Fachärzte werden überall gebraucht, in Kliniken und im ambulanten Bereich, ob mit oder ohne Primärarztsystem. Patientinnen und Patienten werden älter und kränker, gleichzeitig potenzieren sich die fachärztlichen Behandlungsmöglichkeiten. Therapien, die es vor Jahren gar nicht oder nur vereinzelt gab wie Stammzelltherapien, Nierenersatzverfahren, interventionelle Herzklappen als Beispiele aus dem internistischen Spektrum, erfordern eine spezialisierte fachärztliche Versorgung.

Und es gibt zusätzliche Faktoren für einen Facharztmangel. Die Reform der Krankenhäuser (KHVVG) verbraucht fachärztliche Kompetenzen ohne Ende. Für jede Leistungsgruppe werden drei Fachärzte rund um die Uhr (24/7) benötigt, auf den Intensivstationen noch mehr.

Neue Arbeitszeitmodelle und Teilzeitarbeit liegen im Trend, auch wegen der unzumutbaren Arbeitsbedingungen in den Kliniken und Praxen. Die verfügbare Arbeitszeit pro Fachärztin und Facharzt nimmt ab. Mit ein paar zusätzlichen Studienplätzen wird die Misere nicht behoben. Krankenhäuser beklagen bereits jetzt, dass zu wenige qualifizierte Fachärzte „auf dem Markt“ sind, das treibt den Preis. Bei DRGs und budgetierten fachärztlichen Vergütungen im ambulanten Bereich ist dies eine ruinöse Gemengelage für Kliniken und spezialisierte Facharztpraxen.

Die Ärztekammern haben ihre Hausaufgaben gemacht. Weiterbildung ist im ambulanten Bereich nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll. Viele bislang stationäre Untersuchungen und Behandlungen erfolgen inzwischen ambulant. Weiterzubildende in Praxen haben dort viel mehr Möglichkeiten häufige Untersuchungen wie Endoskopien, Chemotherapien, chirurgische Eingriffe etc. früher und schneller zu erlernen.

Anforderungen werden steigen

Eine Vergütung dafür ist nicht in Sicht. Die Politik drückt sich, außer bei den Regelungen nach §75a SGB V für Allgemeinärzte, vor klaren Regelungen, sie könnten ja Geld kosten. Kostenträger freuen sich über jedes Budget, die Zukunft der fachärztlichen Versorgung ist kein Thema. Dabei wird, natürlich auch in der Weiterbildung, qualifizierte ärztliche Tätigkeit geleistet. Unter Anleitung werden auf den klinischen Stationen Patienten aufgenommen, behandelt und nach Gesundung wieder entlassen. Gleiches gilt für den ambulanten fachärztlichen Bereich. Diagnostik und Behandlungspläne, Sonographien und Chemotherapien müssen bezahlt werden, auch wenn sie von Kolleginnen und Kollegen in Weiterbildung durchgeführt werden. Es gibt dafür den schönen Begriff der „anvertraubaren ärztlichen Tätigkeiten“. Dieser Begriff würdigt den weiten Bereich der zu honorierenden ärztlichen Tätigkeit von der Spritze bis zur Appendektomie.

Der Facharztmangel wird sich verschärfen. Die Anforderungen an die Zahl und die Qualifikation von Fachärzten werden steigen und die Babyboomer beenden in Kürze ihre klinische oder ambulante Tätigkeit. Manche arbeiten noch in der Rente weiter, das ist aber kein Konzept, auf das ein funktionierendes Gesundheitswesen auf Dauer bauen kann. Als Folge muss die Weiterbildung zeitlich gestrafft und die dabei geleistete ärztliche Arbeit anständig vergütet werden. Im besten Patienteninteresse wird hierdurch eine hochwertige und kontinuierliche fachärztliche Behandlung im ambulanten und im stationären Bereich gefördert.

Dr. med. Wolf Andreas Fach, Präsidiumsmitglied der Landesärztekammer Hessen und BDI-Landesvorsitzender Hessen

Die Beiträge in der Rubrik „Ansichten & Einsichten“ geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.