Sozioökonomisch schwächste Schweizer häufiger an Covid-19 erkrankt, seltener getestet

Um Ungleichheiten in der Versorgung von Patienten mit Covid-19 während der Pandemie zu beleuchten, wurden Daten des Schweizer Bundesamtes für Gesundheit ausgewertet. Meldedaten zur SARS-CoV-2-Testung sowie zur Hospitalisierung, Intensivstationsaufnahme und zum Tod durch Covid-19 wurden dabei unter Betrachtung des „Swiss-SEP“ analysiert. Dieser „Swiss neighbourhood index of socioeconomic position“ beschreibt Wohngebiete anhand von Faktoren wie Miete, Ausbildung, Beruf und Bevölkerungsdichte. Ein negatives binomiales Regressionsmodell wurde, unter anderem, nach Geschlecht und Alter adjustiert. Über 4 Mio. Tests auf SARS-CoV-2, 26.000 Hospitalisierungen, 2.000 Aufnahmen auf Intensivstationen und 9.000 Todesfälle durch Covid-19 gingen in die Analyse ein.

In Nachbarschaften mit dem höchsten SEP-Wert, also in den sozioökonomisch stärksten, wurden, bezogen auf die Gesamtbevölkerung, mehr Tests durchgeführt als in den Nachbarschaften mit den niedrigsten SEP-Werten. Die Positivrate war jedoch niedriger, und auch die Rate an Hospitalisierungen, Intensivstationsaufnahmen sowie auch an Todesfällen war geringer.

Eine durch das „Inverse Care Law“ postulierte Ungleichheit in der medizinischen Versorgung, bei der diejenigen, welche eine medizinische Maßnahme am stärksten benötigen, diese am wenigsten erhalten, scheint sich anhand dieser Daten zu bestätigen: Der Anteil der Bevölkerung, der am stärksten durch Covid-19 betroffen war, wurde am wenigsten getestet. Diese Ungleichheit solle in der Reaktion auf die Pandemie durch Staaten und Gesundheitssysteme stärker bedacht und ausgeglichen werden.

Originalpublikation:

Riou, J. et al. Socioeconomic position and the Covid-19 care cascade from testing to mortality in Switzerland: a population-based analysis. Lancet Public Health (2021) doi:10.1016/s2468–2667(21)00160–2.

Covid-19 als Risikofaktor für Myokardinfarkt und ischämischen Schlaganfall

Kardiovaskuläre Komplikationen können in Zusammenhang mit Covid-19 auftreten. Wenig ist allerdings dazu bekannt, inwiefern ein Myokardinfarkt oder ischämischer Schlaganfall als Teil von Covid-19 anzusehen ist. In Schweden wurde das genauer betrachtet. Daten von Patienten, die zwischen Februar und September 2020 als Fall von Covid-19, akutem Myokardinfarkt oder ischämischem Schlaganfall registriert worden waren, wurden ausgewertet. Eine zweifache Analyse, sowohl als Fallserie als auch als gematchte Kohortenstudie, sollte eine Verzerrung durch Einflüsse wie etwa soziodemographische Faktoren oder Komorbiditäten ausschließen. Covid-19 konnte konsistent als Risikofaktor sowohl für einen Myokardinfarkt als auch für einen ischämischen Schlaganfall aufgezeigt werden. Die Odds Ratio für einen Myokardinfarkt in den ersten 14 Tagen einer Covid-Erkrankung lag in der gematchten Kohortenanalyse, gegenüber Personen ohne Nachweis von SARS-CoV-2, bei 6,61, und bei dem ischämischen Schlaganfall bei 6,74. In einer zweiten Berechnung wurde der Tag der Diagnose ausgeschlossen, da ein Test Bias einen falschen Zusammenhang durch die Testung bei Krankenhausaufnahme suggerieren könnte. Auch bei Ausschluss von „Tag 0“ waren die Odds Ratios mit 3,41 und 3,63 signifikant erhöht.

Dies deutet darauf hin, dass Myokardinfarkt und ischämischer Schlaganfall Teil der klinischen Manifestation von Covid-19 sein können. Ein weiteres Argument für die Impfung gegen Covid-19.

Originalpublikation: Katsoularis, I., Fonseca-Rodríguez, O., Farrington, P., Lindmark, K. & Connolly, A.-M. F. Risk of acute myocardial infarction and ischaemic stroke following Covid-19 in Sweden: a self-controlled case series and matched cohort study. Lancet (2021) doi:10.1016/s0140–6736 (21)00896–5.

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Heterologe Impfschemata in der Immunogenität nicht unterlegen

Die Kombinierbarkeit verschiedener Impfstoffe gegen Covid-19 könnte dabei helfen, die Impfquoten zu erhöhten. Das betrifft insbesondere Länder mit logistischen Herausforderungen, in denen bisher nur wenige Menschen geimpft wurden. Um herauszufinden, ob die Kombination eines Adenovirusvektors, ChAdOx1 nCoV-19 von Astra-Zeneca, mit einem mRNA-Imfpstoff, BNT162b2 von Pfizer-Biontech, den homologen Impfschemata unterlegen ist, wurde eine verblindete Studie durchgeführt. Hierbei wurden aus 463 Probanden vier verblindete Gruppen gebildet, die alle möglichen Kombinationen dieser Impfstoffe beinhalteten. Die Gabe der zweiten Dosis erfolgte nach 28 Tagen. Beide heterologen Impfschemata, also sowohl die Kombination ChAdOx1/BNT162b2 als auch BNT162b2/ChAdOx1, waren der homologen Impfstoffgabe von ChAdOx1 bei der Höhe der spezifischen und neutralisationskompetenten Antikörper überlegen. Sie waren aber nicht höher als bei der homologen Gabe von BNT162b2. Auch die zelluläre Immunität, gemessen mit einem T-cell ELISpot Assay, war in allen Gruppen mindestens so stark ausgeprägt wie nach der homologen Gabe von ChAdOx1, und somit nicht geringer als bei einem Impfstoffschema mit nachgewiesener Effektivität. Die Ergebnisse sprechen für eine flexible Anwendbarkeit dieser Impfstoffe in einem heterologen Schema. Die heterologe Anwendung weiterer Impfstoffe, die typischerweise in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen eingesetzt werden, müsse noch untersucht werden.

Originalpublikation: Liu, X. et al. Safety and immunogenicity of heterologous versus homologous prime-boost schedules with an adenoviral vectored and mRNA Covid-19 vaccine (Com-COV): a single-blind, randomised, non-inferiority trial. Lancet (2021) doi:10.1016/s0140–6736 (21)01694–9.

Dr. med. Sebastian Hoehl, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin Institut für Medizinische Virologie, Universitätsklinikum Frankfurt