Das Mantra der Klinikschließungen wird in einem vielstimmigen Chor vorgetragen. So forderte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung plakativ: „Schließt endlich Kliniken!“ [1] Aktuell wird diese Diskussion unter dem Aspekt der Corona-Krise weiter befeuert [2, 3] und an Hand von selektiven OECD-Krankenhausverweildauerdaten konstatiert: Was in der Klinik wirklich schiefläuft [4].

Bereits 2016 stellte die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in ihren 8 Thesen zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesen zum Wohle der Patienten und der Gesellschaft fest, dass, hätte Deutschland die Krankenhausstruktur von Dänemark mit einem Krankenhaus pro 250.000 Einwohner, bei uns nur noch 330 Krankenhäuser notwendig wären [5].

Eine ähnliche These vertritt die Bertelsmann Stiftung/IGES: Basierend auf der Simulation einer Neustrukturierung der Krankenhausversorgung am Beispiel einer Versorgungsregion in Nordrhein-Westfalen (NRW). Dabei kommen die Autoren zum Schluss, dass unter den Gesichtspunkten Erreichbarkeit und Qualität mehr als zwei Drittel der Krankenhäuser in dieser Versorgungsregion geschlossen werden könnten [6].

Neben der Verbesserung der Qualität wird auch die Behebung des Pflegenotstandes als ein mögliches Argument für Krankenhausschließungen benutzt [7]. Auf den ersten Blick wäre man geneigt, den Forderungen zuzustimmen. Insbesondere der Hinweis, dass durch Klinikschließungen der Pflegnotstand behoben werden kann, erweckt Hoffnungen. Daher ist es lohnenswert, sich die Argumentation etwas genauer anzusehen.

Das Bertelsmann/IGES- Gutachten argumentiert im Wesentlichen mit Voraussetzungen und daraus abgeleiteten Projektionen. Als Voraussetzung wird angenommen, dass die Gegebenheiten in anderen europäischen Ländern ohne weiteres auch für das hiesige Gesundheitssystem gelten. Bei der Projektion werden die Verhältnisse in NRW in einem induktiven Verfahren auf Gesamt-Deutschland übertragen. Daher stellt sich folgende Frage: Sind die Voraussetzungen und die Projektionen – die man deutlich voneinander unterscheiden sollte – richtig? Denn sollten die Voraussetzungen nicht richtig sein, ist es schwer, die Projektionen, geschweige denn die Konklusion – unter den Gesichtspunkten Erreichbarkeit und Qualität können zwei Drittel der Krankenhäuser geschlossen werden – mit der von anderen [7] vorgetragenen Schlussfolgerung, dass dies den Pflegenotstand behebt, zu akzeptieren.

Voraussetzungen und Ergebnisse des Bertelsmann/IGES-Gutachten

Als Voraussetzungen werden angenommen:

  • Es gibt ein großes Potenzial für die ambulante Behandlung von stationären Krankenhausfällen, hergeleitet aus dem Vergleich mit anderen EU-Staaten und einem Delphi-Verfahren, in dem Ärzten ICD-Codes vorgelegt wurden mit der Vorgabe zu entscheiden, ob eine ambulante Behandlung möglich ist.
  • Die Projektion geht bis 2030, da kurzfristig der ambulante Sektor nicht in der Lage ist, die zusätzlichen ambulanten Fälle (das Gutachten geht von einem nach eigenen Angaben eher moderaten Ansatz von 11 % aus) zu bewältigen.
  • Die aktuelle mittlere Verweildauer wird in der Projektion bis 2030 beibehalten.
  • Krankenhäuser mit weniger als 200 Betten können geschlossen werden.

Für die Ergebnisse werden für den Großraum Köln zwei Strukturmodelle aufgestellt:

  1. Gesichtspunkt Erreichbarkeit: Für eine 30- bzw. 60-minütige Erreichbarkeit können von den bestehenden 45 Standorten bis auf 14 alle anderen geschlossen werden (= Reduktion der Krankenhäuser um 69 %).
  2. Gesichtspunkt Qualität: Bei nicht ausreichender fachärztlicher Versorgung (7 Tage/24 Stunden; überprüft nach den gesetzlich vorgeschriebenen und veröffentlichten Qualitätsberichten der Krankenhäuser) werden von den bestehenden 45 Standorten bis auf 12 alle geschlossen werden (= Reduktion der Krankenhäuser um 73,4 %).

Die Autoren sind der Meinung, dass dann diese Ergebnisse, die bezogen auf ein gemischt städtisch-ländliches Gebiet im Großraum Köln ermittelt wurden, auf ganz Deutschland extrapoliert werden können. Wie müssen wir diese Modelle beurteilen?

Statistik

Wir haben den Ergebnisteil der o. a. Studie, nämlich Krankenhäuser mit weniger als 200 Betten zu schließen, unter dem Gesichtspunkt „Behebung des Pflegenotstandes“ mit den Daten des Statistischen Bundesamtes 2017[8] abgeglichen und folgende Ergebnisse ermittelt:

  • Anzahl der Krankenhäuser insgesamt in Deutschland: n = 1.942 (Stand 2017)
  • Mittlere Verweildauer 7,3 Tage
  • Durchschnittliche Bettenauslastung 77,8 %
  • Anzahl der Krankenhäuser mit weniger als 200 Betten n = 1.040
  • Stationäre Patienten n = 2.992.877 in Krankenhäusern mit weniger als 200 Betten, die von den verbleibenden 902 Krankenhäusern aufgenommen werden müssen.
  • Stationäre Patienten n = 16.448.400 in den 902 Krankenhäusern mit > 200 Betten. Nach Schließung der Krankenhäuser < 200 Betten ergeben sich in den verbleibenden 902 Krankenhäusern n = 19.441.277 Patienten.

Nach der IGES-Studie könnten davon 11 % ambulant behandelt werden, also n = 2.138.540. Nach Abzug dieser ambulant zu behandelnden Patienten verbleiben damit n = 17.302.737 stationäre Patienten in den verbleibenden 902 Krankenhäusern.

Pflegenotstand

Es gibt n = 52.266 Vollkräfte im Pflegedienst der Krankenhäuser mit weniger als 200 Betten, die dann gemäß der Projektion der IGES-Studie nach Schließung den verbleibenden Krankenhäusern zur Verfügung stehen sollen. Diese Projektion ist unrealistisch.

Die Prognosen zu den pflegerischen Berufen bis 2030 gehen, je nach Szenario, von einer Versorgungslücke von 100.000 bis 500.000 unbesetzten Stellen aus [9, 10]. Nach einer im Jahr 2018 durchgeführten Umfrage von Verdi fehlten zu diesem Zeitpunkt bereits 80.000 Pflegekräfte in den Krankenhäusern [11]. Die Bandbreite der Schätzungen muss vor dem Hintergrund gesehen werden, dass lediglich empirisch gesicherte, aber eben nicht validierte Methoden zur Personalbemessung in deutschen Krankenhäusern vorhanden sind [12].

Ungeachtet der publizierten Schätzungen des Bedarfs an Pflegekräften ergibt unser einfacher Abgleich der IGES-Ergebnisse mit den Daten des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2017, dass durch Schließung von Krankenhäusern mit weniger als 200 Betten in einem Zeitraum von zehn Jahren der Pflegenotstand allein von der Zahl der Pflegekräfte nicht behoben werden kann. Im Gegensatz zu Karagiannidis et al. [7] sind wir auch der Meinung, dass mehr Personal zur Reduzierung der Arbeitsbelastung in „systemrelevanten” Krankenhäusern – und hier im „High end”-Bereich Intensivmedizin – definitiv nicht aus den zukünftig zu schließenden „systemirrelevanten” Krankenhäusern zu rekrutieren sein wird. Im Gegenteil, die Abwanderungstendenz von Pflegepersonal geht nachweislich seit Jahren weg von den „systemrelevanten” Maximalversorgern und Universitätskliniken! Erschwerend kommt hinzu, dass Erfahrungen aus dem Wirtschaftsleben belegen, dass alle Firmen Schwierigkeiten haben, Personal an andere Standorte zu versetzen.

Fakt ist: Hauptursache für den Pflegenotstand sind die schlechten Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern. So sehen Krankenhausärzte fachübergreifend die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu 42 % gewährleistet, Chirurgen lediglich zu 35 %. Bei den Pflegekräften in Krankenhäusern sind es abteilungsübergreifend 31 %, in der Chirurgie sogar nur 25 %. [13]. Insbesondere die emotionale Erschöpfung als zentrale Facette des Burn-out-Syndroms ist z. B. bei Assistenz- und Fachärzten stark erhöht und auf einem sehr kritischen Level [14].

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit bleiben im Durchschnitt Pflegende nur siebeneinhalb Jahre im Beruf. Ein knappes Drittel der deutschen Pflegekräfte gilt als Burn-out-gefährdet, so die RN4Cast-Studie. Nur in England sieht es noch finsterer aus (42 %, [15]).

Um die Attraktivität des Pflegeberufes zu erhöhen, hat das RWI folgende Maßnahmen vorgeschlagen wie z. B. eine Reduktion der Teilzeitquote von Pflegekräften, eine Ausweitung der Ausbildungsaktivitäten sowie Weiterbildungsaktivitäten zur Höherqualifikation von Hilfspersonal und eine Verlängerung der Verweildauer von Pflegekräften in ihrem Beruf.

Darüber hinaus

  1. eine höhere Vergütung, die sich über die Knappheit am Arbeitsmarkt einstellen wird,
  2. eine größere Lohnspreizung, um Anreize zur Weiterbildung zu erhöhen und um die mittlere Führungsebene zu stärken,
  3. attraktive Rückkehrangebote nach einer beruflichen Auszeit,
  4. eine altersgerechte Arbeitsorganisation, um ältere Pflegekräfte zu halten und
  5. neue Karrierepfade und Aufgabenfelder, um die berufliche Laufbahn interessanter zu machen [16].

Die Umsetzung dieser notwendigen und sinnvollen Maßnahmen wird Zeit benötigen, die das „System“ u. E. nicht mehr hat. Zur Abhilfe des Pflegenotstandes ausländische Pflegekräfte z. B. aus Serbien und Mexiko ab/anzuwerben, sehen wir sehr kritisch. Eingebettet in ein Programm wie dem „Triple win-Programm bei Kranken- und Altenpflegern“ der Bundesagentur für Arbeit kann das durchaus funktionieren. Hierbei geht es um die systematische Qualifikation und Unterstützung von Pflegenden, die aus Ländern kommen, in denen tendenziell zu viel Pflegepersonal (zu viel jedenfalls im Verhältnis zu angebotenen Stellen) ausgebildet wird. Die Pflegenden bekommen alle mögliche Unterstützung, um nach Deutschland zu kommen und hier Wohnung und Arbeitsstelle zu finden. Die Daten belegen, dass das ganz gut funktioniert.

Hier die richtige Balance zu finden vor dem Hintergrund, dass sich Widerstand in Serbien und Mexiko regt, ihr Pflegepersonal Deutschland zur Verfügung zu stellen, ist nicht einfach. Mittlerweile spricht man auch von „Unethical International Nurse-Staffing Agencies“ [17].

Krankenhausschließungen unter dem Aspekt der Qualitätssteigerung

Wie Karagiannidis et al. [7] erwähnen, haben die skandinavischen Länder gezeigt, wie gut man ein Krankenhaussystem strukturieren kann – mit einem Bruchteil der aktuell in Deutschland vorhandenen Betten und Kliniken und unter gleichzeitiger Steigerung der Qualität, und verweisen dabei auf die OECD-Statistik. Auch das Leopoldina-Papier [5] hebt darauf ab: Vergleicht man die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland mit denen in Schweden oder Dänemark – Länder, in denen der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP und die Bevölkerungsstruktur ähnlich sind –, so wird deutlich: Die Qualität der Versorgung und die Effizienzkennzahlen sind in diesen Ländern in Teilen besser.

Dabei sollte nicht aus dem Blick geraten, „dass ein umfassender internationaler Vergleich der Qualität von Gesundheitssystemen auf Basis ,harter’ Faktoren nicht existiert. Bisher verfügt die Forschung hier nur über ein relativ schmales Set abgesicherter Indikatoren, die einen internationalen Vergleich erlauben. Insofern ist gerade hier Vorsicht geboten, bevor aus Einzelergebnissen wissenschaftliche oder sogar politische Schlussfolgerungen mit Blick auf die Performance oder den Reformbedarf eines Gesundheitssystem gezogen werden“ [18].

Daneben gibt es nach unserer Meinung aber auch eine Fundamentalkritik derjenigen OECD-Daten, die belegen sollen, dass andere Länder eine bessere Relation Pflege/Patient aufweisen. Das RWI fasst dies so zusammen: „Die festgestellte unterschiedliche Ausstattung mit Pflege und Ärzten in Krankenhäusern zwischen den Ländern lässt vermuten, dass Gesundheitssysteme stark variierende Aufgabenspektren für Pflegekräfte und Ärzte haben. Aus den Zahlen lässt sich jedoch nicht ablesen, mit welchen konkreten Aufgaben Pflegekräfte in den einzelnen OECD-Staaten betraut werden, wie das Pflegepersonal ausgebildet ist oder wie der ambulante und stationäre Sektor zusammenarbeiten. Auch geben diese Statistiken keine Antwort darauf, wie die Arbeitsteilung zwischen Ärzten und Pflegern in den verschiedenen Gesundheitssystemen konkret ausgestaltet ist, ob z. B. in anderen Ländern Pflegenden Aufgaben erfüllen, die in Deutschland Ärzte durchführen. Wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung der Gesundheitssysteme lässt sich aus diesen Statistiken nicht ableiten, dass in Deutschland zu wenige Pflegekräfte oder zu viele Ärzte im Krankenhaussektor eingesetzt werden.

Hierzu sind einfache internationale Vergleiche anhand hochaggregierter Statistiken nicht ausreichend. Stattdessen bedürfte es detaillierter Analysen mit Daten auf Krankenhaus- oder Individualebene“ [16].

Schlussfolgerung

Auch wenn andere Autoren „Tödliche Lücken“ im deutschen Gesundheitssystem konstatieren und als gutes Beispiel zur Abhilfe dieser Lücken das amerikanische Gesundheitssystem benennen mit ihren mehr als 200 verbindlich vorgeschriebenen Qualitätsindikatoren [19], steht Deutschland im internationalen Vergleich nach der „Mirror Mirror-Studie“ (siehe Abbildung mit dem overall ranking: Zusammenfassung von Care Process, Access, Administrative Efficiency, Equity, Health Outcomes) mit anderen Industrienationen auf gleicher Höhe, während die USA abgeschlagen auf dem letzten Platz landen. Dieses letztere Ergebnis wird auch durch andere Daten erhärtet [20]. Gleichzeitig macht diese Analyse vor der Pandemie deutlich, wie schwierig es ist, Gesundheitssysteme zu bewerten und international zu vergleichen. So ist die Analyse des Commonwealth Fund, dass das Gesundheitssystem der Vereinigten Staaten schlecht abschneidet, offenbar keine Überraschung, wenn man sieht, wie das Gesundheitssystem in den USA durch diese Pandemie kollabiert (https://tinyurl.com/y53gk7q3). Auf der anderen Seite sagt die Studie, dass das Vereinigte Königreich am besten abschneidet: vor dem Hintergrund der heutigen Berichte aus dem UK mit den höchsten Covid-19-Todesraten in Europa „auf den ersten Blick“ eher ein paradoxer Befund.

In komplexen Systemen wie einem Gesundheitssystem werden Unberechenbarkeiten und paradoxe Phänomene natürlich immer präsent sein [21]. Komplexe Systeme funktionieren nun mal nicht nach linearen Kausalitätsbeziehungen im Sinne von „Wenn-Dann“ [22].

Deshalb sind vermeintlich einfache Lösungen zum Scheitern verurteilt, frei nach dem Motto: „For every complex problem, there is an answer that is clear, simple and wrong“ [23].

So wird, basierend auf dem eingangs erwähnten IGES-Gutachten, für 11 % der stationären Krankenhausbehandlungen ein ambulantes Behandlungspotenzial postuliert. Diese Annahme beruht auf Vergleichszahlen aus EU-Ländern (und wie oben geschildert aus einem Delphi-Prozess, der ohne jeden praktischen Bezug mit Patienten durchgeführt wurde), ohne allerdings die dahinterstehenden Behandlungsstrukturen zu beleuchten.

Auch bei einem Projektionszeitraum von zehn Jahren ist angesichts der Engpässe in der ambulanten Patientenbehandlung bei Fachärzten unklar, wie dabei noch zusätzlich Patienten aus Krankenhäusern ambulant behandelt werden sollen. Analoges gilt für die Behandlung der stationären Behandlung der Patienten der zu schließenden Häuser mit weniger als 200 Betten, welche von den verbleibenden Krankenhäusern übernommen werden müssen. Das Gegenargument, dass „unsere Krankenhäuser ja nach der OECD-Statistik wie eingangs erwähnt zu hohen Kosten mit Patienten überflutet werden, die eigentlich keine Krankenhausbehandlung brauchen [4]“ ist aus unserer Sicht eine geradezu populistische Sicht der Dinge ohne Realitätsbezug.

Auch wenn wir konstatieren, dass das Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals gute Ansätze beinhaltet, wird der Pflegenotstand aus unserer Sicht in den nächsten Jahren damit nicht beseitigt. Dazu ist ein gesellschaftlicher Kulturwandel notwendig, der die Wertschätzung des Pflegepersonals auf Augenhöhe in den Mittelpunkt stellt. Und das ist nicht ausschließlich eine Frage der finanziellen Mittel (wobei die These einer „Kostenexplosion“ im deutschen Gesundheitswesen falsch ist; [18]), sondern auch eine Frage der Rückbesinnung der Ärzte und Klinikleitungen auf ihre eigentlichen Aufgaben. Nur Anstrengungen für eine Neuorganisation der Pflegeberufe, hin zu einem Team aus Ärzten, Pflegenden und externen Fachleuten wird die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern verbessern.

Eine höhere Zufriedenheit der Beschäftigten ist das, was man erreichen muss: Der Lohn winkt in Form eines niedrigeren Krankenstands, höherer Popularität des Berufs, längeren Berufskarrieren und freundlicherem, weniger gehetzten Menschen. Ein Gewinn für Jeden!

Ein solcher Ansatz für den Pflegenotstand könnte leicht in Modellkliniken umgesetzt werden – wenn man nur wollte. Da wir alle mit einem hohen Mass an kognitiver Voreingenommenheit ausgestattet sind, dürfte dieser Lösungsansatz nicht einfach werden [24].

Hier schließt sich nahtlos der Aufruf des British Medical Journals für eine Reformation an: „Medicine has become a daily grind of to-do lists, patient lists, and bed numbers. To reignite our passion for our profession, people must be put back at the heart of everything we do“ [25].

Auch in den Vereinigten Staaten scheint ein Umdenken in Gang zu kommen: „After 2 decades of efforts relying largely on quality measurement and performance-linked payment incentives, we need new ideas and new conversations. As revealed by health care workers’ response to the Covid-19 pandemic, professionalism in health care may be an underused resource. Reframing quality improvement around the linchpin of care delivery — physician agency — could provide much-needed direction by elucidating strategies that address problems of information or motivation when professionals act as agents on their patients’ behalf. These strategies need not rely on measures“ [26].

Krankenhausschließungen, wie vom „Apologeten des Abbaus von Überkapazitäten in der stationären Versorgung“ Busse gefordert (so in einem aktuellen Interview vom Herausgeber des Monitor Versorgungsforschung bezeichnet [27]), gehören unserer Meinung nach nicht zu den geforderten Ideen, insbesondere nicht vor dem Hintergrund einer Assoziation von erhöhter Covid-19-Sterblichkeit in Ländern mit nachgewiesener niedrigster Bettenanzahl [28].

Der Grad der Zufriedenheit mit dem eigenen Gesundheitswesen mit der Einschätzung „gut“ liegt in Deutschland bei 90 % – Dies langfristig zu erhalten und zu verbessern sollte uns allen zutiefst am Herzen liegen.

Korrespondierender Autor: Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Ernst Hanisch, Asklepios Klinik Langen, Mitglied des Aufsichtsrates, Stellv. Leiter des regionalen Studienzentrums CHIRNET an der Asklepios Klink Langen, E-Mail: e.hanisch@asklepios.com

Dr. med. Thomas F. Weigel, M.A. Ltd. Oberarzt, Allgemein- und Viszeralchirurgie, Heilig-Geist-Hospital Bingen

Prof. Dr. rer. nat. Rüdiger Brause, i. R., Institut für Informatik Goethe-Universität Frankfurt 

Prof. Dr. med. Hans-Bernd Hopf, Chefarzt, Klinik für Anästhesie, Periop. Medizin und interdisziplinäre Intensivmedizin, ECLS/ECMO-Zentrum Langen, Asklepios Klinik Langen, Akademisches Lehrkrankenhaus der Goethe-Universität 

Dr. med. Alexander Buia Chefarzt, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie, Asklepios Klinik Langen, Leiter des regionalen Studienzentrums CHIRNET an der Asklepios Klinik Langen, Akademisches Lehrkrankenhaus der Goethe-Universität 

Prof. Dr. phil. Dieter Zapf, Arbeits- und Organisationspsychologie, Goethe-Universität Frankfurt 

PD Dr. med. Dr. med. habil. Thomas Schmandra, Chefarzt, Klinik für Gefäßchirurgie, Gesundheits- und Sozialökonom, Rhön-Klinikum Campus, Bad Neustadt 

Die Literaturhinweise finden Sie in der PDF-Version der aktuellen Ausgabe auf unserer Website unter https://www.laekh.de/heftarchiv/ausgabe/2020/september-2020 Foto: privat