Virus in Deutschland ausbreiten kann. Vereinzelt importierte Fälle, auch durch Menschen,
die erst nach der Einreise nach Deutschland erkranken, halten wir hingegen für möglich. Diese müssen schnell erkannt (und adäquat therapiert) werden, um die Zahl der Kontaktpersonen so klein wie möglich zu halten.

Wir appellieren daher an alle hessischen Ärztinnen und Ärzte sich mit dem Umgang von Infektionserkrankungen durch hochpathogene Erreger (Erlass des Hessischen Sozialministeriums von 2001 (einsehbar auf der Ebola‐Seite des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration) erneut vertraut zu machen.

Weitere Informationen haben wir auf der Webseite des Gesundheitsamtes Frankfurt am Main (www.frankfurt.de/ebola) freigeschaltet.

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