Prof. Dr. med. Ursel Heudorf

„Das Schließen von Kitas ist definitiv medizinisch nicht angemessen (und wäre auch in dem Umfang, wie wir es damals gemacht haben, nach heutigem Wissen nicht nötig) gewesen“, konnte Karl Lauterbach im November 2022 erkennen [1]. In den Medien war daraufhin zu lesen: „Sie wollten einfach nicht hören! Wie unsere Politiker die Fakten ignorierten“ [2].

„Als eine Journalistin fragte, ob er (gemeint ist Lauterbach) seinen Irrtum nicht bedaure, antwortete er kühl: ‚Ich halte nichts von Schuldzuweisungen. Man muss immer den guten Künsten und der Wissenschaft folgen und das was neu ist nutzen, um nach vorn zu gehen.’ Kein Wort des Bedauerns. Kein Wort des Mitgefühls. Kein Versprechen, in Zukunft etwas vorsichtiger zu sein, wenn man ‚den guten Künsten und der Wissenschaft’ folgt, die man gerade für richtig hält’“ [3].

Im Januar 2023 räumte Lauterbach im Spiegel dann ein, dass auch das Schließen von Schulen ein Fehler gewesen sei [4], … allerdings hätten Wissenschaftler dazu geraten. Wenig später erschien ein Interview mit Karl Lauterbach und Christian Drosten im Spiegel. Darin hieß es dann wenig überraschend, die wissenschaftliche Beratung durch Herrn Drosten sei natürlich korrekt gewesen, schuld sei vielmehr der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gewesen, der angekündigt hatte, alle Schulen in Bayern zu schließen, woraufhin alle anderen Länder auch umgekippt seien.

Dem Einwand des Journalisten, dass Kinderärzte bereits im April/Mai 2020 vor den Folgen der Schulschließungen gewarnt hätten und der Frage, ob er das schlicht nicht ernst genug genommen habe, weil er nur Virologen und Epidemiologen gehört worden seien, hält Lauterbach entgegen: „Die Stimmen, die eine Ansteckungsgefahr durch Kinder anerkannt haben und sich trotzdem gegen Schulschließungen ausgesprochen haben, waren nicht laut genug.“ Darüber hinaus bezeichnete er viele Regeln für draußen als „Schwachsinn“ und „Exzesse“ [5].

„Die sich gegen Schulschließungen ausgesprochen haben, waren nicht laut genug“

Jetzt wissen wir, was falsch gelaufen ist: Nicht „die Politik“, nicht die von der Politik berücksichtigten und hofierten Wissenschaftler, im Wesentlichen einige Virologen und Modellierer, sind schuld. Nein, es sind die Fachleute, die Pädiater, die Hygieniker, die Elterninitiativen, die nicht laut genug waren. Diese haben sich zwar bereits früh und immer wieder evidenzbasiert und kritisch zu Wort gemeldet und zahlreiche Stellungnahmen verfasst [z. B. 6–23], aber das wurde von den Medien meist verschwiegen oder diffamiert und von der Politik nicht wahrgenommen, auch nicht von Lauterbachs Vorgänger Jens Spahn (CDU), obwohl ihnen die Stellungnahmen oft auch persönlich überreicht wurden.

Nicht laut genug also. Man war damals (wie heute?) schnell in der – sehr großen und ständig anwachsenden – Gruppe der „Querdenker“, Corona-Leugner etc., was für die Regierenden und die sie beratenden Wissenschaftler Grund genug war, sich nicht mit unangenehmen Fragen und Stellungnahmen befassen zu müssen, die der aktuellen eigenen Sichtweise entgegenliefen. So einfach war (und ist?) das.

Die Wochenzeitung „Zeit“ hat im Januar 2023 Politiker und Wissenschaftler gefragt, wo sie sich in der Pandemie geirrt haben. Einige – zumeist Modellierer – meinten, sie hätten nicht ausreichend kommuniziert und ihre Positionen (z. B. No Covid) nicht gut genug erklärt. Auch habe man sich in den Menschen geirrt und nie gedacht, dass diese so stark auf Modelle und Debatten reagieren. Die politischen Maßnahmen hätten aber immer nur auf Basis des aktuellen Wissensstandes getroffen werden können. Bemerkenswert hingegen die Stellungnahme des damaligen Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen Armin Laschet (CDU), der die im Rückblick überzogene Regelungswut ansprach und fortfuhr: „Wir haben uns davon noch nicht ganz erholt, bis heute sind Reste dieser Coronaregeln, vor allem aber dieses Denkens übrig geblieben. Die Methode, die wir da angewandt haben, halte ich für hochgefährlich: Wenn man auf dem Verordnungswege – nicht über parlamentarisch beschlossene Gesetze – fundamentale Grundrechte außer Kraft setzt, und zwar ohne große öffentliche Beteiligung, geht man keinen guten Weg. Ich habe Sorge, dass künftig auch zu anderen Zwecken und zu jedem beliebigen Thema so agiert wird. Von Klimaaktivisten ist die Forderung ja schon zu hören. Ich würde das heute nicht noch einmal so mitmachen. Das sollte sich nicht etablieren“ [24].

„Halbseidene Pandemie-Nachlesen“ und vor allem Rechthaberei?

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung sieht unter dem Titel „Halbseidene Pandemie-Nachlesen“ am Beispiel einer Cochrane Review zur Frage der Wirksamkeit von Masken im Alltag Rechthaberei, gezielte Desinformation und Anfeindungen auf einem weiteren Höhepunkt [25]. Statt die Review genauer darzustellen und die Ergebnisse zu erklären [26], werden unterschiedliche Meinungen respektive Aussagen gegeneinandergestellt [25]. Die Süddeutsche Zeitung unterstellt im Blick auf die derzeit stattfindende Rückschau, dass die meisten, die sich jetzt äußern, vor allem recht gehabt haben wollen [27].

Mir liegt Rechthaberei fern. Es geht hier nicht um ein Lauterbach-, Drosten- oder sonstiges -bashing, wenngleich manche Äußerungen und Daten ein durchaus bemerkenswertes Wahrheits- und Wissenschaftsverständnis zeigen [28–35]. Aber wir sollten – auf allen Seiten – nüchtern die Fehler der vergangenen drei Jahre betrachten und uns fragen, wie es dazu kommen konnte, und vor allem: was wir für die Zukunft daraus lernen können und müssen. Seit Ende 2022 ziehen Experten aus den verschiedensten Fachrichtungen in Gastbeiträgen in der Berliner Zeitung in der Reihe „Corona Debatte“ ihre Schlussfolgerungen [36]. Einige davon und weitere aus anderen Medien werden nachfolgend auszugsweise vorgestellt.

Mikroskop-Wissenschaft statt breit gefächerter Public-Health-Perspektive

Die Politik ist stets nur der Wissenschaft gefolgt? Nein.

So schreibt der Psychologe Peter Wiedemann: „… die Politik verfolgte ihre eigene Agenda: Es ging ihr um vorsorglichen Alarmismus. Der Trick, um dennoch behaupten zu können, man folge der Wissenschaft, war simpel: Politik reduzierte die Wissenschaft auf diejenigen Wissenschaftler, die ihr für die Mobilmachung gegen das Virus brauchbar erschienen. Pointiert ausgedrückt: Dem Slogan ,Following the Science’ ging zunächst immer die eigene Entscheidung voraus, welche Wissenschaftler die Leitwölfe sein sollten – von einer Ergebnisoffenheit der Politik, die ‚der’ Wissenschaft folgt, konnte also von Beginn an keine Rede sein. (…) Politik orientiert sich somit an einigen Protagonisten einer Mikroskop-Wissenschaft, wo eigentlich eine breit gefächerte Public-Health-Perspektive nötig gewesen wäre“, so Wiedemann weiter, er war bis Ende 2013 am Forschungszentrum Jülich tätig mit den Schwerpunkten Risikokommunikation, Kommunikation und Evidenzbewertung [37]. Er schildert den großen Konformitätsdruck und erinnert an die Abberufung eines Gesundheitsamtsleiters in Bayern, der Kritik an den Corona-Maßnahmen der bayerischen Staatsregierung geübt hatte [37].

Martin Haspelmath, vergleichender Sprachforscher am Max Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig mit Schwerpunkt Wissenschaftsphilosophie und -kritik, sieht ein grundsätzliches Problem darin, dass der wichtige Grundsatz jeglicher Wissenschaft, nämlich die Skepsis angesichts weitreichender Schlussfolgerungen, nicht beachtet wurde. „Dass viele politische Maßnahmen nicht durch gute wissenschaftliche Evidenz gedeckt waren, drang nicht an die Öffentlichkeit durch. Das Netzwerk für evidenzbasierte Medizin hat immer wieder darauf hingewiesen, aber in den Medien kamen vor allem meinungsstarke Persönlichkeiten zu Wort, die die Marschrichtung zu kennen schienen und denen man vertraute.“ Am ehesten hätte „die Allianz der Wissenschaftsorganisationen oder die Leopoldina (die nationale Akademie der Wissenschaften) (...) die Prinzipien der Wissenschaft hochhalten können (und müssen), und auf das mangelhafte Wissen und die schlechten Daten hinweisen müssen“. Aber das Gegenteil sei der Fall gewesen: „... als bereits alle Impfwilligen gut geschützt waren, forderte die Leopoldina ‚klare und konsequente Maßnahmen’ und beklagte sogar die ‚Vielstimmigkeit der Einschätzungen’, statt sie einzufordern“ [38]. Der Wissenschaftsphilosoph Michael Elsfeld schreibt: „Wissenschaft, die sich in der Coronapolitik für die technokratische Steuerung der Bevölkerung missbrauchen lässt, schadet sich und der Gesellschaft.“ Er sieht in der Corona-Politik den „bisherigen Höhepunkt eines neuen Szientismus und Kollektivismus“ und „eine durch Wissenschaft, Politik und Medien geleitete Entmündigung des Menschen“ [39].

Bereits zu Beginn der Pandemie hätten „einige wenige, medienaffine Wissenschaftler eine enorme Sichtbarkeit“ erlangt, schreibt Prof. John Ioannidis, sie seien „öffentlich heroisiert oder dämonisiert“ worden, was zur „Überhitzung der eigentlichen wissenschaftlichen Debatte“ beigetragen hätte. Der in der Wissenschaft notwendige, fair abwägende Diskurs und saubere wissenschaftliche Spielregeln seien auf der Strecke geblieben („das hatte nichts mit sauberen wissenschaftlichen Spielregeln zu tun“). Leider hätten auch Leitmedien oft zu früh und zu einseitig Partei ergriffen, so Ioannidis, renommierter Epidemiologe an der Stanford-University [40].

Prof. Jonas Schmidt-Chanasit, Virologe am Bernhard Nocht-Institut, selbst mit Shitstorms überzogen, erklärt die Herausforderungen für Wissenschaftler im Zusammenspiel mit Journalisten. „Hier prallen sehr unterschiedliche Welten aufeinander, die der Wissenschaft und die des Journalismus. (...) Das sorgt mitunter für Missverständnisse und Frust: Wissenschaft sucht Komplexität, Journalismus will Komplexität reduzieren. Wissenschaft wägt ab, Journalismus spitzt zu. Wissenschaft feiert den Widerspruch, Journalismus inszeniert den Streit. Die Währung der Wissenschaft sind Publikationen komplexer Erkenntnisse, die des Journalismus häufig Auflage und Quote durch möglichst einfache Botschaften. (…) Da liegt es natürlich nahe, einen wissenschaftlichen Streit zu einem ,Virologen-Zoff’ hochzuschreiben oder gar Kriegsrhetorik zu bemühen. Die sozialen Medien wirken noch als Brandbeschleuniger.“ Zum schwierigen Austarieren des Spannungsverhältnisses zwischen wissenschaftlichem Wissen, gesellschaftlichen Interessen und politischem Handeln gebe es wohl kaum eine Alternative. „Und Jens Spahn hatte recht: Wir müssen uns eine Menge verzeihen. Jetzt ist die Zeit dafür“ [41].

Viele Fachleute wurden nicht gefragt, Stellungnahmen von Fachgesellschaften ignoriert

„Viele Wissenschaftler haben es verlernt, ihre Position kritisch zu reflektieren“ titelt der Journalist Jan David Zimmermann seinen Beitrag und stellt fest, dass kritische Experten-Stimmen fast alle emeritierte (pensionierte) Universitätsprofessoren waren, nunmehr weitgehend unabhängig von Universitäten, Pharmafirmen und wissenschaftlichen Graben- und Machtkämpfen. „Corona hat einmal mehr klargemacht, wie willfährig akademische Institutionen sich mit den Vorgaben des Staates, der Politik synchronisieren und wie stark auf Universitäten und Akademien Konformismus und Duckmäusertum vorherrscht. Der oftmals so beschworene offene und kritische Diskurs war vielleicht einmal, ist jedoch nur noch ein Schatten seiner selbst …“ [42]

Viele Fachleute wurden nicht gefragt: Nicht das Institut für Qualität und Wissenschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), eine international anerkannte Institution, die sich mit der Bewertung von medizinischen Maßnahmen beschäftigt; auch nicht Institutionen der Evidenzbasierten Medizin oder das Cochrane Zentrum in Freiburg [43]. Auf die Frage eines Journalisten, warum sich das IQWiG als Koryphäe für Evidenzfragen in der Corona-Pandemie kein Gehör verschafft hat, antwortet der scheidende Institutsleiter Jürgen Windeler: „Tatsächlich haben wir uns betätigt und verschiedentlich geäußert, aber es stimmt, sehr laut zu vernehmen waren wir nicht. Das war meine bewusste Entscheidung. Wir hatten sowohl Herrn Spahn als später auch Herrn Lauterbach angeboten, in der Pandemie Beiträge zu leisten. Eine Antwort haben wir nicht bekommen – die Modellierer wurden als wertvoller erachtet. (…) Und in dieser Gemengelage, wie ich sie im ersten Jahr der Pandemie erlebt habe, habe ich mich solche Äußerungen nicht getraut. (...) Ich habe die Lage als so aufgeladen und für bestimmte Positionen als so unerwünscht empfunden, dass ich gesagt habe, in dieses Fahrwasser will ich das IQWiG nicht bringen“ [44].

Nur wenige Fachgesellschaften haben sich früh und immer wieder zu Wort gemeldet [z. B. 6–11, 45–52]. Sie störten die Politik und die veröffentlichte Meinung. Also sage bitte keiner, man sei „der Wissenschaft“ gefolgt und habe es nicht gewusst. Man wollte nicht wissen und man hat Äußerungen, die nicht passten, ignoriert oder diffamiert und sehr schnell in die Querdenker-Ecke gestellt. Und die Medien spielten mit.

Wo blieb die Fachkompetenz im Schul- und Bildungswesen …

Inzwischen ist es kein Zeichen von sogenanntem Querdenkertum mehr, sondern allgemein akzeptiert, dass die vielen Einschränkungen in Schulen und Kitas nicht sinnvoll waren. Es war jedoch bereits Ende 2020/Frühjahr 2021 klar, dass Kinder zwar an dem Infektionsgeschehen teilnehmen, jedoch nicht die Treiber sind, dass Übertragungen in Schulen eher von Erwachsenen als von Kindern ausgehen und dass Kinder keine besondere Gefahr für Eltern oder Großeltern darstellen [53, 54]. Dennoch wurden immer weitere einschränkende Maßnahmen für Kinder und Schulen beschlossen – und sogar vom Bundesverfassungsgericht betätigt [55]. Das alles konnte Infektionen bei Kindern aber nicht verhindern [56]. Und die Lehrer, die in der ersten Impfverordnung in der gleichen Prioritätsstufe eingestuft waren wie Personen, die in besonders relevanter Position in staatlichen und weiteren Einrichtungen und Unternehmen der kritischen Infrastruktur tätig waren, erstritten sich eine Höherstufung – und konkurrierten somit mit medizinischem und pflegerischem Personal und den Über-70-Jährigen um die zu dieser Zeit noch knappen Impfdosen [57]. Irrationale Ängste hatten offenbar die Oberhand.

Aber es gibt auch nachdenkliche Stimmen aus dem Bildungswesen. Alexander Wittenstein, Pädagoge, Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, langjährig in der Lehrerausbildung und jetzt als Lehrer an einem Gymnasium tätig, fragt: „Wie konnte es passieren, dass Mathematik-Lehrer:innen nicht aufgeschrien haben, als man einzig und allein anhand der täglichen Zahl an positiven PCR-Testergebnissen Inzidenzen, R-Werte usw. berechnet hat, dass Biologie-Lehrkräfte die Behauptungen bzw. Prophezeiungen über die Wirkung der Impfung gegen Covid-19 nicht kritisch hinterfragt haben, (…) dass Deutsch-Lehrkräfte den damit verbundenen verbalen Entgleisungen wie ‚Tyrannei der Ungeimpften’ (Frank-Ulrich Montgomery), der Forderung, dass ‚die ganze Republik mit dem Finger auf sie zeigen (solle)’ (Nikolaus Blome) nicht entschieden widersprochen haben, (…) dass Ethik-Lehrkräfte der öffentlichen Behauptung bestimmter Ethiker:innen (...), dass es ethisch zulässig sei, die sogenannten Ungeimpften zu diskriminieren (Alena Buyx), unwidersprochen hingenommen und keine saubere ethische Analyse für dieses ethische Problem eingefordert haben?“– Und zum Zustandekommen der politischen Entscheidungen Wittenstein weiter: „Kritik am Inhalt und am Zustandekommen dieser politischen Entscheidungen wurde schnell öffentlich als Schwurbelei, Querdenkertum oder gar rechte bzw. rechtsradikale Meinung betitelt. Ich frage mich: Wie konnte es passieren, dass Politik-Lehrkräfte dem nicht widersprochen, nicht auf die Interessengeleitetheit politischer Entscheidungen den ‚Ministerpräsidentenkonferenzen’ unter Umgehung der Parlamente hingewiesen und die konstitutive Bedeutung des Meinungspluralismus für die Demokratie nicht unterstrichen haben? – (…) Wie konnte es passieren, dass Gewerkschaften und Verbände, die sonst immer kritisch gegenüber der Übermacht des Staates waren, auf einmal nicht nur völlig uneingeschränkt die von Bund und Ländern beschlossenen Einschränkungen unterstützten, sondern sogar noch weitere Verschärfungen forderten? Wie können Schulen ihrem gesetzlichen Erziehungs- und Bildungsauftrag und der Aufgabe, kritisches Denken zu fördern, gerecht werden, wenn die Menschen, die dort arbeiten, gerade dieses kritische Denken im Hinblick auf den Umgang mit den staatlich verordneten Anti-Corona-Maßnahmen nicht vorleben (konnten)? (…) Wie kann sich das ändern?“ [58].

… und im Gesundheitswesen?

In Kliniken und Pflegeeinrichtungen war der Arbeitsalltag durch umfassende politische Vorgaben wie Test- und Absonderungspflichten, der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und der Pflicht zum Tragen einer FFP-2-Maske stark beeinträchtigt. Auch für Krankenhäuser wurden Regeln über Regeln erlassen. Die dort zweifelsohne vorhandene Fachkompetenz wurde nicht genutzt und durch politische Vorgaben noch konterkariert: Neben ihren ärztlichen und pflegerischen Aufgaben waren die Mitarbeiter mit Meldungen, Testungen, der Umsetzung von Quarantänisierungen etc. befasst. Die Kompetenz der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) oder die vom Bundesgesundheitsministerium berufene Kommission Krankenhaushygiene wurde seitens der Politik nicht gefragt, ihre Stellungnahmen [inklusive 45–52, 59] blieben ungehört. Ebenso wenig wie die Stimmen aus den Pflegeeinrichtungen, die die bis 2022 hineinreichenden unangemessenen und unmenschlichen „Absonderungsmaßnahmen“ (was für ein Wort!) bei ihren Betreuten beklagten [60, 61], obwohl fast alle Pflegeheimbewohner und die weitaus meisten Mitarbeiter geimpft waren und die Omikron-Variante in den Heimen zwar viele Bewohner infizierte, aber sehr viel weniger schwere Erkrankungen und nahezu keine Todesfälle mehr verursachte [62, 63].

Warum ließ man zumindest nach dem Rückgang schwerer Erkrankungen in der Bevölkerung durch die Omikron-Variante im Jahr 2022 die Einrichtungen vor Ort nicht nach Risikoanalyse selbst entscheiden, welche Mitarbeiter Dienst tun (können/müssen)? – So nämlich, wie sie es in jeder Wintersaison tun.

Bereits im Herbst 2021 war bekannt, dass Geimpfte sich erneut infizieren und das Virus auf andere übertragen können. Dennoch wurde eine einrichtungsbezogene Impfpflicht erlassen, die das legitime Ziel, Übertragungen zu vermeiden, von vornherein nicht erreichen konnte und somit weder geeignet, erforderlich noch angemessen war. Für die Patienten bedeuteten diese Regelungen, dass elektive Eingriffe per Gesetz verschoben und Betten freigehalten wurden, bzw. wegen Personalmangels nicht belegt werden konnten. Besuche waren verboten bzw. massiv eingeschränkt.

Das vergessene Leiden der Alten in der Pandemie – Menschenrechte wurden verletzt

Besonders tragisch war die Situation für alte Menschen. Etwa zwei Drittel der an oder mit SARS-CoV-2 Verstorbenen war älter als 80 Jahre. Dennoch, so beklagt Prof. Markus Gosch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie, „wurde geriatrische Fachkompetenz in keiner Phase der Pandemie in wesentliche Entscheidungen eingebunden. Ähnliches galt für die pflegerische Expertise im Langzeitpflegebereich. Neben anderen durchaus relevanten Fachbereichen wurde die Geriatrie kaum gehört. (...) geriatrische Rehabilitationskliniken und Abteilungen für Akutgeriatrie (wurden) geschlossen oder in Covid-19 Stationen umgewandelt“. Angesichts des Fehlanreizes der Bereitstellungsprämien wurden in vielen Kliniken die Betten um 50 % reduziert. „Bis heute ist die geriatrische Versorgung durch diesen „Kahlschlag“ beeinträchtigt“, so Gosch [64]: „Demokratiepolitisch problematisch ist die fehlende Einbindung der Bevölkerung in die politischen Entscheidungen. Dies trifft insbesondere auf Bewohner von Langzeitpflegeeinrichtungen und deren Angehörige zu. Viele befinden sich in einer palliativen Situation mit einer sehr begrenzten Lebenserwartung. Für einige mag der Schutz des eigenen Lebens oberste Priorität haben, für andere aber eher der Kontakt zur Familie und zu Freunden. Hier gilt es für die Zukunft dringend andere Lösungen als Besuchsverbote oder -beschränkungen zu finden.“

„Vor Corona haben wir im Umgang mit Krankheiten viel stärker das Selbstbestimmungsrecht alter Menschen in den Vordergrund gestellt. Zu dieser Haltung sollten wir zurückkehren“, meint auch Prof. Dr. med. Johannes Pantel, Lehrstuhlinhaber für Altersmedizin an der Frankfurter Universitätsklinik [65]. „(Es) wurde in erster Linie auf komplette Isolation gesetzt, obwohl dies für alte Menschen erhebliche zusätzliche Gesundheitsrisiken mit sich bringt, Menschenrechte und Menschenwürde wurden verletzt.“ Zu Lauterbachs Hinweisen auf Studien, die er „anscheinend nicht einmal richtig gelesen hat, (…) dass die Ausbreitung von Corona zu einer erheblichen Zunahme von Demenzfällen führe, gibt es keine belastbaren Belege. Herr Lauterbach instrumentalisiert hier, wie ich meine, ganz bewusst die Demenzangst in der Bevölkerung. Das finde ich schäbig“, so Pantel. Dem ist nichts hinzuzufügen und kann man nur zustimmen.

Es grenzt an Boshaftigkeit und Perfidie, wenn zahlreiche beschränkende Maßnahmen für die Bevölkerung mit dem Schutz vulnerabler Gruppen begründet wurden, deren medizinische Versorgung und Sozialkontakte und damit Gesundheit und Lebensqualität gleichzeitig massiv eingeschränkt wurde. Altenpflegeheimbewohner beschrieben den durch die Schutz-Maßnahmen erlittenen Freiheitsverlust als schlimmste Periode ihres Lebens. Es wurde über sie entschieden, sie fühlten sich behandelt wie unmündige Kinder, ohne Wert. Besonders schlimm erlebten sie die Perspektivlosigkeit – gerade angesichts der möglicherweise nur noch kurzen vor ihnen stehenden Lebensspanne [61].

„Entwicklungsstränge der letzten Jahrzehnte wurden unterbrochen, zurückgedreht, in ihr Gegenteil verkehrt“

Das gesamte Gesundheitswesen war betroffen. „Zahlreiche Entwicklungsstränge der letzten Jahrzehnte wurden unterbrochen, zurückgedreht, in ihr Gegenteil verkehrt. Stärkung der Patienten-Rechte, Qualität der Versorgung, Patientensicherheit – wo sind diese Themen geblieben?“, fragt Prof. Matthias Schrappe, Internist, Gesundheitsökonom, ehemaliges Mitglied der Sachverständigenkommission im Gesundheitswesen und früherer Leiter des Instituts für Patientensicherheit. Vor der Pandemie waren die Patientenrechte neu formuliert worden und Wort und Wille der Patienten hatten gezählt. Das wurde über Bord geworfen, es gab plötzlich nur noch das paternalistische Prinzip, den Betroffenen wurde die Partizipation verweigert. Man bürdete ihnen überdies (ohne Not, ohne wissenschaftliche Begründung) Maßnahmen und Belastungen auf – Besuchsverbot, alleine Sterben, keine Behandlungstermine – die ohne jegliche Partizipation von oben herab beschlossen wurden, stellt Schrappe fest [66].

Unser modernes Verständnis von Infektionen, das neben dem Erreger immer auch den Wirt und dessen Umgebung berücksichtigt, wurde in einem reduktionistischen Rückfall abgelöst durch, so Schrappe weiter, „ein rein Erreger-fokussiertes Verständnis von Infektionskrankheiten“ aus dem 19. Jahrhundert. Die Verdrängung der evidenzbasierten Medizin, der rein lineare Umgang mit den komplexen Prozessen im Pandemiemanagement, die Steuerung mit mangelhaften Daten, das Fehlen einer guten Impfkampagne, die auf Vertrauensbildung statt auf Druck (der immer Gegendruck erzeugt) setzt, der Verzicht auf eine Risikokommunikation, die ständigen weiteren „Alarmierungen“ (…), all dies führte im Gesundheitswesen, aber auch in der Gesellschaft zu einer „Unterbrechung langfristiger Entwicklungen, die sich in den letzten Jahrzehnten vor Corona ausgeformt haben und die sich in der Gesundheitsversorgung abbildeten: Stärkung der Individualität und Selbstbestimmung, die Bedeutung und Verantwortung sozialer Strukturen (z. B. Teams beim Thema Sicherheit) und der Abschied von einfachen Top-Down-Strukturen in der politischen Steuerung zugunsten partizipativer Strukturen, die auf der Beteiligung der involvierten Partner beruhen. Im Rahmen von Corona wurden diese langsamen mühevoll etablierten Entwicklungen im Gesundheitswesen schwer beschädigt. Ein Wiederanknüpfen an die Entwicklung vor Corona wäre wünschenswert“, bilanziert Schrappe [66].

„Mit dem Grad der Intelligenz verschärfte sich die Bewertung der Covid-Gefahren“

In einem weiteren Beitrag zeigt Schrappe, wie die Politik, aber insbesondere auch die Medien Fragen oder Widerspruch abgetan haben [67]. So meinte die Süddeutsche Zeitung „Intelligenz führt zur Radikalität“ [68]. Dort hatte der Autor Sebastian Herrmann bereits Anfang 2021 geschrieben, die Zitate sprechen für sich: „Gebildet und verblendet – sind gut informierte Wähler eine Gefahr?“, „Schlaue Köpfe erinnern besonders leicht dumme Ideen“, „mit dem Grad der Intelligenz verschärfte sich die Bewertung der Covid-Gefahren“, „Bildung und Information können sogar ein Treiber von Polarisierung sowie Irrglaube sein und desinformierte, politisch apathische Bürger hingegen das Immunsystem einer Demokratie darstellen“[69]. In der FAZ wurden Kritikern der Corona-Maßnahmen „Wucherungen der Rationalität“ unterstellt [70]. Und der Basler Soziologe Oliver Nachtwey [71] stellt in einer nichtrepräsentativen Studie einen hohen Anteil von Akademikern unter Gegnern der Corona-Maßnahmen (34 % mit Studienabschluss) fest, obwohl diese seiner Meinung nach gar nicht in der Lage seien, sich wissenschaftliche Erkenntnisse „systematisch“ anzueignen, „um eine Gegenposition zur Pandemie-Politik der Bundesregierung zu entwickeln“ [67].

Einzig Politiker und Medien sahen den richtigen Weg: Menschen wurden als Querdenker, als Sozialschädlinge, diffamiert, diskriminiert. Dies betraf insbesondere – aber nicht nur – diejenigen, die sich nicht impfen ließen, die „Impfgegner“. Es ist erschreckend und beschämend, auf welche Weise und mit welchem Vokabular über Menschen, die die Corona-Maßnahmen in Frage stellten, geurteilt wurde [72, 73]. Die Ausgrenzung der Ungeimpften (obwohl auch Geimpfte sich infizieren und das Virus übertragen können) und der nicht dem Mainstream Folgenden sowie eine Spaltung der Gesellschaft wurde gefordert – und das in unserer Gesellschaft, die Antidiskriminierung und Inklusion anstrebt. Die Achtung der Menschenwürde (§ 1 Grundgesetz) schien nicht nur aus dem Repertoire von vielen Journalisten, sondern auch von nicht wenigen Politikern jeder Couleur geschwunden zu sein, die doch zur Achtung des Grundgesetzes verpflichtet wären.

Jessica Hamed, Rechtswissenschaftlerin an verschiedenen Universitäten und Rechtsanwältin, sieht aus rechtlicher Sicht, „dass der für den Rechtsstaat fundamentale Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zur Disposition gestellt wurde (Winfried Kretschmann), dass selbst das Bundesverfassungsgericht bisherige verfassungsrechtliche Maßstäbe ignorierte und faktisch der Regierung in Krisenzeiten einen Persilschein für hemmungs- und grenzenlose Krisenpolitik ausstellte“. „Wir müssen darüber sprechen“, so Hamed weiter, „wie es möglich war, wesentliche Teile der Gesellschaft glauben zu machen, es sei solidarisch geboten oder gar ethisch tragbar, eine ganze Bevölkerungsgruppe verächtlich zu machen und aus der Gesellschaft zu drängen. Diese Diskriminierung war staatliches Unrecht. Aus den vielen juristischen Argumenten, die für diese Beurteilung sprechen, greife ich hier nur eines heraus: Nach der Definition des Bundesverfassungsgerichts umfasst das menschenwürdige Existenzminimum ein ,Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben’. Dagegen verstießen 2G-Regelungen frontal und konsequent“ [74].

„Der Staat wühlte im Abgrund des Autoritären“

„Der Staat wühlte während der Pandemie im Abgrund des Autoritären“ war ein Beitrag von René Schlott, Historiker und Publizist, in der Corona-Debatte überschrieben [75]. Die nachhaltige Veränderung des Verhältnisses von Bürger und Staat illustriert er eindrucksvoll an dem Schreiben, das ein Gesundheitsamt an die Familie eines Kindes gerichtet hatte, das Kontakt zu einer positiv getesteten Person hatte. „Als Elternteil einer engen Kontaktperson müssen Sie nicht in Quarantäne. Achten Sie jedoch darauf, dass sich Ihr Kind bestmöglich von Ihnen isoliert. Lüften Sie viel! (…) Bitte beachten Sie alle Regeln, damit Sie niemanden anstecken. Wenn Sie gegen die Regeln der Allgemeinverfügung verstoßen, kann das Bußgeld bis zu 25.000 Euro betragen (§ 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG). (…) Der Berliner Krisendienst unterstützt Menschen in Quarantäne bei psychischen oder sozialen Problemen: 030 39063 111. (…) Mit freundlichen Grüßen. Im Auftrag.“ [zitiert nach 75]: Ein fünfjähriges Kind, das wahrscheinlich in dieser Situation ohnehin verstört ist, aus dem Kindergarten ausgeschlossen, von seinen Freunden getrennt und gerade jetzt besonders viel Zuwendung, Liebe und Verständnis und Nähe bräuchte. Dessen Eltern sollen dafür sorgen, dass es sich „bestmöglich isoliert“– unter Verweis auf bis zu 25.000 Euro Bußgeld bei Nichtbefolgung. In anderen Schreiben wurde sogar eine Inobhutnahme durch das Jugendamt oder einer zwangsweisen Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung für den Fall eines Verstoßes gegen die behördliche Quarantäneanordnung angedroht.

Es beschäftigt Schlott, dass „solche Briefe ja nicht vom Himmel fallen, sondern in einem Verwaltungsablauf erstellt werden, (…) Verwaltungen tun halt ihre Arbeit, setzen auf der untersten Ebene den Willen der Politik um. Aber gerade deshalb sind Ton und Inhalt dieses Schreibens so erschreckend, ja besorgniserregend und werfen Fragen auf: Welche Art Briefe würden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsamtes noch versenden, wenn man sie dazu auffordern würde? Gäbe es eine Grenze, und wo verliefe diese?“ [75]

… und die Gesundheitsämter?

Gesundheitsämter haben in der Pandemie unendlich viel gearbeitet, viele bis weit über die Grenzen ihrer Belastbarkeit hinaus. Es mussten positiv auf SARS-CoV-2 Getestete isoliert, sorgsam als Kontaktpersonen Ia, Ib oder II Eingestufte quarantänisiert werden, umfangreiche Vorschriften (Meldepflichten, Maskenpflichten, Abstandpflichten etc.) überwacht und in engem Abstand erlassene Gesetze und Verordnungen gelesen (was allein schon viel Arbeit war), verstanden (das war oft gar nicht möglich), erklärt (wie kann man nicht Nachvollziehbares und Unsinniges wirklich erklären?) und umgesetzt werden. Sie warfen ihre ganze Kraft in die Pandemiebekämpfung. Und schrieben auch die oben zitierten Briefe.

Auf der Strecke blieben viele andere, ebenfalls gesetzliche Präventionsaufgaben der Gesundheitsämter, ihre Rolle als Anwalt der Kindergesundheit und der benachteiligten Gruppen der Gesellschaft. Fachärzte für Öffentliches Gesundheitswesen kennen den Pandemieplan, kennen auch die Grundregeln des Verwaltungshandelns. Aber der Pandemieplan, in den viele Vorerfahrungen weltweit eingeflossen sind, und den das Robert Koch-Institut noch im März 2020 auf SARS-CoV-2 angepasst hat [76–78] blieb in den Schubladen. Keiner holte ihn heraus, die Gesundheitsämter nicht und auch das RKI selbst nicht. Auch die Grundlagen des Verwaltungshandelns, wonach freiheitseinschränkende Maßnahmen immer eines legitimen Zwecks bedürfen und geeignet, erforderlich und angemessen sein müssen [79], wurden nicht berücksichtigt. Stattdessen wurde von führenden Vertretern des Berufsverbands bis Ende 2021 propagiert, dass jede Infektion verhindert werden müsse und noch im Oktober 2022 eine Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr gefordert [80]. Ein Gesundheitsamt entwickelte noch im Herbst 2022 zur Vorbereitung auf den kommenden Winter ein umfangreiches Szenario mit vier Stufen und einem Personalbedarf von knapp 200 bis 500 Vollzeitstellen für die Pandemiebekämpfung [81].

Zwar wurde intern vor dem Hintergrund der oben genannten fachlichen und verwaltungsrechtlichen Grundlagen von vielen Mitarbeitern im ÖGD die Sinnlosigkeit und Fragwürdigkeit dieser immer weiter ausufernden Aufgaben gesehen und fachlich kritisiert. Auch wurde dies intern den politischen Vorgesetzten immer wieder mitgeteilt und dringlich Änderungen gefordert – leider ohne wirklichen Erfolg. Nach außen durften diese kritischen Betrachtungen nicht dringen, dem standen die Loyalitätspflichten entgegen, und wenn es doch geschah, lief man Gefahr, entlassen oder versetzt zu werden [37]. Auch im Gesundheitsbereich waren es eher die Rentner (wie ich), die sich kritisch zu Wort meldeten, wenn sie überhaupt eine Möglichkeit zur Veröffentlichung erhielten (wie hier im Hessischen Ärzteblatt, dem ich dafür sehr dankbar bin).

Als Fachärztin für Öffentliches Gesundheitswesen, die Jahrzehnte mit Herzblut den Öffentlichen Gesundheitsdienst wie er im Leitbild von 2018 [82] beschrieben ist, wertgeschätzt, gelebt und vertreten hat, schmerzt mich dies sehr. Es macht es nicht besser, wenn auch in vielen anderen Bereichen die Fachlichkeit nicht zum Zuge kam. Aber ich hätte mir gewünscht, dass gerade wir Experten aus dem Öffentlichen Gesundheitsdienst mit unserer fachlichen und juristischen Kompetenz uns während der Pandemie offensiver kritisch zu Wort gemeldet hätten. Einige Wenige taten dies auch. Aber dies war der Politik offensichtlich schon zu laut [37].

Prof. Dr. med. Ursel Heudorf, Ehem. Stellv. Leiterin des Gesundheitsamtes Frankfurt am Main

Die Beiträge in der Rubrik „Ansichten & Einsichten“ geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

§ 1 Grundgesetz Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Ausgrenzende Äußerungen aus Politik und Medien

„Ich hingegen möchte an dieser Stelle ausdrücklich um gesellschaftliche Nachteile für all jene ersuchen, die freiwillig auf eine Impfung verzichten. Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen.“ Nikolaus Blome, Journalist [a]

„Was es jetzt braucht, ist nicht mehr Offenheit, sondern ein scharfer Keil. Einer, der die Gesellschaft spaltet. Richtig und tief eingeschlagen, trennt er den gefährlichen vom gefährdeten Teil der Gesellschaft.“ Christian Vooren, Journalist [b]

„Kein Impfgegner wird wie ein Staatsfeind behandelt. Er darf nur, hoffentlich bald, nicht mehr unter die Leute gehen, weil er ein gefährlicher Sozialschädling ist.“ Rainer Stinner, FDP-Politiker [c]

„Wenn man das Geld nicht bezahlen will, muss man sich halt impfen lassen, oder man muss demnächst leben wie ein Einsiedler, das ist die Wahrheit.“ Josef Laumann, CDU Politiker [d]

„Ungeimpfte Besucher:innen erhalten keinen Zutritt.“ St. Vincenz-Krankenhaus Limburg 7.8.2022 [e]

„Man kann die Nichtgeimpften zwar nicht abführen oder zwangsimpfen, aber wir können sie von allen Möglichkeiten ausschließen und uns so vor ihnen schützen.“ Prof. Dr. Borwin Bandelow, Psychologe, Angstforscher [f]

„Aber wenn sie ungeimpft auch nicht mehr arbeiten können, brauchen sie auch keinen öffentlichen Nahverkehr, um dahin zu kommen. Ja, so hart ist das.“ Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, Weltärztebund [g]

„Nach 21 Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit trennt sich der Philharmonische Chor Liedertafel Neustadt von seinem hochgeschätzten Dirigenten Hans Jochen Braunstein. Der Grund ist die Weigerung des Chorleiters, sich impfen zu lassen.“ Die Rheinpfalz, 14.01.2022 [h]