Interview mit der diesjährigen Preisträgerin der Paracelsus-Medaille Prof. Dr. med. Viola Hach-Wunderle aus Frankfurt

„Der höchste Grund ist die Liebe“ – so wird Paracelsus auf der nach ihm benannten Medaille zitiert. Gemeint ist damit die besondere Motivation, die dem ärztlichen Handeln zugrunde liegt. Ein Satz, der auf die diesjährige Trägerin, Prof. Dr. med. Viola Hach-Wunderle, nicht besser hätte passen können. Mit Herzblut, Leidenschaft und Begeisterung spricht sie über ihre Arbeit. Und dennoch so, als sei es das Normalste auf der Welt.

Nachdem der Deutsche Ärztetag in diesem Jahr pandemiebedingt nur virtuell stattfinden konnte, wurde die feierliche Verleihung der Paracelsus-Medaille an Viola Hach-Wunderle am 15. September im Hauptsitz der Landesärztekammer Hessen in Frankfurt „nachgeholt“ (den Artikel zur feierlichen Veranstaltung finden Sie auf S. 600).

Frau Prof. Hach-Wunderle, Sie sind Expertin für Gefäßerkrankungen. Wie sind Sie zur Angiologie gekommen?

Prof. Dr. med. Viola Hach-Wunderle: Nach dem Studium wollte ich unbedingt an meinem letzten Studienort Heidelberg bleiben. Voraussetzung für eine angebotene Assistentenstelle in der Nephrologie war jedoch die Beherrschung des Gebiets „Hämostaseologie“. Um das zu erlernen, habe ich eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Angiologie und Hämostaseologie der Universitätsklinik Frankfurt gefunden. Dort bin ich auf meine Mentorin, Frau Prof. Inge Scharrer, getroffen, die meinen Werdegang entscheidend geprägt hat. Gleich zu Beginn sagte sie mir, ich solle bei ihr habilitieren. Das kam total überraschend. Kaum angekommen und schon plante sie meine Zukunft bis hin zur Professur. Ich war Frau Scharrers erste Assistentin und fühlte mich von Beginn an sehr wohl in der Abteilung für Angiologie und Hämostaseologie. Ich dachte mir, das ist schon mal gut im Medizinerleben. Da lernst du das schwierige Gebiet der Blutgerinnung von der Pike auf, das kann dir keiner mehr nehmen. Die Nephrologie habe ich schließlich gegen die Angiologie eingetauscht und bin an der Frankfurter Uni geblieben.

Ihr Vater ist selbst Arzt und eng mit der Landesärztekammer verbunden. Wie hat er Sie geprägt?

Hach-Wunderle: Mein Vater hat den Stil meiner Arbeit geprägt, vor allem den respektvollen Umgang mit Patienten/-innen. Er war ebenfalls in der Aus-, Weiter- und Fortbildung der LÄK Hessen tätig. Von ihm habe ich 1992 die Sektion Innere Medizin/Angiologie unserer Landesärztekammer übernommen. Es war ihm wichtig, dass man gut reden kann. Darin hat er mich regelrecht gedrillt. Mein Vater hat in mir auch die Liebe zur Vene geweckt.

Wenn heute ein Patient mit einer Venenkrankheit zu mir in die Praxis kommt, entspanne ich mich erst einmal, denn ich weiß, da kann ich helfen, was immer dahinterstecken mag.

Was bereitet Ihnen außerdem besondere Freude an Ihrer Arbeit?

Hach-Wunderle: Ich liebe die Sonografie. Die Ultraschalldiagnostik ist eine geniale Untersuchungsmethode und sie ist in fast allen Körperregionen einsetzbar. Vor allem die Darstellung der Blutströmung mit Farbkodierung fasziniert mich immer wieder aufs Neue. Das Rauschen des Blutes wird hörbar und aus Befunden entstehen für mich ästhetische Bilder. Ultraschall erinnert mich an meine Hobbys. Ich habe schon immer gerne fotografiert und gemalt. Ultraschall hat ein bisschen was von beidem.

Die Ultraschallkurse gehören zu den ganz großen Kursblöcken in der Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung, die Sie bereits seit 25 Jahren leiten. Was ist Ihnen dabei besonders wichtig?

Hach-Wunderle: In unseren Kursen lehren wir die Ultraschalldiagnostik bei Gefäßkrankheiten. Es macht viel Freude, mit Kollegen/-innen zu interagieren, sie für die Methode zu begeistern und mein Wissen weiterzugeben. Was kann es für mich als Kursleiterin Schöneres geben, als wenn die Teilnehmenden am Kursende sagen, das hat sich gelohnt, ich habe für mich und meine ärztliche Tätigkeit einiges dazugelernt. Und, unsere Kurse werden ja jedes Mal evaluiert. Solange die Bewertungen gut ausfallen, machen wir als Team weiter.

Es ist befriedigend, Patienten zu betreuen. Doch genauso erfüllend ist es, den Kollegen /-innen etwas mitgeben zu können. Hätte ich nicht Medizin studiert, wäre ich jetzt wahrscheinlich Lehrerin.

Gibt es weitere Menschen, die Sie in Ihrer beruflichen Karriere maßgeblich begleitet haben?

Hach-Wunderle: Ja, das ist zum einen mein Kollege Dr. Florian Präve, mit dem ich seit mehr als 20 Jahren in der Praxis zusammen arbeite. Er ist auch regelmäßig bei den Ultraschallkursen dabei. Ohne seine Unterstützung könnte ich meine Arbeit in Praxis und Klinik sowie die Lehr- und Vortragstätigkeit nicht unter einen Hut bekommen. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Und natürlich danke ich auch meinem Mann. Er unterstützt mich in allen Aktivitäten. Er ist derjenige, der sagt, wir machen so lange weiter, Viola, wie uns die Arbeit in der Praxis gut von der Hand geht. Wir sind ein gutes und effektives Team.

Ihre Tätigkeit als Ärztin in Klinik und Praxis und das Engagement für die Landesärztekammer und die Universität umfassen ja lange noch nicht alles in Ihrem beruflichen Wirken.

Hach-Wunderle: Ich bin in verschiedenen Fachgesellschaften aktiv. In der Deutschen Gesellschaft für Angiologie war ich von 1996 bis 2016 als Vorstandsmitglied für die Erstellung von Leitlinien und für die Zertifizierungen von Gefäßzentren verantwortlich. Im Jahr 2000 wurde ich zur Kongresspräsidentin der 29. angiologischen Jahrestagung gewählt und die fand im Palmengarten statt. Seit vielen Jahren organisiere ich den Angiologischen Arbeitskreis Rhein-Main, die ärztliche Fortbildungsreihe „Al dente“ im Krankenhaus Nordwest und Bürgerkongresse. Das jährliche Frankfurter Gerinnungssymposium gestalten Prof. Edelgard Lindhoff-Last, Prof. Rupert Bauersachs und ich gemeinsam.

Wie kam es dazu, dass Sie sowohl als niedergelassene Ärztin als auch am Krankenhaus tätig sind?

Hach-Wunderle: Seit 1999 bin ich in der Praxis und seit 2003 zusätzlich am Krankenhaus Nordwest tätig. Die Anstellung im Krankenhaus verdanke ich eigentlich einem Zufall – nämlich Prof. Zegelman. Ihn kenne ich noch von der Uni Frankfurt her. Er sprach mich seinerzeit darauf an, dass er für die Gefäßmedizin an der Klinik eine Angiologin suche. Ich habe zugesagt und empfinde das immer noch als eine sehr gute Entscheidung. Die Zusammenarbeit mit den klinischen Disziplinen ist inspirierend und fördert meinen medizinischen Weitblick.

Mit der Landesärztekammer sind Sie durch Ihr vielfältiges Engagement seit vielen Jahren verbunden. Gab es – neben fachlichen Belangen – besondere Ereignisse, die Ihnen im Gedächtnis geblieben sind?

Hach-Wunderle: Da gab es einiges. Besonders gut erinnere ich mich an eine Situation, die mit dem ehemaligen Präsidenten, Dr. von Knoblauch zu Hatzbach, in Verbindung steht. Er wohnt auf dem Land. Früher zog er dort zusammen mit seiner Frau Gänse auf. Gänse, die ein gutes Leben hatten – das war ihm sehr wichtig und mir ebenfalls. Das Gänseessen zu Weihnachten spielte in meiner Familie seit „immer“ eine große Rolle. Auch ich wollte einmal dazu einen eigenen Beitrag liefern und habe eine „glückliche“ Gans bei unserem Präsidenten bestellt. Am Morgen der Zubereitung stand ich in aller Herrgottsfrühe auf, wissend, dass die Gans viele Stunden im Ofen brutzeln muss. Als ich sie auspackte, stellte ich fest, dass der Hals noch dran war. Es gelang mir nicht, diesen mit dem Küchenmesser abzutrennen. Also weckte ich meinen Mann, der kurzer Hand ein Beil holte und mit einem Schlag die Aufgabe durchführte. Da er ohnehin kein großer Freund von Gänsebraten ist, verging ihm bei der Aktion vollends der Appetit. Ich hatte wertvolle Zeit verloren, doch das Weihnachtsessen war gerettet. Meine Familie fand, dass die Gans nicht so „durch“ sei wie üblich. Aber, wir sind gewohnt, alles zu essen, was auf den Tisch kommt. Meine Familie verabschiedete sich dann mit den Worten: Danke Viola, aber bleibe doch lieber bei deinen Vorträgen und überlasse uns das Braten der Gans.

Interview: Dr. med. Peter Zürner, Maren Grikscheit

Bedeutende Wegbegleiter

Prof. Dr. med. Inge Scharrer, geboren 1938, schloss 1964 in Frankfurt ihr Medizinstudium ab und war über viele Jahre am dortigen Universitätsklinikum als Professorin für Innere Medizin und Hämostaseologie tätig. 2005 übernahm sie die Leitung der Hämostaseologie in der III. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsklinik Mainz. 2014 trat sie nach 50-jähriger medizinischer Tätigkeit in den Ruhestand.

Prof. Dr. med. Wolfgang Hach, geboren 1930, Internist und Gefäßchirurg, war von 1975 bis 1995 Leiter der William-Harvey-Klinik in Bad Nauheim und lehrte an der Universität Gießen. Er hat sich um die Erforschung der Krankheiten des Venensystems verdient gemacht. 1972 gründete er die Sektion Angiologie an der Akademie für ärztliche Fortbildung und Weiterbildung der Landesärztekammer in Bad Nauheim. Er war Präsident der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie e. V. 1989 wurde er in Anerkennung seiner Verdienste um die ärztliche Fortbildung mit der Ernst-von-Bergmann-Plakette der Bundesärztekammer ausgezeichnet; 1999 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Dr. med. Florian Präve, geboren 1963, wurde nach seiner Ausbildung im Kreiskrankenhaus Bad Soden 1997 Facharzt für Innere Medizin. Seitdem arbeitet er in der Praxis Hach/Hach-Wunderle. Er ist Phlebologe und Ausbildungsleiter in der Ultraschalldiagnostik und seit vielen Jahren Referent bei den Ultraschallkursen und beim Repetitorium Innere Medizin der Akademie der LÄKH.

Dipl.-Math. Alois Wunderle, geboren 1952, hat als Mathematiker mehrere Jahre in der EDV bei Siemens-Nixdorf gearbeitet. Seit 1999 ist er Praxismanager der Frankfurter Praxis.

Vita: Prof. Dr. med. Viola Hach-Wunderle

  • Seit 2003 Sektionsleiterin „Angiologie“ des Gefäßzentrums am Krankenhaus Nordwest
  • Seit 1999 Leitung einer Praxis für Innere Medizin und Gefäßkrankheiten in Frankfurt
  • 1991–1999 Chefärztin der Abteilung „Innere Medizin & Rehabilitation“ der William-Harvey-Klinik Bad Nauheim
  • 1998 Ernennung zur apl.-Professorin der Goethe Universität Frankfurt
  • 1991 Habilitation im Fach Innere Medizin in Frankfurt bei Profes. Scharrer und Breddin zum Thema „Hämostaseologisches Risikoprofil bei venöser Thrombose“
  • 1980–1991 Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Klinik für Innere Medizin der Goethe-Universität Frankfurt
  • 1980 Promotion zum Doktor der Medizin in Heidelberg bei Prof. Doerr zum Thema „Die Lithium-Kardiomyopathie“
  • 1973–1979 Studium der Humanmedizin an den Universitäten Köln, Heidelberg und Freiburg

Auszeichnungen

  • 2021 Paracelsus-Medaille der Deutschen Ärzteschaft
  • 2017 Auszeichnung als „besonders engagierte Referentin“ der Landesärztekammer Hessen
  • 2009 Ernst-von-Bergmann-Medaille der Bundesärztekammer
  • 1996 Dr. Günther-Simon-Fortbildungspreis des Bundes Deutscher Internisten

Lehrtätigkeiten

  • Seit 2009 Ausbildung von Medizinstudierenden im Wahlpflichtfach „Umgang mit Patienten in der internistischen Praxis“
  • Seit 2005 Dozentin beim OSCE (Objective Structured Clinical Evaluation) als Prüfungsverfahren bei Medizinstudierenden
  • Seit 2003 Unterrichtung von Medizinstudierenden im Praktischen Jahr

Ehrenamtliche Tätigkeiten und Mitgliedschaften

  • Seit 2021 Wissenschaftliches Beiratsmitglied der Zeitschrift „VASA“
  • Seit 2016 Mitglied in der Programmkommission der DG Innere Medizin als Vertreterin der DGA für die jährlichen Internistenkongresse in Wiesbaden
  • Seit 2012 Ehrenmitglied der Dt. Gesellschaft für Phlebologie
  • Seit 2011 Leitung des Frankfurter Gerinnungssymposiums auf dem Universitätscampus (gemeinsam mit Prof. Lindhoff-Last und Prof. Bauersachs)
  • Seit 2011 Leitung der ärztlichen Fortbildungsreihe „Al dente“ am Krankenhaus Nordwest sowie Ausrichtung von Patientenforen
  • 2005–2014 Koordinierung der dt. Gefäßzentrumszertifizierung der Dt. Gesellschaft für Angiologie, gemeinsam mit der Dt. Gesellschaft für Gefäßchirurgie und der Dt. Röntgengesellschaft
  • Seit 2002 Expertenmitglied/Organisatorin bei der Erstellung von Leitlinien der AWMF (u.a. Venenthrombose, Thromboseprophylaxe)
  • Seit 2000 Vorstandsmitglied der Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung der Landesärztekammer
  • 1998–2019 Ausrichtung des Bürgerkongresses im Auftrag der Dt. Gefäßliga (2x jährlich)
  • 1996–2016 Vorstandsmitglied der Dt. Gesellschaft für Angiologie (seit 2017 Ehrenmitglied)
  • Seit 1996 Leitung des Angiologischen Arbeitskreises (AAK) Rhein-Main
  • Seit 1995 Seminarleiterin (DEGUM Stufe III) der Ultraschallkurse für periphere sowie für hirnversorgende Gefäße im Auftrag der LÄK Hessen und der DEGUM
  • Seit 1992 Leiterin der Sektion Angiologie und Gutachterin der Kommissionen „Angiologie“ und „Phlebologie“ der Landesärztekammer Hessen