Eine Zusammenfassung aus dem Lancet

Sicherheit und Effektivität der Gabe von Anti-SARS-CoV-2-Antikörper beinhaltendem Plasma

Als Teil der „RECOVERY“-Studie wurden die Sicherheit und Effektivität der Gabe von Anti-SARS-CoV-2-Antikörper beinhaltendem Plasma (Rekonvaleszentenplasma) in der Therapie von Covid-19 untersucht. In dieser großen, randomisierten und kontrollierten „open label“-Studie wurden stationär mit Covid-19 behandelte Probanden 1:1 entweder einer Gruppe mit Standardtherapie oder einer Gruppe mit Standardtherapie plus hochtitrigem Rekonvaleszentenplasma zugeteilt. Als primärer Endpunkt wurde die Mortalität innerhalb von 28 Tagen gewählt. 11558 Patienten wurden eingeschlossen; das sind etwa 8-mal so viele Probanden wie in allen bisher veröffentlichten randomisierten Studien mit dieser Fragestellung zusammen. In beiden Gruppen verstarben jeweils 24% der Probanden während des Beobachtungszeitraums, es konnte also kein Unterschied beobachtet werden. Ebenso gab es auch keinen signifikanten Unterschied bei den Endpunkten Entlassung aus der stationären Behandlung nach 28 Tagen oder Verschlechterung des klinischen Zustandes zur Beatmungspflichtigkeit. Die Autoren der Studie schlussfolgern, dass hochtitriges Rekonvaleszentenplasma bei hospitalisierten Patienten mit Covid-19 das Überleben nicht verbesserte. Ein Nutzen für andere Patientengruppen müsse jedoch in randomisierten Studien noch ermittelt werden.

Originalpublikation: Abani, O. et al. Convalescent plasma in patients admitted to hospital with COVID-19 (RECOVERY): a randomised controlled, open-label, platform trial. Lancet (2021).

doi:10.1016/s0140–6736(21)00897–7.

Seltene Komplikation nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 bei Kindern und Jugendlichen

PIMS / PIMS-TS (Paediatric inflammatory multisystem syndrome temporally associated with SARS-CoV-2) ist eine seltene Komplikation nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 bei Kindern und Jugendlichen. Wenig ist bisher bekannt zu den Langzeitfolgen nach der akuten Erkrankungsphase. 46 Kinder (mittleres Alter: 10,2 Jahre) wurden nach akuter PIMS-Erkrankung von einem multidisziplinären Team des UCL Great Ormond Street Hospitals in London nach 6 Wochen und 6 Monaten nachbeobachtet. Dabei wurden biochemische sowie funktionelle Parameter erhoben. Die Daten wurden retrospektiv ausgewertet. Während die initiale, akute Erkrankung häufig gastrointestinale (98%), neurologische (33%) und echokardiographische (33%) Auffälligkeiten beinhaltete, waren die Endorganschädigungen nach 6 Monaten in den meisten Fällen zurückgebildet. Jedoch fiel häufig muskuläre Fatigue, proximale Myopathie und Dysmetrie sowie emotionale Labilität auf. Es kam zu einer Normalisierung der biochemischen Inflammationsmarker. Die Studienergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit von Rehabilitationsmaßnahmen und einer psychiatrischen Begleitung nach der akuten Phase einer PIMS-Erkrankung und damit einer multidisziplinären Nachbetreuung.

Originalartikel: Penner, J. et al. 6-month multidisciplinary follow-up and outcomes of patients with paediatric inflammatory multisystem syndrome (PIMS-TS) at a UK tertiary paediatric hospital: a retrospective cohort study. Lancet Child & Adole-scent Health (2021).

doi:10.1016/s2352–4642(21)00138–3.

Mortalität bei Patienten auf afrikanischen Intensivstationen mit schwerem Covid-19

In der ACCCOS-Studie (African Covid-19 Critical Care Outcomes Study) wurde untersucht, wie hoch die Mortalität bei Patienten ist, die auf afrikanischen Intensivstationen mit schwerem Covid-19 behandelt wurden. Zudem sollte bestimmt werden, welche Faktoren mit der Mortalität nach 30 Tagen in diesem Umfeld mit häufigem Ressourcenmangel assoziiert sind. 64 Krankenhäuser aus 10 afrikanischen Staaten nahmen an der Studie teil. 3140 Patienten wurden eingeschlossen. Insgesamt verstarben 48% der in die Studie eingeschlossenen Patienten innerhalb von 30 Tagen. Dies ist ein deutlich höherer Wert, als in anderen Regionen der Welt bei der intensivmedizinischen Behandlung von Covid-19-Patienten berichtet wird: In einer globalen Metaanalyse wurde eine durchschnittliche Mortalität von 31,5% ermittelt. Mit der Mortalität assoziiert waren unter anderem eine verzögerte stationäre Aufnahme wegen mangelnder Behandlungsmöglichkeiten (Odds Ratio (OR) 2,14), zunehmendes Alter der Patienten (OR 1,03 pro Lebensjahr) sowie bestimmte Vorerkrankungen, wie HIV/AIDS (OR 1,91), Diabetes (OR 1,25), chronische Leber- (OR 3,48) oder Nierenkrankheit (OR 1,89). Einen starken Zusammenhang gab es mit einem hohen SOFA-Score, der die Organdysfunktion beurteilt (OR 3,66 bei 3 Punkten im SOFA-Score). Bei den intensivmedizinischen Interventionen gab es eine Assoziation mit Notwendigkeit der Atemunterstützung (OR 2.72) und einer Therapie mit Vasopressoren (OR 3,67). Die Therapie mit Corticosteroiden hingegen war mit dem Überleben nach 30 Tagen assoziiert (OR 0.55); keine signifikante Assoziation gab es mit dem Geschlecht. Ein Mangel an Ressourcen in der intensivmedizinischen Behandlung von Patienten mit schwerem Covid-19 in den afrikanischen Krankenhäusern könnte zu der höheren Mortalität beitragen. Strategien zur früheren Erkennung und zur Behandlung von Risikopatienten für einen schweren Krankheitsverlauf in Ländern mit Ressourcenmangel sind notwendig.

Originalpublikation: Biccard, B. M. et al. Patient care and clinical outcomes for patients with COVID-19 infection admitted to African high-care or intensive care units (ACCCOS): a multicentre, prospective, observational cohort study. Lancet 397, 1885–1894 (2021).

Dr. med. Sebastian Hoehl, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin Institut für Medizinische Virologie Universitätsklinikum Frankfurt