Der Dunst des Dschungels und der heiße Atem der Wüste legt sich förmlich über das heimische Sofa. Der Besuch in Albert Schweitzers Spital in Lambarene in Gabun, der mit diesem Buch ermöglicht wird, bietet einerseits eine wissenschaftliche Aufarbeitung der umfangreichen Quellenlage, u. a. in Form von über 80.000 Briefen, die im Archiv in Günsbach im Elsass erhalten sind. Gleichzeitig wird das soziale Leben im Spital lebendig dargestellt und mit vielen historischen Fotos begleitet. Albert Schweitzer (1875–1965) gilt bis heute als Symbol, wie es in der Einleitung heißt. Einerseits positiv, steht der Theologe und Arzt beispielhaft für christliche Nächstenliebe und medizinische Hilfe. Er wurde als „Genie der Menschlichkeit“ verehrt.
Ab den späten 1950er-Jahren galt das Spital aber auch als ein Beispiel rückständiger Medizin im kolonialen Geist als „Skandal von Lambarene.“ Die Autoren betten die Historie, Aufarbeitung und heutige Rezeption ein in diesen geschichtlichen Kontext. Und wenn eine Fotografie zeigt, wie Schweitzer z. B. inmitten von seinen Unterlagen sitzt und über ihm wichtige Dokumente in Leinensäcken aufgehängt sind zum Schutz vor Termiten, möchten sich Leserinnen und Leser gleich selbst einen Tropenhut aufsetzen.
Isolde Asbeck