Neue Medikamente, bessere Therapien, optimierte Behandlungen – medizinische Forschung treibt den Fortschritt an. Viele Studienerkenntnisse basieren auf Daten aus Kliniken, während die hausärztliche Versorgung mit ihren besonderen Herausforderungen oft unbeachtet bleibt. Dabei sind Hausärzt:innen die ersten Ansprechpersonen für Patient:innen und behandeln ein breites Krankheitsspektrum unter realen Versorgungsbedingungen.
Hier setzen Forschungspraxennetze an: Sie verbinden Wissenschaft mit dem hausärztlichen Alltag, indem Praxisteams (Hausärzt:innen und Medizinische Fach-angestellte [MFA]) aktiv an Studien teilnehmen. So entstehen praxisnahe Erkenntnisse, die direkt in die Versorgung einfließen. Ein solches Netzwerk ist ForN, Teil des Verbundprojekts SaxoForN, einer Kooperation der Goethe-Universität Frankfurt am Main und der TU Dresden. Seit 2020 wird es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert, um hausärztliche Forschung nachhaltig zu stärken und wissenschaftliche Erkenntnisse dort zu gewinnen, wo der Großteil der Versorgung stattfindet.
Rückblick: Erfolge und Herausforderungen
Nach fünf Jahren erfolgreicher Arbeit bietet sich nun die Gelegenheit, eine Zwischenbilanz zu ziehen: Das Forschungspraxennetz wurde kontinuierlich ausgebaut, die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und hausärztlicher Praxis gestärkt und mehr als 40 Forschungsprojekte abgeschlossen. Sie befassten sich mit zentralen Themen der hausärztlichen Versorgung, darunter die Betreuung chronisch Kranker, Medikamentensicherheit, Einsatz digitaler Anwendungen sowie die Optimierung von Versorgungsstrukturen im Praxisalltag.
Gleichzeitig zeigen die vergangenen Jahre, dass hausärztliche Forschung besondere Herausforderungen mit sich bringt – insbesondere knappe Zeitressourcen, hohe Arbeitsbelastung und begrenzte personelle Kapazitäten erschweren die aktive Teilnahme an wissenschaftlichen Studien.
Wer bleibt, wer kommt, wer geht?
Trotz dieser Herausforderungen gelang es, ein stabiles und lebendiges Forschungspraxennetz aus 126 regelmäßig engagierten und interessierten Hausärzt:innen aufzubauen. Während sich ein Großteil der Praxen kontinuierlich an Forschungsprojekten und Qualifizierungsmaßnahmen beteiligt, nehmen andere je nach Relevanz des Forschungsthemas an Studien teil.
Zukunft der hausärztlichen Forschung: Weiterentwicklung trotz Herausforderungen
Über 40 Forschungsprojekte in den vergangenen fünf Jahren zeigen, dass Forschung im hausärztlichen Setting funktioniert – sofern sie an die Realität der Praxen angepasst ist. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Forschungspraxennetz und den Forschungspraxenteams ermöglicht es, Studien so zu gestalten, dass sie praxisnah umsetzbar sind. Partizipative Formate helfen zudem, Forschung und Praxis optimal zu verzahnen.
Mitmachen und die Zukunft mitgestalten
Damit praxisnahe Forschung auch in Zukunft erfolgreich bleibt, sind motivierte Praxisteams gefragt. Hausarztpraxen, die sich für wissenschaftliche Projekte interessieren, sind herzlich eingeladen, Teil des Forschungspraxennetzes zu werden.
Informationen unter: www.saxoforn.net
Janina Carbon, M. Sc. PH, Dr. phil. Corina Güthlin, Dipl. Psych., Dr. rer. med. Karola Mergenthal, M. Sc. PH, Kontakt per E-Mail: mergenthal@allgemeinmedizin.uni-frankfurt.de
Vorteile der Teilnahme für Hausarztpraxen
Die Mitwirkung im Forschungspraxennetz bietet Praxen nicht nur wissenschaftlichen Mehrwert, sondern auch direkte Vorteile für den Praxisalltag:
- Zugang zu Informationen aller Forschungsergebnisse aus dem Forschungspraxennetz.
- Qualifizierung & Weiterbildung: Teilnahme an zertifizierten Fortbildungen für Ärztinnen und Ärzte sowie MFA, unter anderem Schulungen für Prüfärzte nach dem Arzneimittel- und Medizinproduktegesetz.
- Praxisnahe Forschung: Beteiligung an Studien, die sich direkt auf den hausärztlichen Alltag beziehen, mit Erkenntnissen, die unmittelbar in die Versorgung einfließen.
- Fortbildungs- & Netzwerktreffen: Austausch mit anderen Forschungspraxen und Wissenschaftlerinnen & Wissenschaftlern, um neueste medizinische Entwicklungen praxisnah umzusetzen.
- Datenbasierte Erkenntnisse: Regelmäßige strukturierte Übermittlung und Analyse von aggregierten Praxisdaten zur Patientenstruktur und Abrechnungsdaten, um wissenschaftliche Fragestellungen gezielt zu erforschen.
- Weiterentwicklung der hausärztlichen Versorgung: Durch die aktive Mitarbeit an Studien leisten Praxen einen wertvollen Beitrag zur evidenzbasierten Weiterentwicklung der Allgemeinmedizin (z. B. für Leitlinien).
- Möglichkeit, die eigene Praxis als wissenschaftlich engagierte Anlaufstelle zu positionieren.