Auch die Landesärztekammer Hessen und ihre Mitglieder sind gefragt

Auf dem deutschen Ärztetag 2019 wurde über die Verantwortung der Ärzteschaft debattiert, sich für mehr Klimaschutz und ein klimabewusstes Handeln einzusetzen. Damit war nicht allein gemeint, dass Ärztinnen und Ärzte auf Flugreisen verzichten oder öfter das Auto stehen lassen sollten.

Im Kontext der Forderung stand vielmehr die Schlussfolgerung, dass Klimaschutz auch Gesundheitsschutz ist. Die Pandemie hat diese Zusammenhänge noch einmal besonders verdeutlicht. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es begründete Annahmen, dass Zoonosen (wie beim Coronavirus vermutet) durch den Klimawandel häufiger werden. Auch wird angenommen, dass 15 % der Covid-Todesfälle auf Luftverschmutzung zurückgeführt werden können.

Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit – besonders älterer Menschen – wird mittlerweile wissenschaftlich differenzierter untersucht. Aber auch ohne statistische Erfassung sehen die Kolleginnen und Kollegen in Klinik und Praxis zunehmend mehr Patienten mit Atembeschwerden, Exsikkose und Kreislaufproblemen. Ganz zu schweigen von den Entwicklungen in ärmeren Ländern südlicher Regionen, welche die Gesundheitssysteme vor kaum zu bewältigende Herausforderungen stellen werden.

Dem Handeln der Ärzteschaft wird in Themen des Klimaschutzes eine besondere Vorbildfunktion zugeordnet. Dies zeigt sich nicht nur in der Expertise der klinischen Umweltmedizin, sondern auch als Multiplikator, wenn wir von Patienten oder der Presse um Rat gefragt werden.

Wenn beachtet wird, dass der Gesundheitssektor mit 4,4 % an der globalen Treibhausproduktion beteiligt sein soll, kommt unserem Handeln eine besondere Bedeutung zu.

Daher möchte ich die Kolleginnen und Kollegen ermutigen, sich in ihrem Tätigkeitsfeld nach Möglichkeiten zum Klimaschutz umzuschauen. Wenn Ihr Handeln z. B. dazu führt, dass in einer Klinik Co2-schonende Energieressourcen genutzt werden, haben Sie bereits ein vielfaches Ihrer lebenslangen privaten CO2-Emission eingespart (mit oder ohne Auto und Flugreise).

Mittlerweile gibt es vom Umweltministerium geförderte Projekte, um sich beispielsweise zum Klimamanager für die Klinik weiterbilden zu lassen. Aber auch das Einsparpotenzial für/bei Praxen und MVZ ist enorm. Würde regelmäßig der Energieverbrauch von Servern, Klimaanlagen und Praxisgeräten hinterfragt, könnte viel Geld und Co2 eingespart werden – insbesondere wenn der hierfür genutzte Strom auch CO2-arm produziert wird.

Der Neubau der Landesärztekammer wurde mit der Maßgabe eines möglichst ressourcensparenden Betriebes erstellt. Im Präsidium haben wir zusätzlich beschlossen, den Stromliefervertrag des Bauträgers nun auf Ökostrom umzustellen (ohne wesentliche Kostensteigerung). Hierdurch wird das Klima zukünftig mit ca. 120 Tonnen CO2 jährlich weniger belastet. Doch auch weiterhin sollten wir alle Möglichkeiten zum Klimaschutz in unserem beruflichen und privaten Handeln nutzen – unserer Patienten wegen.

Dr. med. Lars Bodammer, Präsidiumsmitglied der Landesärztekammer Hessen

Klimaschutz und praktische Umsetzung

Im Leitfaden für Klimaschutz des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und des Bundesumweltministeriums wird genannt:

  • Weltweiter Schadstoffausstoß des Gesundheitswesens: 4,4 %
  • Weltweiter Schadstoffausstoß des Flugverkehrs: 3 %

Das Projekt KLIK – Klimamanager für Kliniken (www.klik-krankenhaus.de) listet auf:

  • Energiebedarf der 2.000 Akutkrankenhäuser und Fachkliniken in Deutschland: ca. 18,1 TWh in 2013.
  • Kosten für Energie in 2013: 2,3 Milliarden Euro. Dies entspricht 4.600 Euro pro Bett, dabei ist der Verbrauch der Rehakliniken nicht mitgerechnet.

→ Einsparpotenzial von 600 Millionen Euro pro Jahr bei den Betriebskosten laut BUND Energie (2003).

→ Geschätztes Einsparpotential durch geändertes Nutzerverhalten: 10 %. Hierzu zählen Lüftung, Heizung, Kühlung, Beleuchtung, Wasser und Strom.

Quellen und weiterführende Links: