Das Warten auf die Lösung des Rätsels, wer die politische Leitung des Bundesgesundheitsministeriums übernimmt, hat ein Ende und niemand soll nun sagen, dass ein eigentlich im Rentenalter befindlicher Bundeskanzler nicht zu überraschenden Lösungen fähig ist, denn – ganz ehrlich – niemand hatte die CDU-Politikerin Nina Warken für dieses Amt auf dem Schirm. Vor ihr liegen große und enorm herausfordernde Aufgaben, die bewältigt werden wollen und vor allem müssen. Ich gratuliere Ministerin Warken zu dem neuen Amt.
Anders als ihre Amtsvorgänger wird sie keine weiteren Wohltaten verkündigen können, sondern wohl oder übel unangenehme Wahrheiten aussprechen und daraus die entsprechenden Konsequenzen ziehen müssen. Das gehört für mich in die Königsklasse der Politik, denn die Bundesregierung ist nicht einzelnen Gruppen oder gar einzelnen Personen verpflichtet, sondern unter Beachtung des Grundgesetzes dem Wohl des gesamten Volkes. Nicht wenige politische Beobachter sagen, dass die Aufgabe als Bundesgesundheitsministerin oder -minister am Ende einer politischen Laufbahn stehen sollte, wenn also das persönliche Risiko deutlich begrenzt ist. Daher zolle ich Ministerin Warken (46 Jahre) Respekt für den Mut, dieses Amt zu übernehmen.
Die Gemeinwohlverpflichtung gilt übrigens auch für die Ärztekammern, die prädestiniert sind, die Politik aufgrund ihrer praktischen Erfahrung zu beraten. Bei dieser Gelegenheit möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen danken, die sich ehrenamtlich in der Landesärztekammer Hessen engagieren, denn genau dieses Zusammenwirken aus hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ehrenamtlich wirkenden Ärztinnen und Ärzten sorgt für fundierte Beratungen und Empfehlungen. Das zeigt sich auch im Zusammenschluss der Landesärztekammern, sprich der Bundesärztekammer, die vor wenigen Tagen das Konzeptpapier „Koordination und Orientierung in der Versorgung“ veröffentlichte, in dem sowohl ein Primärarztsystem als auch der Zugang zur Notfallversorgung beschrieben werden. Auf diesem Papier kann die neue Bundesgesundheitsministerin aufsetzen. Das gilt auch für die neue GOÄ. Der Deutsche Ärztetag 2025 in Leipzig wird hoffentlich entscheiden, der neuen Bundesregierung einen von Ärzteschaft und PKV-Verband gemeinsam getragenen Entwurf für eine neue GOÄ vorzulegen. Damit könnte das seit vielen, vielen Jahren überfällige Novellierungsverfahren angestoßen werden. Es liegt im Wesen eines Kompromisses, dass die Beteiligten nicht alle ihrer ursprünglichen Forderungen durchsetzen können, was manches Mal sogar schmerzhaft sein kann. Ohne Zugeständnisse von beiden Seiten ist zu befürchten, dass die Ärzteschaft bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag auf eine neue GOÄ warten müsste. Auch in manchen CDU-Kreisen wird übrigens eine Einheits- bzw. Bürgerversicherung durchaus wohlwollend diskutiert.
Das Warten auf die bundesweite Einführung, neudeutsch Roll-out, der elektronischen Patientenakte ePA hat hingegen ein Ende. Doch kaum hatte Ex-Gesundheitsminister Lauterbach deren bundesweiten Start verkündigt, zeigte der Chaos Computer Club die nächste Sicherheitslücke auf. Auch wenn diese schnell geschlossen wurde, sind die Aussagen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik „Eine endgültige technische Lösung für die bislang skizzierten Angriffsszenarien ist bereits entwickelt und wird voraussichtlich Anfang 2026 durch die Betreiber der ePA implementiert werden können“, für Versicherte wenig vertrauenserweckend. Das absolut wünschenswerte Projekt ePA wird so fast schon torpediert. Und wer muss die Fragen besorgter oder auch nur interessierter Patientinnen und Patienten beantworten? Sie ahnen bzw. wissen es schon aus leidvoller Erfahrung. Es ist nicht das Bundesgesundheitsministerium, es sind nur selten die Krankenkassen, nein, es sind natürlich vor allem die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen. Dies zeigt nebenbei übrigens, wem Patientinnen und Patienten zu Recht vertrauen.
Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident