Ärztinnenbund stellt neues Werk über die Frankfurter Gynäkologin vor

Im Hessischen Ärzteblatt bereits angekündigt, liegt das Buch nun frisch aus der Druckerei und sehr schön gestaltet auf dem Tisch: eine Dokumentation über das Leben und Wirken der Gynäkologin Elisabeth Hermine Winterhalter (1856–1952).

Im Rahmen eines monatlichen Treffens lud Dr. med. Christine Hidas vom Deutschen Ärztinnenbund in das Schirn Café in Frankfurt ein, um „bei einem Glas Wein über das Buch und die spannende Ärztin aus Frankfurt zu sprechen.“ Zu Gast waren auch Autorin Karin Görner und die Herausgeberin des Buches Dagmar Priepke. Der Kontakt konnte auf Initiative von Dr. med. Ingrid Hasselblatt-Diedrich hergestellt werden.

Priepke hat Ausschnitte ihrer Recherchen bereits im HÄBL 01/2022 (S. 28) dargestellt und in Ausgabe 01/2019 befasst sich die Rubrik Parlando mit „Starken Frauen aus Kunst und Medizin“ (S. 22).

Ein selbstbestimmtes Paar

Dr. med. Winterhalter war eine der ersten Frauenärztinnen in Frankfurt. Ihr Medizinstudium absolvierte sie in Zürich, denn in Deutschland war dies Frauen zu dieser Zeit noch nicht erlaubt. Als sich ihr die Möglichkeit bot, eröffnete sie in Frankfurt eine gynäkologische Praxis und ließ sich mit ihrer Lebensgefährtin Ottilie W. Roederstein im nahen Hofheim am Taunus nieder. Auch Roederstein ist keine Unbekannte. Im vergangenen Sommer zeigte das Städel in einer monografischen Ausstellung 75 Gemälde und Zeichnungen der Malerin.

Beide Frauen waren in Frankfurt gut vernetzt und in der Frauenbewegung engagiert. Gerade die Frauen- und Mädchenbildung lag ihnen am Herzen. Ihr ehrenamtlicher Einsatz wurde ausgezeichnet: 1929 verlieh die Stadt Hofheim beiden die Ehrenbürgerschaft.

Karin Görner und Dagmar Priepke interessieren sich nicht erst seit heute für das Leben der Ärztin. 2018 erschien bereits eine Publikation über Roederstein und Winterhalter und deren gemeinsame Frankfurter Zeit. Nun haben beide eine weitere Publikation herausgebracht. Dieses Mal sollte es kein biografischer Text werden. Es handelt sich vielmehr um eine Einordnung von Dokumenten und Materialien von und über Winterhalter.

Während geblättert wird, berichtet die Autorin von der Entstehung des Buches. 2019 habe sie angefangen zu forschen. Sie sei überrascht gewesen, wie schwierig es war, Quellen über eine der führenden Frauen Europas zu finden. In knapp 33 Archiven habe sie angefragt, fündig geworden sei sie in nur sechs oder sieben. Auch in dem umfangreichen vom Städel verwalteten Schrift- und Bildgut der Malerin Roederstein seien die Erkenntnisse zu Winterhalter begrenzt gewesen.

So fand Görner einen großen Teil der Materialien in Privat- und Familienarchiven. Ihr Dank gelte allen, die sie bei der umfangreichen Recherche unterstützt haben, hob die Autorin hervor.

Eine Sache nage aber noch an ihr: Die deutsche Approbation der Gynäkologin sei nicht aufzuspüren. Nachdem Winterhalter in der Schweiz approbierte, durfte sie in Deutschland zwar praktizieren, ihr Abschluss wurde jedoch nicht voll anerkannt. Als dann auch in Deutschland Frauen der Zugang zum Medizinstudium gewährt wurde, holte Winterhalter ihre deutsche Approbation kurzerhand nach. Abgelegt wurde sie den Recherchen Görners zufolge in Heidelberg. Ob und wo sie mittlerweile archiviert ist, sei nicht ausfindig zu machen. „Sollte jemand wissen, wo sich die Urkunde befindet, unbedingt melden“, so die Autorin.

Die Sammlung ist auch optisch ein Hingucker. In Zusammenarbeit mit der Agentur Opak ist ein Buch mit magazinartigem Charakter entstanden: Über vier Lebensabschnitte hinweg folgt man dem Leben der Ärztin anhand der in Zusammenhang gebrachten Zeitdokumente. Teils seitenfüllende Abbildungen laden zum Blättern und genauem Hinsehen ein.

Marissa Leister

Karin Görner, Dagmar Priepke (Hrsg.): Dr. med. Elisabeth H. Winterhalter. Eine Recherche. Dokumente und Materialien, Frankfurt 2022.

Das Buch ist kostenfrei verfügbar. Es kann per Mail an info.frauenreferat@stadt-frankfurt.de bestellt oder nach telefonischer Vereinbarung unter 069 212-35319 (Michaela Sliwa) im Frauenreferat der Stadt Frankfurt am Main, Hasengasse 4, abgeholt werden.