Mit einer zunehmenden Dynamik werden immer mehr Physician Assistants (PA) ausgebildet und beschäftigt. Nach sechs Semestern des entsprechenden „Studiengangs“ mit einem sehr großen Praxisanteil und einem im Schnitt nur ein Viertel der Zeit messenden Theorie-Anteil des gesamten „Studiums“ sollen PA delegierbare ärztliche Tätigkeiten ausführen. Die Befürworter wollen uns glauben machen, wir Ärzte würden so entlastet und wieder Zeit für die wesentlichen ärztlichen Tätigkeiten haben. Es sollen angeblich wunderbare Zeiten anbrechen – so wird es leider aber nicht kommen.

Mit dem PA schafft sich unser Berufsstand selbst ab und sorgt mittel- und langfristig für eine deutliche Qualitätsminderung und eine Gefährdung unserer Patienten. Im Folgenden möchte ich die Argumente der Befürworter und Profiteure des PA widerlegen.

So wie der PA angelegt ist, ist Substitution gar nicht zu vermeiden. Der Umfang der Tätigkeiten und Befugnisse ist selbst in dem Konzeptpapier „Physician Assistant – Ein neuer Beruf im deutschen Gesundheitswesen“, herausgegeben von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung (Berlin 2017) basierend auf Beschlüssen von Deutschen Ärztetagen nicht klar definiert und umfasst demnach sogar die eigenständige Durchführung von Intubationen und Narkosen. Es ist in dem Papier die Rede davon, dass PA die Durchführung einer Intubation sowie einer Narkose praktisch erlernen und durchführen können sollten. Wozu sollte man PA das beibringen, wenn sie es dann nicht auch selbstständig praktizieren sollen und das ohne, dass ein Arzt die ganze Zeit hinter ihnen steht?

Die Befugnisse werden auch schleichend erweitert werden, in den USA und Niederlanden (NL) dürfen PA bereits Endoskopien durchführen und eigenständig Medikamente verordnen. Bereits heute gibt es Artikel in Zeitschriften für Krankenhausmanager, die vorrechnen, wie viel Arztstellen man durch PA ersetzen könnte (bis zu 40 %!).

Dadurch wird man aber den (Fach-)Ärztemangel mittelfristig verschlimmern, da weniger Weiterbildungsstellen zur Verfügung stehen werden. Und das, obwohl wir gerade auf dem besten Weg aus dem Ärztemangel sind mit immer neuen medizinischen Fakultäten wie z. B. in Augsburg oder deren Dependancen wie in Bayreuth. Auch gibt es immer mehr Medical Schools und immer mehr Deutsche studieren im Ausland Medizin. Es könnten also wieder Zeiten mit arbeitslosen Ärzten anbrechen. Zudem wird die Weiterbildung leiden, da junge Ärzte in Konkurrenz zu PA treten, die schon länger tätig sind. Wer wird wohl häufiger sonographieren? Mittelfristig wird also ein in der Funktion schlecht ausgebildeter FA einen PA supervidieren.

Die mangelnde Qualitätssicherung dieses Berufs ist ein weiteres eminentes Problem. Die mangelnde Regulierung des PA-Studiums wird noch lange so bleiben. Es ist schon komisch: Das Medizinstudium ist hochgradig reguliert und das zum Teil zu Recht im Sinne einer hohen Ausbildungsqualität. Jetzt erlauben wir aber Personen, die in ihrer Ausbildung teilweise nur einen Präsenztag pro Woche in einer FH verbracht haben, das fast eigenständige Versorgen von Patienten.

Eine permanente Supervision des PA ist zum einen nicht zu gewährleisten und zum anderen eine sinnlose Doppelung, die weder entlastet noch Kosten spart. Wir haben den praktischen Arzt de facto abgeschafft und jetzt führen wir ihn als Bachelor wieder ein. Befürworter argumentieren, dass der PA automatisch mit dem Bachelorstatus eine hohe Qualität aufweise. In einer Studie der Dualen Hochschule Baden-Württemberg wurde den eigenen PA-Studenten allerdings ein mangelndes Problembewusstsein attestiert. Zudem gibt es nur wenige qualitativ hochwertige Studien zum Thema „Qualität von PA“. Häufig ging es nur um Patientenzufriedenheit mit kurzen Beobachtungszeiträumen. In einigen Studien zeigte sich aber z. B. eine höhere Opioid-Verschreibung durch PA in den USA sowie eine höhere Rate an unnötiger Antibiotikagabe. Wurden PA nicht supervidiert, gaben sie bei Asthmaanfällen weniger Betamimetika und Glucocorticoide, dafür mehr inadäquate Antibiosen.

Interessanterweise wird durch Befürworter häufig angeführt, dass PA uns erlauben, uns wieder auf unsere ureigensten ärztlichen Tätigkeiten zu konzentrieren. Allerdings soll der PA die Patienten- und Angehörigenkommunikation übernehmen, zudem jegliche Diagnostik. Also sieht der Arzt den Patienten bald nur noch sediert, und irgendwann nicht einmal das, weil die PA das dann auch noch übernehmen werden (siehe Endoskopien in USA/NL).

Man muss auch ehrlich sein: Der PA ist der Einstieg in ein Bachelor-Master-System in der Medizin und das auf FH-Niveau. Schon heute wird durch PA-Verbände offen ein Master gefordert. Auch wollen PA ärztliche Tätigkeiten ausführen. Sie werden nicht lebenslang als „Assistenzarzt-light“ verbringen wollen, vor allem falls PA Bereitschaftsdienste mitmachen müssen. Das heißt sie werden immer mehr Kompetenzen von uns fordern.

Auch für Niedergelassene ist der PA in Kombination mit dem Boom von MVZ-Verbünden eine Bedrohung. Erste Schritte wurden und werden gemacht, z. B. im Rahmen von Modellprojekten wie der KV Schleswig-Holstein zur Abrechnungshöhe von PA-Leistungen. Wer wird wohl in Zukunft diese Leistungen erbringen? Der günstigere PA oder der kostspieligere Arzt? Langfristig wird es dazu führen, dass es weniger niedergelassene Kollegen geben wird.

Die USA mit dem teuersten Gesundheitssystem der Welt mit gleichzeitiger Ineffizienz und seit mehreren Jahren in Folge fallender Lebenserwartung dürfen nicht unser Vorbild sein.

Auch der häufig kolportierte Wunsch der Pflegeverbände nach Einführung des PA stimmt nicht. Es gibt allein mit dem DBfk (Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe) sowie DGF (Deutsche Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste) zwei große Pflegeverbände, die sich in Stellungnahmen äußerst kritisch zum PA geäußert haben. Wenn wir zudem sagen, dass der Beruf als z. B. MFA nur attraktiv bleibt, wenn man ihn Richtung PA verlassen kann, werten wir ihn eigentlich ab. Damit werden wir diesen Berufen mit hohen Ausbildungsstandards nicht gerecht. Außerdem: Sollten wir uns als Ärzteschaft wirklich zugunsten anderer Berufsgruppen selbst Konkurrenz schaffen?

Doch es ist noch nicht zu spät: Ja, die Entwicklung der PA-Zahl ist sehr dynamisch. Aber noch können wir das Ruder herumreißen. Wir müssen aber jetzt handeln! Wenn Sie also in verantwortlicher Position sind: Wehren Sie sich gegen eine PA-Einführung und -Implementierung. Sind Sie normaler Arzt, dann schreiben Sie unseren Standesvertretern und Leserbriefe. Sie müssen keine Romane schreiben. Es reicht, nur deutlich zu machen, dass wir als Ärzte an der Basis kein Interesse an der Abschaffung unseres Berufsstandes durch den PA haben.

Dr. med. Jonathan Stümer, Arzt in Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin am Klinikum Bamberg