Prof. Dr. med. habil. Andreas J. W. Goldschmidt

Ergebnisse aus einem Workshop mit Oberärztinnen und Oberärzten aus Kassel sowie Besuchern eines Krankenhausmanagementkongresses in Wiesbaden

Die heute noch weitestgehend vorhandene, flächendeckende Patientenversorgung lässt sich immer schwieriger aufrecht erhalten. Die entscheidenden Treiber dieser Entwicklung bringt der Präsident der Landesärztekammer Hessen, Dr. med. Edgar Pinkowski, in seinem Editorial vom April 2023 wie folgt treffend auf den Punkt: Es sind „die demografische Entwicklung der Bevölkerung, die parallele Überalterung der Ärzteschaft bei gleichzeitig verringerter Arbeitszeit pro Kopf, abnehmendes Interesse an der selbstständigen Niederlassung, eingeschränkte Mittel für Gesundheitsversorgung, insolvenzgefährdete Krankenhäuser, parallel bestehende Über- und Unterversorgung, unzureichende IT-Systeme inklusive leistungsstarke Breitbandverfügbarkeit und einiges mehr. Schon allein diese Liste zeigt ... die unzweifelhaft notwendige Reform der Krankenhäuser wie auch der Notfallversorgung ...“ [1].

Um sich fundiert über die geplanten Krankenhausreformen zu informieren und Alternativen sowie eigene Vorstellungen für notwendige Veränderungen in der Krankenhausversorgung diskutieren zu können, wurden eine Gruppe von Oberärztinnen und -ärzten am 10. Februar 2023 nach Hofgeismar bei Kassel [2] sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Krankenhausmanagementkongresses am 2. März 2023 in Wiesbaden [3] zur jeweils aktiven Mitwirkung an einem vom Autor geführten Workshop eingeladen. Als Grundlage diente zunächst die von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. med. Karl Lauterbach im Dezember 2022 angestoßene Krankenhausreform.

Aktive Mitwirkung bei den beiden Workshops in Hofgeismar und in Wiesbaden im Februar und März 2023

Was wird an der aktuellen Krankenhausversorgung kritisiert?

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Dr. rer. pol. Gerald Gaß sagte laut FAZ vom 20. Februar 2023, es sei nicht möglich, „in den heutigen Versorgungsstrukturen die notwendigen Gesundheitsleistungen von morgen zu erbringen“ [4]. Reinhard Busse, Gesundheitsökonom aus Berlin, empfahl im gleichen Beitrag: „Man muss nicht sagen, wie viele fallen weg, sondern wie viele brauchen wir?“

In unseren Workshops stellten wir aber die Frage: „Welche Krankenhausversorgung wollen wir?“, und zwar aus Sicht von Ärztinnen und Ärzten einerseits und von administrativen Verantwortungsträgerinnen und -trägern unterschiedlicher Krankenhäuser andererseits. Dabei sollten die Antworten am Ende möglichst auch durch die Sicht der (meist ja noch gesunden) Versicherten der Gesetzlichen Krankenkassen ergänzt werden. Also im Konsens mit fast der gesamten Bevölkerung könnte auch gefragt werden: „Welche Krankenhausversorgung wollen wir – und welche können wir uns leisten?“

Mit den Wunschvorstellungen von Versicherten ist es naturgemäß so eine Sache, denn: „Was die Menschen nicht verstehen: Das Krankenhaus um die Ecke ist nicht automatisch am besten geeignet“, wie Ferdinand Gerlach aus Frankfurt in dem genannten FAZ-Beitrag treffend ergänzte. Er war bis Ende Januar Vorsitzender des Sachverständigenrats (SVR) Gesundheit der Bundesregierung. Fahrzeiten von dreißig Minuten in ein spezialisiertes Krankenhaus seien bei manchem Notfall besser als zehn Minuten in ein nicht spezialisiertes Krankenhaus. Sein Kollege im SVR Gesundheit und Pflege aus Bielefeld, der Gesundheitsökonom Wolfgang Greiner, sieht in einem Interview in der zeitgleich erschienenen Wirtschaftswoche „derzeit eine planlose, kalte Strukturbereinigung“, die vermieden werden sollte. Andererseits hätten wir viele kleine Häuser und zu wenig Spezialisierung in diesen Häusern. Deshalb sei das Ergebnis von Behandlungen auch insgesamt schlechter, als es möglich wäre. [5]

Die für 2024 geplante Krankenhausreform

Streng genommen handelt es sich bei der angedachten Krankenhausreform ab voraussichtlich 2024 um ein grundsätzlich sehr einfaches Modell einer neuen Krankenhausplanung, das wir auf ein Flipchart gezeichnet haben und das in groben Strukturen als Skizze auf ein bis zwei Bierdeckel passt (Abb. 2 und Kasten dazu).

Die Probleme liegen dann eher im Detail – bei der Zuordnung von Krankenhäusern zu Versorgungsstufen („Level“), der Definition von Leistungsgruppen (LG) und der Kalkulation der reformierten DRGs (rDRG). Vor allem aber, welche Regeln davon auf Bundes- und welche auf Landesebene gelten sollen.

Da ist zunächst eine Hierarchie auf drei Ebenen („Level“): Die Maximalversorger auf Level III sind Universitätskliniken oder Großkrankenhäuser mit quasi sämtlichen Fachrichtungen inklusive Intensivmedizin und Notfallversorgung. Sie sollen also primär für die schweren und schwersten Fälle zuständig sein. Mittelgroße Krankenhäuser auf Level II sind Krankenhäuser der Regel- und Schwerpunktversorgung mit einer Mindestzahl bestimmter Fachrichtungen und können daher fachbezogen ebenfalls schwere Fälle z. B. in der Kardiologie behandeln. Kleinere Level I-Krankenhäuser werden in zwei Typen unterteilt. Level In („n“) sind dann Kliniken der Basisversorgung für Chirurgie und Innere Medizin mit einigen Intensivbetten und einer Notaufnahme. Level Ii sind dann keine Krankenhäuser im heutigen Sinne mehr, da gemäß der integrierten Versorgung vor allem die ambulante Behandlung mit Allgemeinmedizin und Pflege im Vordergrund stehen soll. Die bisherige Finanzierung der medizinisch-pflegerischen Leistungen mit den DRG-Fallpauschalen wird abgespeckt und stattdessen werden erstmals die Vorhaltekosten, die man früher meist Basis- oder Fixkosten nannte, zu 40 %, für einige Bereiche wie die Pädiatrie und Geburtshilfe zu 60 % finanziert. Das Budget für die Pflegepersonalkosten soll erhalten bleiben, wobei noch diskutiert wird, ob außer- oder innerhalb der genannten Vorhaltekosten. Beides soll die Grundfinanzierung der Krankenhäuser stabilisieren. Letztlich ergibt sich die laufende Finanzierung dann auf Basis der Level, der DRGs, der Vorhaltekosten und noch neu zu definierender Leistungsgruppen (LG). Die sogenannte duale Finanzierung, also die Verantwortung der Bundesländer für Krankenhausinvestitionen über Fördermittel z. B. für Neubauten, Sanierungen und Großgeräte, soll erhalten bleiben.

Eine gute Krankenhauszukunft gibt es nicht umsonst

Bei den Modellvorschlägen für neue Klinikstrukturen, die derzeit diskutiert werden, lenkt aber leider kaum jemand das Augenmerk darauf, wie viel Geld solche Reformen beispielsweise in Dänemark kosteten. Der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Prof. Josef Hecken, wies darauf hin, dass auf Bund und Länder bei der anstehenden Krankenhausreform hohe Kosten zukommen würden. „Eine Krankenhausreform ohne Strukturveränderungen wäre eine ganz große vertane Chance und eine Bürde für die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung.“ Er rechnet mit einem „sehr langen und sehr teuren Prozess“. „Jeder Abgeordnete wird natürlich versuchen, sein Krankenhaus zu schützen, und jeder Ministerpräsident wird versuchen, in seine Krankenhausstruktur möglichst wenig Unruhe zu bekommen.“ [9]

Justierungen der geplanten Krankenhausreform durch die „Bund-Länder-Gruppe“

Es ist also davon auszugehen, dass einiges davon nicht so umgesetzt wird, wie sich die Ideengeber das vorgestellt haben. Dafür sorgt einerseits die „Bund-Länder-Gruppe“ für die geplante Krankenhausreform und andererseits ist die verallgemeinerte Ausgestaltung einiger Überlegungen noch unausgereift und könnte ggf. sogar gefährlich für die Patientenversorgung in einigen Bundesländern und deren ländlichen Regionen sein. Das zeigte sich nicht zuletzt an der eiligen Nachjustierung durch „Öffnungsklauseln“ für die Planungshoheit der Bundesländer z. B. bei der Einstufung von Krankenhäusern in die „Level“ I (In und Ii), II und III [10].

Die grundsätzlichen Probleme machen vor Hessen nicht halt

Nicht die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angestoßene Neuausrichtung würde zum großen Krankenhaussterben führen, sondern sie könne es verhindern, sagte der hessische Sozialminister Kai Klose (Grüne) zur geplanten Krankenhausreform. Wenn es keine Reform gebe, würde es weniger Krankenhäuser geben. Die Lage sei ernst, aber durch die angestoßenen Reformen könnten am Ende kurze Wege für Notfälle und eine bessere Versorgungsqualität dank Spezialisierungen stehen. Gelingen werde dies aber nur, wenn die Krankenhausplanung in den Händen der Länder bleibe. Die Kliniklandschaft in Hessen sei nun mal eine andere als in Bayern oder in einem Stadtstaat wie Berlin. Es gebe zu wenig Personal. Als Beispiel nannte er die Schließung der Geburtshilfe in den Lahn-Dill-Kliniken, weil sich trotz monatelanger Suche keine Ärztinnen und Ärzte fanden. So manche Struktur passe nicht mehr in die heutige Zeit – etwa die strenge Trennung von ambulanter und stationärer Behandlung. Die Pandemie habe die Löcher in den Kassen noch vergrößert [11]. Aber: Die hessische Landesregierung hat auch über Jahrzehnte an den gesetzlich verankerten Investitionen gespart, auch wenn die Landesregierung ihre Zuschüsse mittlerweile deutlich erhöht hat. Eine Insolvenz wird für immer mehr Krankenhäuser bedrohlich realistischer.

„Was passiert, wenn ein Krankenhaus geschlossen wird?“

Pinkowskis Einschätzung und Fragen dazu [1]: „Im städtischen Ballungsgebiet hat das wahrscheinlich keine allzu großen Auswirkungen. Es gibt genügend andere Krankenhäuser, die das frei werdende Personal gerne übernehmen. Auch die Patientinnen und Patienten verteilen sich mutmaßlich ohne Probleme auf die restlichen Krankenhäuser. Doch sieht das im ländlichen Raum genauso aus? Wohl kaum. Das nächste Krankenhaus ist vermutlich deutlich weiter entfernt, so dass sich die Transportwege verlängern. Das ist nicht bequem, lässt sich aber noch bewältigen, zumal bei Häusern, die sich nicht an der Notfallversorgung beteiligen. Aber wird das Personal so einfach zum nächsten Krankenhaus wechseln? Zweifel sind angebracht, denn erfahrungsgemäß sind insbesondere Pflegekräfte relativ stark ortsgebunden. Die gleichzeitig angestrebte sogenannte Ambulantisierung benötigt in der Konsequenz entsprechende Strukturen, d. h. mehr ambulante Versorgungsangebote vor allem in der Fläche. Die Ballungsräume sind zumindest vorerst noch relativ gut versorgt. Werden sich die vorherigen Krankenhausärztinnen und -ärzte dann einfach im Umfeld des geschlossenen Krankenhauses niederlassen? So einfach wird es vermutlich nicht werden.“

Damit wies er treffend auf die Vielschichtigkeit der angedachten Reform hin. Dass eine Reform nötig ist, bestreitet auch er nicht. Doch die Lösung der Probleme könne nur sinnvoll gelingen, wenn die Konsequenzen bedacht und mit den Betroffenen analysiert würden. Das gelte selbstverständlich auch für die Reform der Notfallversorgung.

BMG-Zeitplan für die geplante Krankenhausreform

Wenn der Zeitplan eingehalten wird, soll das Gesetz für die Krankenhausreform am 1. Januar 2024 in Kraft treten (Tab. 1) [12]. Siehe Kasten „Zeitplan“ aus dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) für die geplante Krankenhausreform lt. Wissenschaftlichem Institut des Bundesverbands Medizintechnologie e. V. (BVMed) vom 27. Jan. 2023 [12]

Ergebnisse: „Welche Krankenhausversorgung wollen wir?“

Nach der Vorstellung der „Grundannahmen für beide Workshops“ (siehe Kasten „Fundamente für die Zukunft“) und der angedachten Reform einer neuen Krankenhausplanung wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der beiden Workshops gebeten, selbst Vorschläge zu machen, unsere Gesundheitsversorgung „neu zu denken“. Also unter dem Motto: „So stellen wir uns die Zukunft der Krankenhausversorgung vor“.

Den Rahmen dafür bildeten vorab Hintergründe und Erfahrungen zu den vergangenen Reformen in den Niederlanden und in Dänemark sowie Definitionen, Grundsatzfragen und Feststellungen z. B. zu den Themen Deutungshoheit für die Relevanz geplanter Maßnahmen, Zentralisierung und Trägervielfalt. Beispiel „Deutungshoheit“ unter der Prämisse „Relevanz kommt vor Signifikanz“. Welche Parameter sind für eine Krankenhausplanung der Zukunft „relevant“? Wer soll darüber entscheiden?

Wer legt die wesentlichen Parameter und die zugehörigen Größenordnungen für die Gesundheitsversorgung z. B. für das fest, was „bedarfsgerecht“ ist? Zum Beispiel für die Fahrzeiten von dreißig Minuten oder von Maximalentfernungen in ein spezialisiertes Krankenhaus im Notfall.

Diese Deutungshoheit ist von größter Wichtigkeit und vergleichbar mit dem Spannungsfeld zwischen Signifikanz und Relevanz als ein allgemeines Problem, mit dem sich die medizinische Forschung vor jeder klinischen Studie neu beschäftigen muss [14].

Für diese Festlegung ist primär die Ärzteschaft mit ihren Fachgesellschaften einzubinden. Wichtig sind auch die Pflege, die Position der Patientinnen und Patienten und der sonstigen, meist ja noch gesunden Versicherten. Und natürlich ist die Expertise und Erfahrung aus der administrativen und unternehmerischen Leitung von Krankenhäusern unabdingbar. Hier sind also erst in nachgeordneter Linie Statistiken gefragt.

Ergänzende Vorschläge der Oberärztinnen und Oberärzte aus Kassel

Es wurde betont, dass vor der Umsetzung einer Krankenhausreform unbedingt eine gründliche Strukturanalyse der vorhandenen Krankenhäuser erfolgen müsse. Zudem sei zu berücksichtigen, dass jetzige große Krankenhäuser noch größer werden müssten, um den Wegfall kleinerer Krankenhauskapazitäten auffangen zu können. Dringend sei eine forcierte Akademisierung der Pflegekräfte auf Bachelor-Niveau zu fordern. Dies würde die Qualität der Pflege und die Zusammenarbeit miteinander weiter verbessern und diese darüber hinaus auch auf neue Managementaufgaben z. B. in künftig ambulant-stationären Level Ii-Häusern vorbereiten können. Dabei müsse insbesondere auch die Organisation der ambulant-­stationären Versorgung alter und betagter Patientinnen und Patienten z. B. in geriatrischen Zentren in Kooperation mit den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie die flächendeckende Versorgung durch Hebammen im Auge behalten werden.

Auf der Kostenträgerebene wurde die vorhandene Vielfalt der gesetzlichen Krankenkassen kritisiert. Es sollte für die Leistungserbringer nur noch einen gemeinsamen Ansprechpartner mit einheitlichen Regelungen zur Leistungserstattung und ein „wirkliches Bonussystem“ für die Versicherten geben. Eine gesetzliche Versicherungspflicht für alle Bürger mit der Möglichkeit einer privaten Zusatzversicherung wurde als wünschenswert betrachtet, so wie diese auch bei der Reform in den Niederlanden eingeführt wurde.

Zur Kontrolle und Transparenz durch die gesetzlich Versicherten sollten die Definition und Anpassung der Erstattungsfähigkeit von Leistungen und der Krankenversicherungsbeiträge sowie der Beitragsbemessungsgrenze genauer belegt und für alle allgemein verständlich nachvollziehbarer gemacht werden.

Auf der übergeordneten Systemebene wurde eine Verschlankung auf Bundesebene gefordert bzw. die Vergrößerung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) bemängelt: Unter dem Vorgänger Jens Spahn gab es noch einen verbeamteten Staatssekretär und zwei parlamentarische Staatssekretär:innen, unter Karl Lauterbach sind es nun zwei verbeamtete Staatssekretär:innen und zwei parlamentarische. Vorher gab es sechs Abteilungen und nun sieben sowie einen konsekutiv notwendigen personellen Zuwachs auf quasi allen Ebenen des BMG. Das BMG solle wieder kleiner und effizienter werden und dadurch vielleicht weniger, dafür aber besser akzeptierte und eher umsetzbare Gesetzesvorhaben vorantreiben.

Es wird die Notwendigkeit bundeseinheitlicher Regelungen bei der Krankenhausplanung für alle Bundesländer gesehen. Als eine solche Regel wurde z. B. über eine Fahrtzeit von einer Stunde bis zum nächsten Maximalversorger und von 30–45 Minuten bis zur Grundversorgung diskutiert. Die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten müsse in der Hoheit der Bundesländer verbleiben, die dafür künftig aber auch ihrer gesetzlichen Pflicht zur Finanzierung von Investitionen, Sanierungen etc. in vollem Umfang nachkommen sollten. Die Trägervielfalt der Krankenhäuser bzw. das Nebeneinander von öffentlichen, privaten und frei-gemeinnützigen Trägern wird abgelehnt. Innerhalb einer Region sollte es jeweils nur ein hauptverantwortliches Krankenhaus geben, das die Steuerung und Koordinierung übernehme. In der Zukunft solle es nicht um Wettbewerb, sondern um ein besseres, integriertes Miteinander aller an der Gesundheitsversorgung Beteiligten gehen. Eventuell erwirtschaftete Gewinne von Krankenhäusern sollten komplett in der betreffenden Gesundheitseinrichtung reinvestiert werden.

Es solle auch über die Krankenhausreform hinaus über die Lehren aus der Pandemie nachgedacht werden, bei der es zu Engpässen bei der Versorgung im Krankenhaus mit einigen Medikalprodukten und Arzneimitteln kam. Neben daher besseren, zentralen Beschaffungsoptionen solle auf Bundesebene auch ein europäisches In-Sourcing der Produktion von Arzneimitteln und Medizinprodukten angestrebt werden.

Reformvorstellungen beim Managementkongresses in Wiesbaden

Dafür stellten wir zunächst zwei unterschiedliche Geschäftsführungspositionen vor und diskutierten anschließend mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Siehe dazu die beiden Kommentare „Zunehmende Verantwortung durch Krankenhäuser der Maximalversorgung“ von Geschäftsführer Clemens Maurer vom Klinikum Darmstadt und „Versorgungssicherheit in ländlichen Regionen durch kleine Standorte im Wandel“ von Geschäftsführerin Prof. Dr. Erika Raab von der Kreisklinik Groß-Gerau.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops auf dem Krankenhausmanagementkongress befürworteten mehrheitlich die Notwendigkeit von Reformen, mehr Zentralisierung der Gesundheitsversorgung, eine gesetzliche Krankenversicherungspflicht für alle mit optionaler privater Zusatzversicherung und den Erhalt der Trägervielfalt, bei der aber innerhalb einer Versorgungsregion nur „einer den Hut aufhaben“ sollte.

Diskussion der Ergebnisse beider Workshops

Einige Aussagen und Vorschläge waren zu erwarten, andere eher überraschend. Aber natürlich sind Ergebnisse solch konzentrierter Workshops mit kleinen Gruppen nicht repräsentativ für die Grundgesamtheit aller an der Gesundheitsversorgung Beteiligten. Aber sie sind – wie Experteninterviews – Ideengeber für umfangreichere Umfragen unterschiedlicher Gruppen (nach Krankenhausgrößen, für verschiedene Regionen und Gesundheitsberufe etc.) und regen daher zum Nachdenken an. Zur Wahrheitsfindung gehören auch eine ehrliche Folgenabschätzung und eine Aufklärung der Versicherten, z. B. über künftig evtl. längere Wartezeiten für eine elektive Operation. Unklar ist auch, wie die de facto Lotsenfunktion der künftigen Ii-Häuser funktionieren wird. Erfahrungen mit der Facharzt-­Instanz (Specialist) im Krankenhaus als Schleuse hinter dem Hausarzt – bzw. hinter dem General practitioner (GP) – als Lotse in ein Krankenhaus in Großbritannien und in den Niederlanden sind da eher ernüchternd.

Fazit

Der gegenwärtige Überfluss ist nicht mehr aufrecht zu erhalten. In beiden Workshops wird die Notwendigkeit einer Krankenhausreform klar bejaht. Die in der täglichen Versorgung aktiven Oberärztinnen und -ärzte setzten dabei erwartungsgemäß einige andere Schwerpunkte als das Krankenhausmanagement. Dennoch gibt es bei genauem Hinsehen viele Gemeinsamkeiten. Auch eine gemeinsame Position der beiden sehr unterschiedlichen Krankenhäuser konnte – trotz einiger gegensätzlichen Interessenlagen – erarbeitet werden (siehe Kasten Zusammenfassung).

Ausblick

Akzeptanz ist sicherlich nicht der einzige, aber doch ein entscheidender Schlüssel zum Gelingen einer Reform. Das zeigte der jahrzehntelange Misserfolg zur Einführung der eGK, bei dem eine hohe Beratungsresistenz im damaligen BGM beobachtet werden konnte, welches lieber auf gefällige Gutachten hörte als auf wohlmeinende Mahner. Ob es vor diesem Hintergrund klug ist, sich bei dem noch viel weitreichenderen Vorhaben gleich mit den beiden größten Bundesländern Bayern und Nordrhein-Westfalen anzulegen, darf daher bezweifelt werden. Am Ende wird es schließlich auch darauf ankommen, dass die zusätzlichen Transformationskosten für die neu geordneten und notwendigerweise veränderten und/oder erweiterten Krankenhäuser sowie für die neuen ambulant-stationären Zentren übernommen werden. Das gleiche gilt selbstverständlich auch für die nun gleichzeitig vorgesehene, neue elektronische Patientenakte (EPA) für alle Versicherten.

Die Literaturhinweise finden Sie am Ende dieser Seite unter „Artikel herunterladen“ in der PDF-Version dieses Artikels.

Prof. Dr. med. habil. Andreas J. W. Goldschmidt, E-Mail: goldschmidt@med.uni-frankfurt.de

Biografisches zum Autor

Univ.-Prof. Dr. med. habil. Andreas J. W. Goldschmidt:

  • Leiter der Präsidiumskommission Ethische Fragen der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS) seit 2019
  • Gastwissenschaftler am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Goethe-Universität Frankfurt/Main seit 2018
  • Bis 2017 C4-Lehrstuhlinhaber für Gesundheitsmanagement im Fb WiSo an der Universität Trier
  • Mitglied des Aufsichtsrats der Klinikum Darmstadt GmbH seit 2013
  • Mitglied des Aufsichtsrats der Universitätskliniken des Saarlandes 2016–2019
  • Mitglied der Klasse „Sozial-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften“ der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste seit 2012
  • Außerordentliches Mitglied der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft seit 2012

Zusammenfassung

  • Eine Reform ist notwendig, da die Krankenhausfinanzierung an der Realität vorbeigeht und auf wachsende Herausforderungen reagiert werden muss.
  • Unterschiede in der Versorgungsstruktur müssen an die Infrastruktur und den Bevölkerungsbedarf angepasst werden (Städte, Ballungsgebiete, ländliche Regionen).
  • Eine Aufteilung der Krankenhäuser in Versorgungsrollen, die auf den Versorgungsbedarf ausgerichtet sind, ist wichtig – beim Vorgehen bzw. den Kriterien für die Einteilung eines Krankenhauses und dessen Leistungsangeboten bestehen jedoch unterschiedliche Auffassungen.

„Passt auf einen Bierdeckel“

Das Modell ist recht unkompliziert, die Ausgestaltung im Detail dafür umso mehr, wie z. B. Zuordnung von Krankenhäusern zu Versorgungsstufen („Level“), die Definition von Leistungsgruppen (LG) und die Kalkulation der reformierten DRGs (rDRG). Vor allem aber, welche Regeln davon auf Bundes- und welche auf Landesebene gelten sollen. Basis beider Workshops war u. a. die Zusammenfassung des Vorschlags der „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ (Regierungskommission) im Deutschen Ärzteblatt [6].

Berücksichtigt wurden auch die wesentlichen Ergebnisse aller diesbezüglichen politischen Diskurse auf Bundes- und Länderebene, die bislang vier Empfehlungen der Regierungskommission zwischen 11. Juli 2022 und 13. Febr. 2023 [7] sowie die Stellungnahmen der Deutschen Krankenhausgesellschaft bis zum jeweiligen Zeitpunkt der Workshops. Wichtig war auch festzuhalten, dass zur gesundheitspolitischen Akzeptanz, für eventuelle Anpassungen und letztlich zur Durchsetzung der Vorschläge der Regierungskommission als verbindliches Bundesgesetz eine eigens dafür eingerichtete „Bund-Länder-Gruppe“ für die geplante Krankenhausreform eine entscheidende Rolle spielt, die am 5. Jan. 2023 zum vierten Mal getagt hatte [8]. Alle Aussagen der Regierungskommission haben daher nur einen empfehlenden Charakter und sind nicht rechtsverbindlich.

Die Fundamente für die Zukunft

Nach Goldschmidt AJW 2020 [13]

Finanzierung: Unser Finanzierungssystem ist äußerst kompliziert sowie bürokratisch und bietet vielerlei Fehlanreize. Zunächst müsste die Finanzierung vereinfacht werden und eine maßvollere Rechnungsprüfung durch den Medizinischen Dienst nach sich ziehen. Finanzielle Fehlverteilungen entstehen auch durch unsere relativ strikte Sektorentrennung in ambulante und stationäre Versorgung. Gelänge es uns, diese beiden Sektoren besser zu verzahnen, könnte sehr viel Geld gespart und gerechter verteilt werden.

Duale Finazierung: Betriebskosten beziehungsweise alle Kosten, die für die Behandlung von Patienten entstehen, werden von den Kassen finanziert. Investitionskosten sollen von den Ländern finanziert werden. Das tun diese aber nur zu einem Bruchteil, weshalb viele Krankenhäuser am Personal sparen, notwendige Sanierungen hinausschieben, Erlöse aus der Patientenbehandlung für Investitionen zweckentfremdet einsetzen oder Kredite aufnehmen, die sie in die roten Zahlen treiben. Hier müssen die Bundesländer im Zuge der Krankenhausreform in die Pflicht genommen werden, um den immensen Investitionsstau zu beheben. Hessen hat sich in den letzten Jahren bereits etwas verbessert.

Krankenhausdichte: Wir haben in Deutschland im Verhältnis zu fast allen anderen OECD-Ländern immer noch deutlich mehr Krankenhäuser und mit gut acht Betten bezogen auf 1.000 Einwohner fast doppelt so viele wie im OECD-Durchschnitt, obwohl diese bereits seit Jahren abgebaut werden. Die wirtschaftlichen Probleme eskalieren vor allem, weil viele, meist kleinere ländliche Krankenhäuser, Leistungsangebote vorhalten, ohne sich die zugehörige kostspielige Hochtechnologie für Diagnose und Therapie eigentlich leisten zu können. Beispielsweise weil ihnen das Personal aufgrund des Fachkräftemangels fehlt oder sie gar nicht genug Patienten behandeln können, um diese so auszulasten, dass Qualität und Einnahmen stimmen. Eine klassische Abwärtsspirale.

Mobilitätskonzepte: Die Wege werden sowohl für Patienten als auch für die Ärzte bei einer neuen Verteilung von Versorgungsschwerpunkten länger – auch weil die Akutversorgung immer zentralisierter wird. Daher brauchen wir eine erweiterte Gesundheitslogistik. Dazu gehört, dass alles in Bewegung ist: Pflegekräfte und Fachärzte hin zu den Patienten. Und Patienten für elektive Behandlungen aus der Peripherie z. B. mit Bussen hin zu den ambulant-stationären Schwerpunkt- oder stationären Maximalversorgern.

Digitalisierung: Für eine Neustrukturierung der Kliniklandschaft ist eine modernisierte, leistungsfähige Gesundheitslogistik verbunden mit Telematik notwendig. Voraussetzung dafür ist die Digitalisierung mit einer funktionierenden, flächendeckenden Telematikinfrastruktur, die eine komplexe gesundheitslogistische Planung und Steuerung effizient ermöglicht.

Von Nachbarn lernen: Die Reformen bei unseren europäischen Nachbarn Niederlande und Dänemark haben ein entscheidendes Merkmal: Der Staat hat eine klare Gesundheitsversorgungsstrategie. Er lässt seine kleinen ländlichen Kliniken nicht einfach wirtschaftlich sterben, sondern investiert sehr umfangreich in große neue zentrale Krankenhäuser, in neue Mobilitätskonzepte mit massiv verstärkten Rettungsdiensten, in die Telematikinfrastruktur sowie in ausgefeilte Personalentwicklungskonzepte für die vorhandenen und neue Fachkräfte.

Kommentar: Zunehmende Verantwortung durch Krankenhäuser der Maximalversorgung

Warum brauchen wir überhaupt eine Krankenhausreform? Der Fachkräftemangel ist eine treibende Kraft, denn nicht nur in Medizin und Pflege, sondern auch in den vielen anderen sehr wichtigen Fachberufen fehlen uns heute schon – und morgen noch mehr – die Mitarbeitenden. Die Rede ist von Fachpersonal wie z. B. für Labor, Apotheke, Herzkatheterlabor, Endoskopie, Radiologie, IT, Medizintechnik, Medizinphysik etc. Das sind vielfach, anders als in der Medizin und der Pflege, nur kleinere Gruppen, aber es ist um so empfindlicher, wenn diese hoch spezialisierten Gesundheitsfachkräfte nicht ausreichend vorhanden sind. Die Finanzierung im Krankenhaus passt schon seit Jahren nicht mehr zur Realität: Weder die nicht ausreichende Investitionsförderung der Länder noch die reine Betriebskostenfinanzierung. Die Wahrscheinlichkeit, dass es mehr Geld für das System Krankenhaus geben wird, ist mehr als fraglich. Beide Gründe erzwingen eine Konzentration der Leistungsangebote im gesamten Gesundheitswesen mit Reduzierung der Krankenhäuser.

Daher begrüße ich aus Sicht eines Maximalversorgers und eines Krankenhauses der höchsten Stufe der Notfallversorgung die Reformvorschläge zur Einstufung von Krankenhäusern in drei Level, ausgerichtet nach den Leistungsgruppen. Das ermöglicht an den Standorten der Level III-Häuser zukünftig das komplette Leistungsangebot 24/7 sicherzustellen, die Qualitätsrichtlinien auch zukünftig weiter einhalten zu können und die med. Leistungsangebote wirtschaftlich zu gestalten.

Aber nicht jedes Krankenhaus muss alles machen. Mit der geplanten dreiteiligen Ausdifferenzierung der Versorgungsrollen der Krankenhäuser erhalten Patientinnen und Patienten eine nachvollziehbare Orientierung, welches Krankenhaus für welchen Versorgungsbedarf zuständig und geeignet ist. Gleichzeitig werden redundante Strukturen verringert, so dass Fachpersonal effizienter eingesetzt werden kann und eine flächendeckende Versorgung bedarfsgerecht steuerbar ist. Die Level III-Krankenhäuser brauchen insbesondere die Häuser in Level I. Einerseits für die Überleitung von Patientinnen und Patienten, die nicht mehr die Ressourcen eines Level III-Hauses benötigen, aber noch pflegerisch betreut werden müssen. Gleichzeitig können die Level I-Häuser sinnvoll für alle ambulanten Behandlungskonzepte eingesetzt werden. Die Auswirkungsanalyse der DKG und auch das sehr transparente System IVENA in Hessen spiegeln schon heute die Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser wider. Nicht wenige Krankenhäuser in Hessen verfügen über max. 100 Betten, und weit über 400 Krankenhäuser in Deutschland wurden in das Level Ii eingestuft. Das zeigt deutlich das in der Reform angedachte Potenzial für eine Konzentration auf. Aber selbstverständlich gibt es Unterschiede zwischen städtischen Gebieten, Ballungsräumen und ländlicher Struktur, die zu beachten sind. Hier sind die Bundesländer gefordert,regionale Konzepte zu entwickeln, ohne dass dafür der Rahmen der Krankenhausreform auf Bundesebene aufgeweicht werden muss. Die Lage der Krankenhäuser jetzt ganz aktuell ist dramatisch, das heißt, es muss schnell gehandelt werden.

Clemens Maurer, Geschäftsführer der Klinikum Darmstadt GmbH; Vorstandsmitglied der Hessischen Krankenhausgesellschaft e. V.; Vorstandsvorsitzender des Klinikverbundes Hessen e. V.; das Klinikum Darmstadt ist Mitglied in der Allianz der kommunalen Großkrankenhäuser (AKG)

Kommentar: Versorgungssicherheit in ländlichen Regionen durch kleine Standorte im Wandel

Von der chronischen Unterfinanzierung im Gesundheitssystem über mangelnde Inflationsausgleiche und Energiekrise bis hin zu Fachkräftemangel und demografischen Herausforderungen auf Personal- und Patientenseite: Die aktuellen Herausforderungen für Krankenhäuser sind ebenso vielseitig wie fordernd. In einer immer dynamischer werdenden Welt schleppen sich Kliniken von Wirtschaftshilfe zu Wirtschaftshilfe – Planungssicherheit? Fehlanzeige.

Insbesondere kleine Krankenhäuser, die ihren Versorgungsschwerpunkt in der Behandlung von Volkskrankheiten haben, stehen vor einem schwierigen Spagat, denn auf der einen Seite nimmt der Versorgungsbedarf in der Bevölkerung zu und auf der anderen Seite erhalten Kliniken für die Befriedigung dieses Bedarfs keine adäquate Refinanzierung. Dies führt in einer immer mehr an Fahrt gewinnenden Abwärtsspirale dazu, dass die ohnehin raren Pflegekräfte noch weniger Zeit für ihre Patienten haben. Es entsteht Frust und Stress, auch auf ärztlicher Seite, der noch durch wachsende Bürokratiepflichten verstärkt wird.

Der Krankenhausreformentwurf des Bundesgesundheitsministers hat diese Probleme erkannt. Zukünftig soll der schwere ökonomische Druck von den Schultern der Kliniken genommen werden, damit der Patient wieder in den Fokus rücken kann. Auch die ländliche Versorgung soll gesichert sein.

Gute Idee, schlechte Umsetzung, denn die im Papier aufgeführte Neuordnung ist nicht nur praxisfern, sie geht auch in der Folgenbetrachtung an den selbst gesteckten Zielen vorbei. Aus Grundversorgersicht ist der Reformentwurf der Regierungskommission daher insbesondere unter folgenden Gesichtspunkten zu kritisieren:

  • Wettbewerb bleibt bestehen: Die DRG-Fallpauschalen bilden weiterhin die Finanzierungsbasis, ein Hinzutreten von Vorhaltepauschalen ist nicht ausreichend, um den wirtschaftlichen Druck aus dem System zu nehmen.
  • Kalter Strukturwandel inbegriffen: Kleine ländliche Krankenhäuser werden je nach Leistungseinteilung zur Umstrukturierung in Pflegeheime mit Hausarztbetreuung und MVZ gezwungen, damit sind Krankenhäuser der „Level I i“ keine Krankenhäuser mehr und werden entsprechend aus der Klinik-Finanzierung entkoppelt und an ambulante Abrechnungen geschlossen. Dass in ländlichen Regionen ein Maximalversorger flächendeckend den klinischen Bedarf der Bevölkerung decken soll, ist Wunschdenken – es verlängern sich die Rettungswege und es entstehen Versorgungslücken.
  • Der Patientenwille wird außer Acht gelassen: Viele Patienten entscheiden sich bewusst für eine wohnortnahe Behandlung in familiärer Atmosphäre.
  • Ärzte und Pflegekräfte werden wie Humankapital behandelt: Ärzte und Pflegekräfte entscheiden sich bei einem Grundversorger für flache Hierarchien, starke Teamgefüge, familiäre Arbeitsatmosphäre und mehr Gestaltungsfreiheit. Die Annahme, man könne kleine Krankenhäuser schließen, um die medizinischen Fachkräfte an große Häuser zu bewegen, ist falsch. Ein solcher Schritt würde vielmehr zu noch mehr Berufsausstiegen führen.
  • Kleinen Krankenhäusern wird Leistungsqualität abgesprochen: Messbarkeiten von Qualität in Krankenhäusern gibt es viele, aber keine einheitlichen. Klar ist, dass komplexe und seltene Eingriffe nur an Häusern mit ausreichend Erfahrung durchgeführt werden sollten. Kleine Häuser verlegen daher solche Fälle an die entsprechenden Experten und nehmen im Gegenzug pflegeaufwendige Normalpatienten auf, demente, multimorbide und alte Patienten. Hier punkten kleine Häuser mit individueller Betreuung und enger Bindung zwischen Patient und Pflegekraft bzw. Arzt.

Prof. Dr. Erika Raab, MBA, Geschäftsführerin der Kreisklinik Groß-Gerau GmbH, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling e. V., Heidelberg

Zeitplan für die geplante Krankenhausreform

Nach ihrem Auftakttreffen am 5. Januar 2023, bei dem sich die Bund-Länder-Gruppe darauf verständigt hat, die geplante Krankenhausreform gemeinsam anzugehen, liegt aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) nun ein konkreter Zeitplan vor. Eckpunkte sollen danach Mitte Juli 2023 stehen und vom BMG anschließend über die sitzungsfreie Zeit zu einem im Bundesrat zustimmungsbedürftigen Gesetzentwurf ausformuliert werden, den das Bundeskabinett im September beschließt. Das parlamentarische Verfahren soll möglichst im Dezember abgeschlossen werden, damit das Gesetz zum 1. Januar 2024 in Kraft treten kann.

Quelle: www.bvmed.de [12]

Link zur Timeline: https://www.bvmed.de/downloads-rostohar/timeline-fuer-die-geplante-krankenhausreform oder Kurzlink: https://tinyurl.com/4zarj7p6