Leserbrief zum Editorial 02/2022, Thema Gesundheitserziehung

Die Einrichtung eines Gesundheitsunterrichts bzw. eines Schulfachs „gesundes Leben“, das, beginnend in der Grundschule, über alle weiteren Stufen Einzug in den Lehrplan findet, ist etwas, von dessen Gestaltung ich seit Jahren träume. Daher allem voran die wichtigste Frage: Gibt es diesbezüglich eine Initiative/Bewegung, der ich mich anschließen kann? Gibt es Ihnen bekannte Akteure, die an einem solchen Vorhaben Interesse hätten? Und wenn ja, wie kann ich mich mit ihnen vernetzen?

Bei meiner täglichen Arbeit stoße ich immer wieder auf große Fragezeichen im Bereich der Vorstellung von einer gesunden Lebensführung: bezüglich einer ausgewogenen Ernährung über ausreichende Bewegung zu erholsamem Schlaf und Regenerationsphasen bis hin zu psychologischen Aspekten der aktiven und sinnstiftenden Lebensgestaltung im Sinn eines respektvollen Miteinanders und eines auf dem individuellen Wertesystem basierenden Zeit- und Prioritätenmangagements mangelt es vielen Mitbürgern jeder Altersklasse sowohl an Faktenwissen aber noch viel mehr an Umsetzungskompetenzen. Oder wie es eine befreundete Zahnärztin ausdrückte: „Es bringt den Leuten einfach niemand bei, wie man sich um sich selbst kümmert!“

Diesen Vorwurf sollten wir in einem hoch entwickelten Land, in dem die Anzahl an chronischen körperlich und psychisch Kranken konstant steigt, mehr als ernst nehmen. Ein wichtiger Schritt wäre die Aufnahme präventionsmedizinischer Inhalte in den Lehrplan staatlicher Schulen. Es ist schließlich im Sinne eines Staates, sicherzustellen, dass seine Bürger wissen, wie man auf die eigene Gesundheit achtet. Dass dies vor allem mit Eigeninitiative zu tun hat, wird mit viel zu wenig Nachdruck vermittelt. Adipositas bspw. gilt gerade im Kindesalter noch viel zu oft als Kavaliersdelikt und Eltern echauffieren sich, wenn der (Kinder-)Arzt auf Übergewicht hinweist. Bewegung findet nicht regelmäßig, sondern nur im Sportunterricht statt, und zu Stressmanagement oder Lernmethodik gibt es wenn überhaupt nur extracurriculäre Angebote. Gleiches gilt für die Vermittlung von Techniken für eine wertschätzende und effektive Kommunikation im Privaten wie auch im Beruflichen.

Es wäre für unsere Gesellschaft absolut wünschenswert, wenn unsere Schulabgänger nicht nur Lesen, Rechnen und Schreiben könnten, sondern auch wüssten, wie man gesund und glücklich miteinander lebt.

Karoline Müller, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Heppenheim, Kontakt via haebl@laekh.de