Zwei Stockwerke weniger, dafür mit modernem Design und Ausstattung: Die Delegierten der Landesärztekammer Hessen haben sich bei der 9. ordentlichen Delegiertenversammlung (DV) am 17. September mit großer Mehrheit für eine Kernsanierung des Gebäudes der Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung auf dem Campus in Bad Nauheim ausgesprochen. Geplant ist, dass Ärztinnen und Ärzte bereits Mitte 2027 an Fortbildungen in dem runderneuerten Bau teilnehmen können. Bei dem Entwurf und der Diskussion standen Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit im Fokus.

Hintergrund

Bei der 6. ordentlichen Delegiertenversammlung (HÄBL 11/24, S. 583) im vergangenen Jahr berichtete der kaufmännische Geschäftsführer der LÄKH, Christoph Berger, in einem Sachstandsbericht über den Investitionsstau am Standort Bad Nauheim. Bei der nachfolgenden Delegiertenversammlung (HÄBL 1/2025, S. 9) erfolgte durch die Delegierten eine Rücklagenbildung in Höhe von rund 4,5 Millionen Euro für die Weiterentwicklung des Immobilienstandorts sowie die Beauftragung für eines detaillierten Planungskonzept.

Bei der jüngsten DV sprachen Dr. med. Peter Zürner, Jutta Willert-Jacob und Dr. med. H. Christian Piper einleitend über das Planungskonzept. Die drei Präsidiumsmitglieder haben den Prozess für den Entwurf für das Akademiegebäude der Landesärztekammer Hessen (LÄKH) begleitet. Man habe schon einen Teil der Neuausrichtung der Akademie, die zusammen mit der Unternehmensberatung Schickler erarbeitet wurde, umgesetzt und das Fortbildungsangebot unter der neuen Leitung von Susanne Florin optimiert, so Zürner. Bei dem Planungsprozess zum Akademiegebäude habe man verschiedene Möglichkeiten betrachtet, so auch die Verlagerung des Standortes nach Frankfurt. Es habe sich aber herausgestellt, dass diese organisatorisch und finanziell nicht attraktiv seien. Die Sanierung des Akademiegebäudes habe sich als wirtschaftlich­ste Alternative herauskristallisiert. Sowohl Präsidium als auch Finanzausschuss empfehlen diesen Schritt, so Zürner. Piper betonte, dass das Akademiegebäude aus dem Jahre 1972 stamme und seitdem keine größere Sanierung erfahren habe. Das Gebäude sei heruntergewirtschaftet, der Beton-Rohbau aber noch in einem guten Zustand und weiter verwendbar.

Ökonomisch und ökologisch sinnvoll

Für die Geschäftsführung der LÄKH sei wieder der Architekt Klemens Ahlbäumer beratend tätig, mit dem man bereits gute Erfahrungen beim Neubau der Hauptverwaltung an der Hanauer Landstraße gemacht habe, berichtete der Kaufmännische Geschäftsführer Christoph Berger, der auch einen Überblick über die beteiligten Firmen an der Entwurfsplanung gab. Die Projektsteuerung im Entwurf hat die Firma FF-Projekt übernommen, die Architektur Firma SBS Architekten und die Haustechnik die Firma Springweiler Ingenieure. Projektmanager Daniel Michel von FF-Projekt stellte dann Eckdaten der Kernsanierung vor: So solle eine Reduktion auf die notwendige Fläche circa 950 m² erfolgen, dafür sollen zwei Stockwerke zurückgebaut werden. Aufgrund von mobilen Arbeiten und digitalen Fortbildungsangeboten sei weniger Fläche nötig. Das Gebäude solle energetisch modernisiert (Energieeffizienz auf 60 % des Bestandes) und weitgehend barrierefrei gestaltet sowie mehr in den Campus Bad Nauheim integriert werden. Das Budget liege bei rund 6,05 Millionen Euro zuzüglich Einrichtung und Risikorückstellung (1,075 Millionen Euro). Mitte 2027 soll das Gebäude fertig sein, sofern die Delegierten zustimmen.

Architekt Jan-Benjamin Schäfer von SBS Architekten präsentierte weitere Details zum Entwurf und dessen Grundrisse. Eine Teil-Metallfassade und moderne (Innen-) Architektur sollen das Gebäude optisch in die Gegenwart transportieren, eine Solaranlage und moderne Haustechnik das Gebäude auch fit für die Zukunft machen. Hier stieg Sven Springweiler von der Firma Springweiler Ingenieure tiefer in die Materie ein. Mit 32 kWp Nennleistung und einem 10-kWh-Speicher soll die Photovoltaik-Anlage an optimalen Tagen auch das benachbarte Seminargebäude mitversorgen können. Die Anlage soll eine effiziente Größe bekommen, da eine noch leistungsstärkere Anlage in Bezug auf Einspeisung und unter der Mitbetrachtung der Leistungsfähigkeit der Stromnetze nicht empfehlenswert sei, so Springweiler. Zwei Wärmepumpen sollen das Gebäude heizen und lüften.

Alternativen durchgerechnet

Hans Peter Hauck, ehemaliger kaufmännischer Geschäftsführer der LÄKH und beratend für das Projekt tätig, stellte zusätzlich die Kosten einer alternativen Anmietung von Räumlichkeit in Frankfurt vor. Diese lägen bei einer Betrachtung von zehn Jahren gut 2,5 Millionen Euro über der aktuellen Planung.

In der anschließenden Diskussion lobte Dr. med. Wolf Andreas Fach (Fachärztinnen und Fachärzte Hessen) den vorgelegten Entwurf und hob den Schritt als wichtig für den Erhalt und Entwicklung der sponsorenfreien ärztlichen Fort- und Weiterbildung der Akademie hervor. Auf eine Frage von Christiane Hoppe (ÄrztINNEN Hessen) nach dem Vergleich zu einem vollständigen Abriss und Neubau betonten Michel und Ahlbäumer, dass der Erhalt des Betonkerns nicht nur günstiger, sondern auch einen geringeren ökologischen Fußabdruck habe. Bei einem Abriss und Neubau könne man grob vom doppelten Preis ausgehen, so Ahlbäumer. Dr. med. Matthias Moreth (Marburger Bund) kritisierte, dass der Teilabriss für ihn keine Weiterentwicklung im Sinne des Beschlusses zur Rücklagenbildung aus den vorgehenden Delegiertenversammlungen sei und für den Campus kein ganzheitliches Konzept vorlege, sondern nur Stückwerk gemacht werde. Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident der Landesärztekammer Hessen, entgegnete auf Bedenken von Seiten der Delegierten, ob sich das Bauprojekt nicht teurer herausstellen könne als geplant, dass bei dem Entwurf eine realistische und nicht die niedrigste Budgetplanung vorgenommen worden sei. Dabei helfe auch Klemens Ahlbäumer, durch dessen Hilfe man schon beim Bau der Hauptverwaltung an der Hanauer Landstraße in Frankfurt das Budget nicht voll ausschöpfen musste. Bei der Abstimmung votierten 52 Delegierten für die Umsetzung der Entwürfe, 6 stimmten dagegen bei einer Enthaltung.

Susanne Florin, Leiterin der Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung, sagt zu dem Beschluss: „Es war ein wunderbarer Moment für die Akademie, als die überwältigende Mehrheit in der Delegiertenversammlung für die Kernsanierung des Akademiegebäudes gestimmt hat. Die Freude ist groß! Künftig wird die Neuausrichtung der Akademie in einem modernen Gebäude sehr greifbar und weithin nach außen sichtbar sein. Die Zukunft beginnt jetzt in der Akademie!“

Lukas Reus