„Nicht wir Ärzte reden das System schlecht"

Pressemitteilung

Kritik an Ministerin Lautenschläger auf Delegiertenversammlung der Landesärztekammer

„Das sollten Sie nicht uns, sondern Karl Lauterbach, dem „Pferdeflüsterer" von Ulla Schmidt sagen": Aufgebracht wiesen die Delegierten der Landesärztekammer Hessen den Vorwurf der Hessischen Sozialministerin Silke Lautenschläger zurück, sie redeten das deutsche Gesundheitswesen schlecht. Lautenschläger hatte den Ärzten auf der Delegiertenversammlung der Kammer am Samstag in Bad Nauheim vorgeworfen, sie sorgten auf diese Weise dafür, dass die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem System wachse. Es sei nicht die Ärzteschaft, sondern die alte und neue Bundesgesundheitsministerin, die versuche, dem System schlechte Noten auszustellen und damit das Vertrauensverhältnis von Ärzten und Patienten beschädige, widersprachen die Delegierten. Eine vom Bundesgesundheitsministerium selbst in Auftrag gegebene internationale Studie dokumentiere nun jedoch, dass das deutsche Gesundheitswesen viel besser sei als sein herbei geredeter Ruf.

Auch Silke Lautenschlägers Behauptung, es gebe noch keinen Ärztenotstand in Hessen, stieß bei den hessischen Ärzten auf heftigen Protest. So seien inzwischen längst nicht mehr nur ländliche Gebiete, sondern auch Städte davon betroffen, dass Arztpraxen nicht mehr besetzt werden können. „Verantwortlich dafür sind zum einen die miserablen Bedingungen, unter denen Ärzte heute in Deutschland – und damit auch in Hessen – arbeiten müssen. Zum anderen aber auch die ständige Verunglimpfung der Ärzteschaft in der Öffentlichkeit. Damit werden junge Kolleginnen und Kollegen in andere Berufsfelder oder ins Ausland getrieben, wo sie bessere Bedingungen vorfinden", erklärte die Präsidentin der Landesärztekammer, Dr. med. Ursula Stüwe. Die Demonstrationen von Krankenhausärzten und die Streikaktionen von niedergelassenen Ärzten in diesem Jahr seien ein deutliches Zeichen: „Wenn Ärztinnen und Ärzte auf die Straße gehen, dann brennt es im System."

Während die hessische Sozialministerin die Privatisierung der Universitätskliniken Gießen und Marburg als „absolut richtigen Weg" bezeichnete, warnte Stüwe vor einer möglichen Verschlechterung der Bedingungen für Forschung und Lehre. Auch nannte sie die Situation der Universitätsärzte nach wie vor unbefriedigend. Noch immer gebe es dort Arbeitsverträge mit einer Dauer von 1 bis 3 Monaten. Darauf könne keine Lebens- und Familienplanung aufgebaut werden.

Einstimmig unterstützen die hessischen Delegierten die Versuche von Ärztinnen und Ärzten in Krankenhäusern öffentlicher Trägerschaft, ihre tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen zu verbessern. Es sei völlig unverständlich, dass das Arbeitszeitgesetz nach wie vor an vielen hessischen Krankenhäusern missachtet werde. Die Verantwortung hierfür trage die hessische Landesregierung.

Darüber hinaus machte die Delegiertenversammlung auf die immer schlechter werdenden Arbeitsbedingungen und die katastrophale Entwicklung der Vergütung von Leistungen der niedergelassenen Ärzten aufmerksam. „Die politischen Umverteilungsmechanismen werden die qualifizierte Versorgung von Patienten vor Ort verschlechtern", warnten die Delegierten.

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