Dr. med. Alexa Ortwein ist Ärztin in Weiterbildung am Krankenhaus Nordwest und hat eine coole Leidenschaft. Das Hessische Ärzteblatt fragte die 27-Jährige aus Offenbach nach den Hintergründen.
Eisschwimmen. Wie kommt man denn auf so ein Hobby, Frau Dr. Ortwein?
Dr. Alexa Ortwein: Seit ich klein bin, bin ich mit dem Schwimmsport vertraut. Meine Eltern sind geschwommen, meine Großeltern. Ich bin auch über 20 Jahre normal im Becken geschwommen. Dann hat ein Mannschaftskollege von mir mit dem Eisbaden angefangen und mich mitgenommen. Das gefiel mir so gut, dass ich das öfter gemacht habe. Und als sich herausgestellte, dass es da so etwas wie einen sportlichen Wettkampf gibt, war ich als Wettkampftyp sofort dabei.
Wo trainieren Sie?
Ortwein: Hier in Deutschland ist es ja nicht immer kalt. Deshalb trainiere ich zum einen normal weiter im Becken, wo das Wasser auch noch 26 Grad hat. Und sobald es dann an den Oktober geht und die Temperaturen sinken, trainiere ich in lokalen Seen, wie zum Beispiel dem Langener Waldsee oder Walldorfer Badesee.
Sie sind auch schon im Hafenbecken in Offenbach geschwommen, nicht wahr?
Ortwein: Früher ja, aber mittlerweile ist das leider verboten.
Aber ist das nicht eklig, das schmuddelige Wasser?
Ortwein: Es ist tatsächlich so, dass man als Schwimmer, gerade auch wenn man Freiwasser geschwommen ist, sehr geringe Ansprüche hat. Wenn man mal irgendwo in Hamburg war und da geschwommen ist, da war es auch nicht unbedingt viel besser. Oder in Rostock, neben den toten Fischen, da ist der Main schon fast sauber.
Ja, aber Sie gehen da ja auch richtig mit dem Gesicht rein. Ist das denn gesund? Das frage ich auch Sie als Ärztin.
Ortwein: Also – der Main hat eine super Qualität, muss man sagen. Wenn man sich mal die Wasserwerte anguckt, ist das überhaupt kein Problem. Im Hafenbecken selbst ist das Problem eher die Verschmutzung durch die Personen, die außerhalb sind. Da sind dann viele Flaschen oder ähnliches drin.
Trainieren Sie mit jemanden zusammen oder sind Sie Einzelkämpferin?
Ortwein: Es gibt Trainingsgruppen, die sich meist einmal die Woche treffen. Aber die haben nicht die Wettkampfambitionen wie ich. Deswegen, um wirklich zu trainieren, gehe ich dann meistens alleine ins Wasser. Es ist ganz aber wichtig, dass immer eine Begleitperson mit dabei ist. Das Eisschwimmen ist ja nicht ganz ungefährlich, und da sollte immer jemand draußen sein für den Fall, dass Erste Hilfe geleistet werden muss oder damit jemand verständigt werden kann. Ich habe selbst noch nicht erlebt, dass irgendwas passiert ist, weder auf Wettkämpfen oder ähnlichem. Wichtig ist, gesundheitlich fit zu sein und sich nicht selbst zu überschätzen.
Wo finden die Wettbewerbe statt?
Ortwein: Der Weltcup besteht aus verschiedenen Stationen, die meistens in Europa stattfinden, wo es verschiedene Wettkämpfe gibt, und das mündet dann meistens in der Weltmeisterschaft. Im nächsten Jahr ist die in Rumänien.
Und da wollen Sie dabei sein?
Ortwein: Die Weltmeisterschaft ist meistens von Montag bis Sonntag, das heißt ich brauche Urlaub. Mein Hauptfokus liegt aktuell auf meiner Assistenzarzt-Weiterbildung. Ich habe meine aktive Karriere eigentlich schon des Öfteren niedergelegt und bin dann doch irgendwie immer wieder gestartet, weil es mich noch mal gepackt hat.
Ambitioniert Sporttreiben in Kombination mit dem Arztberuf – das ist bestimmt nicht einfach.
Ortwein: Jeder Leistungssport ist trainingsintensiv und gerade Schwimmsport sehr, sehr trainingsintensiv. Die besten Beckenschwimmer trainieren zweimal am Tag. Beim Eisschwimmen trainiert man auch jeden Tag, und da muss man natürlich schauen, dass man das irgendwie schafft. Man geht ja auch nicht mal kurz ins Wasser, schwimmt fünf Minuten, geht dann wieder raus. Da geht es wirklich darum, dass man sich einen Jahresplan aufstellt. Das Ganze wird mit einer Periodisierung gemacht. Es geht um Ernährung, die man anpassen muss und so weiter und so fort. Also, da steckt schon viel dahinter.
Gibt es Erfahrungen als Schwimmerin, von denen Sie in Ihrem Beruf profitieren? Oder auch umgekehrt?
Ortwein: Was ich in den Beruf mitnehme, ist so was wie Willensstärke und auch, dass man durchhält, selbst wenn etwas am Anfang nicht so gut klappt. Als ich das erste Mal zum Eisbaden gegangen bin, war ich vielleicht eine halbe Minute drinnen und habe es keine Sekunde länger ausgehalten. Mittlerweile schaffe ich es, über 20 Minuten im Wasser zu sein. In der Klinik muss man neue Dinge lernen, die auch meistens nicht beim ersten Mal klappen. Ich bin auch interventionell radiologisch tätig und jeder hat mal klein angefangen. Es ist einfach nur wichtig, dass man die Motivation hat und auch versucht, mit Rückschlägen umzugehen.
Bei dem sportlichen Hintergrund läge es nahe, auch als Ärztin in die Richtung zu gehen. Was haben Sie vor nach ihrer Facharztweiterbildung zur diagnostischen und interventionellen Radiologin?
Ortwein: Sportdiagnostik ist schon ein Aspekt, der mich auf jeden Fall interessiert. Aber ich habe immer gesagt, dass ich meinen Sport oder meine Freizeit und meinen beruflichen Werdegang trennen möchte.
Wie niedrig ist beim Eisschwimmen eigentlich die Wassertemperatur?
Ortwein: Das Wasser muss unter 5 Grad haben.
Und noch eine letzte Frage: Duschen Sie auch kalt?
Ortwein: Nein, tatsächlich nicht. Wenn die Tropfen einzeln von oben kommen, das finde ich sehr unangenehm. Wenn ich mich dagegen komplett wie in einer Badewanne befinde, dann ist kalte Wasser vollkommen in Ordnung.
Interview: Jutta Rippegather
(1) 50 Freistil 1. Platz Age Group 18–24, 50 Freistil 1. Platz Overall, 100 Freistil 3. Platz Age Group 18–24, 50 Brust 2. Platz Age Group 18–24, 50 Brust 3. Platz Overall, 50 Rücken 1. Platz Age Group 18–24 und Age Group World Record.