Prof. Dr. med. Geert Mayer

Einleitung

Laut DAK Gesundheitsbericht Hessen von 2010 gaben ca. 23,5 % der Befragten an, in den vergangenen drei Monaten häufig und 26,5% manchmal unter Schlafstörungen zu leiden [1]. Mit 12,5 % waren neurologische Erkrankungen der häufigste Hintergrund für die Schlafstörungen. 9 % spürten häufig den Drang am Arbeitsplatz einzuschlafen. Bei 25 % der Versicherten in Hessen wurde eine Insomnie diagnostiziert.

Schlafstörungen treten in der Hausarzt- und Facharztpraxis häufig auf. Sie sollten gezielt in der allgemeinen Anamnese erfragt werden, da ihre Behandlung zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen und zu einer verbesserten Prognose der Grunderkrankung führt. Die Anamnese kann erweitert werden durch spezifische Fragebögen.

Schlafstörungen (Insomnien, Hypersomnien, Parasomnien) treten bei vielen neurologischen Erkrankungen als Einzelsymptom oder in Kombination auf.

Schlafphysiologie

Schlafen und Wachen sind das Resultat eines Zusammenspiels mehrerer Hirnstammkerne und neuronaler Netzwerke mit den Basalganglien und dem Frontalhirn. Eine Vielzahl an Neurotransmittern, molekularen und genetischen Faktoren, die Einflüsse von Umwelt und des psychologischen und physischen Zustands haben einen Einfluss auf den Schlaf-Wach-Rhythmus. Diese komplexe Interaktion produziert in Abhängigkeit von zirkadianen Faktoren und elektrischer Hirnaktivität unterschiedliche Stadien (Wach, NREM-, REM Schlaf).

Symptome

Hypersomnie

Hypersomniepatienten beklagen eine exzessive Tagesschläfrigkeit, die permanent oder sporadisch auftreten kann. Die Epworth Sleepiness Scale (max. 24 Punkte, ab ≥ 10 Punkte subjektive Tagesschläfrigkeit). Aufgrund der resultierenden Unfallgefährdung wurde extra das Kapitel „Tagesschläfrigkeit“ in die aktuellen Leitlinien zur Begutachtung der Kraftfahreignung aufgenommen (BAST, [2]).

Insomnien (G47.0, F51.1)

Die derzeit noch geltende ICD-10 unterteilt die Insomnien noch in „organisch“ und „nicht organisch“, während die neue ICD-11 und die ICSD-3 nur in „akut“ (bis 14 Tage dauernd) und „chronisch“ (> 3 Monate) unterscheidet. Insomnien treten bei ca. 70 % der Bevölkerung auf, bei 30 % dreimal pro Woche. Insomnien gehen mit einer deutlichen Beeinträchtigung der Lebensqualität und einem erhöhten kardiovaskulären und Demenz-Risiko einher. Nur 50 % aller an einer chronischen Insomnie Erkrankten erhalten eine ärztliche Behandlung. [3, 4]

Akute Insomnien sind sehr häufig und bedürfen meist keiner Behandlung. Chronische Insomnien sollen immer behandelt werden. Gemäß ICD-10 ist eine krankheitswertige Insomnie dann gegeben, wenn die Beschwerden vier Wochen persistieren, gemäß DSM-5 sind drei Monate Krankheitsdauer erforderlich.

Zur Diagnostik haben sich neben der umfassenden Anamnese zu körperlichen, psychischen und schlafmedizinischen Problemen Schlaftagebücher und Schlaffragebögen bewährt (www.charite.de/dgsm). Der Schweregrad einer Insomnie kann durch die Insomnia Severity Scale festgestellt werden [5]. Die Aktigraphie kann eingesetzt werden, um Bett- und Schlafenszeiten über den gesamten Tag zu erfassen. Die Polysomnographie soll bei begründetem Verdacht zum Ausschluss organischer Schlafstörungen (periodische Beinbewegungen im Schlaf, schlafbezogene Atmungsstörungen) verwendet werden, ansonsten erfolgt die Diagnose einer Insomnie klinisch.

Hypersomnien zentralen Ursprungs

Die ICSD-3 unterscheidet Hypersomnien zentralen Ursprungs (Syndrom des insuffizienten Schlafs, Narkolepsie, idiopathische Hypersomnie, Kleine-Levin-Syndrom als wichtigste Diagnosen) von Hypersomnien in Folge anderer Grunderkrankungen (z. B. als Folge von neurologischen Erkrankungen, Schlafstörungen bei Schlafapnoe, RLS, chronischem Schlafdefizit u. a.).

Diagnostisch ist bei diesen Erkrankungen immer eine polysomnographische Diagnostik erforderlich ggfs. mit Multiplem Schlaflatenztest oder einer 48 Stunden Diagnostik beim Kleine Levin Syndrom.

Syndrom des insuffizienten Schlafs (Schlafmangelsyndrom)

Dieses Syndrom ist gekennzeichnet durch eine chronische Tagesschläfrigkeit, die bedingt ist durch einen – gemessen an der zur Erholung notwendigen Schlafdauer – zu kurzen Nachtschlaf. Das Syndrom ist die wichtigste Differenzialdiagnose aller Hypersomnien. Deshalb sollte vor speziellen Untersuchungen immer ein Schlaf-Wach-Protokoll über mindestens eine Woche geführt werden. Die Therapie besteht in ausreichender Schlafdauer.

Narkolepsie

Die Narkolepsie ist eine seltene Erkrankung (Prävalenz 20 von 100.000). Kernsymptom sind die exzessive Tagesschläfrigkeit (Mindestdauer > 3 Monate) und die Kataplexie. Unspezifische Symptome sind Schlaflähmungen, Halluzinationen beim Aufwachen oder Einschlafen und gestörter Nachtschlaf. Diagnostisch müssen zwei vorzeitige REM-Schlaf-Episoden entweder in der Polysomnographie oder im Multiplen Schlaflatenztest nachgewiesen werden. Eine hohe Assoziation mit dem HLA Haplotyp DQB1*0602 und ein Liquor Hypocretin-1 Wert < 110 pg/ml (mit RIA gemessen) ist nur bei Narkolepsie Typ 1 vorhanden [6].

Nur ca. 30 % aller an Narkolepsie Typ 2 (NT2) Erkrankten haben ein niedriges Liquor Hypocretin-1 und eine HLA-Assoziation [7]. Bei Narkolepsie Typ 1 sind Kataplexien vorhanden, bei Narkolepsie Typ 2 nur die Tagesschläfrigkeit und akzessorische Symptome. Die Diagnoselatenz in Europa beträgt immer noch bis zu acht Jahre [8]. Die Behandlung erfolgt symptomatisch und symptomorientiert mit Regeln zur Schlafhygiene, wachmachenden Substanzen, antikataplektischer Medikation und/oder Medikamenten zur Besserung des Nachtschlafs (siehe Tab. 1).

Tab. 1: Medikamentöse Behandlung der Narkolepsie

Inhaltsstoff (Medikament)

Dosierung (pro Tag)

Symptome

Tagesschläfrigkeit

Kataplexie

Nachtschlaf

Modafinil (z. B. Vigil®)

100–400 mg

X

Pitolisant (Wakix®)

4,5–36 mg

X

(X)

Natrium-Oxybat (Xyrem®)

4,5–9 g

(X)

X

X

Solriamfetol (Sunosi®)

75–150 mg

X

Venlafaxin (Off-Label-Use)

37,5–150 mg

X

Methylphenidat (Ritalin®)

10–60 mg

X

Idiopathische Hypersomnie

Sie ist eine seltene (0,005–0,01 % der Bevölkerung) chronische Erkrankung des Jugendalters, die gekennzeichnet ist durch verlängerten Nachtschlaf (> 10h), der nicht erholsam ist, schwere morgendliche Erweckbarkeit und Tagesschläfrigkeit. Sie unterscheidet sich von der Narkolepsie Typ 2 lediglich durch das Fehlen von vorzeitigem REM-Schlaf im Multiplen Schlaflatenztest. Therapeutisch ist Modafinil effektiv zur Behandlung der Tagesschläfrigkeit und Natrium Oxybat zur Behandlung der Schlaftrunkenheit und des langen Schlafs – beides off-label. [9, 10]

Kleine-Levin-Syndrom

Die Prävalenz wird auf 1–5 Fälle auf 1 Million Einwohner geschätzt. Männer sind zwei- bis dreimal häufiger betroffen als Frauen. Die Erkrankung manifestiert sich bei ca. 80 % der Betroffenen im 2. Lebensjahrzehnt, im höheren Alter handelt es sich meist um symptomatische Formen.

Die Kernsymptome Hypersomnie, Hyperphagie, Hypersexualität, kognitive und psychische Störungen treten zusammen nur bei ca. 14 % auf, ca. 43 % haben drei Symptome. Das wichtigste Symptom „Depersonalisation“ ist während der Episoden bei allen Patienten vorhanden. Die Diagnoselatenz kann viele Jahre betragen. Lithium kann die Frequenz und Dauer der hypersomnischen Episoden verringern. Wachmachende Substanzen können die Persönlichkeitsveränderungen akzentuieren. [11, 12]

Restless-Legs-Syndrom (RLS)

Das RLS gehört nach ICSD-3 zu den nächtlichen Bewegungsstörungen. Es ist gekennzeichnet durch einen Bewegungsdrang der Beine oder Arme, verursacht oder begleitet von unangenehmen Missempfindungen der Extremitäten. Es stellt mit 3–10 % der kaukasischen Bevölkerungen zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Die Beschwerden sind meist von unterschiedlicher Intensität und treten zu Beginn meist in den Abend- und Nachtstunden auf. Durch Bewegung können die Beschwerden gelindert werden [13]. Das RLS führt zu Schlafstörungen mit Schwierigkeiten einzuschlafen und häufigem nächtlichen Erwachen. In der Polysomnographie finden sich bei 80 % aller Patienten periodische Beinbewegungen im Schlaf.

Das RLS tritt bei ca. 50 % familiär auf. Es kann auch schon Kinder betreffen, weshalb bei Kindern mit ADHS differenzialdiagnostisch an ein RLS gedacht werden sollte. Es zeigt einen chronisch progredienten Verlauf [14].

Das idiopathische RLS zeigt meist einen unauffälligen Befund. Das sekundäre RLS kann vielfältige Ursachen haben (Polyneuropathie, enger Spinalkanal, Eisenmangel, Urämie, Schilddrüsenerkrankung, Myopathien, Parkinson-Erkrankung, Multiple Sklerose, Einnahme von bestimmten Antidepressiva).

Diagnostisch müssen neben Anamnese und Familienanamnese immer eine neurologische Untersuchung (gegebenenfalls mit Elektromyographie), Labor (Eisen, Ferritin, TSH, Vitamine) und die International Restless Legs Severity Scale durchgeführt werden. Der L-Dopa-Test mit 100mg L-Dopa unterstützt bei Reduktion des RLS-Schweregrades die Diagnose. Eine Polysomnographie muss nur bei therapierefraktären Formen erfolgen, das heißt die Diagnose ist primär klinisch.

Unter Therapie mit Dopamin bis 300 mg kann es schnell zu einer Augmentation [15] kommen (zeitlich früherer Beginn und Zunahme des Schweregrades). Es sollte dann auf einen Dopaminagonisten gewechselt werden. Wenn die Therapie mit diesen Medikamenten nicht anspricht, können Tilidin, Carbamazepin, Gabapentin oder Oxycodon eingesetzt werden (Tab. 2). Intravenöse Eisengabe kann bei Ferritinwerten < 100μg empfohlen werden [16].

Tab. 2: Medikamente bei Restless-Legs-Syndrom (RLS)

Name (Substanz)

Dosis

Indikation

L-Dopa

200–300 mg

Pramipexol

0,018–0,54 mg

Ropinirol

0,5–4 mg

Rotigotin

1–3 mg

Oxycodon

10–40 mg

Bei schweren Formen

Neurodegenerative Erkrankungen

Schlafstörungen treten bei bis zu 90 % aller neurodegenerativen Erkrankungen auf. Die Insomnie ist eine der häufigsten assoziierten Schlafstörungen. Ca. 35 % bis 60 % aller Patienten mit Parkinson-Krankheit (PK) erfüllen die Kriterien einer chronischen Insomnie. Häufige Schlafstörungen sind die Hypersomnie (ca. 29–59 %), schlafbezogene Atmungsstörungen (ca. 25–50 %), circadiane Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen und schlafbezogene Bewegungsstörungen wie das Restless-Legs-Syndrom und periodische Beinbewegungen im Schlaf sowie Parasomnien, u. a. die REM-Schlafverhaltensstörung (RBD, 30–60 %). Bei frühen PK nimmt die Tagesschläfrigkeit im Laufe der Zeit zu. [17–19]

Schlafstörungen bei neurodegenerativen Erkrankungen können den motorischen Symptomen um Jahre vorausgehen. Ursache sind degenerative Veränderungen in schlafregulierenden Regelkreisen, Effekte der spezifischen Medikation, motorische und nicht-motorische Symptome und Begleiterkrankungen (z. B. SBAS).

Für die Therapie der Insomnie bei PK müssen andere Schlafstörungen ausgeschlossen bzw. behandelt werden. Parkinson-spezifische motorische Komplikationen/ Störungen müssen identifiziert und behandelt werden. Medikamentöse Verfahren sollen zusammen mit nicht-medikamentösen, verhaltens- und schlafhygienischen Maßnahmen angewendet werden. Der Einsatz bzw. die Umstellung auf langwirksame Dopaminagonisten kann dosisabhängig zu einer Verbesserung der subjektiven Schlafqualität empfohlen werden. [20, 21]

Eszopiclon, Doxepin, Zolpidem, Trazodon, Ramelteon und Melatonin können zur Behandlung der Insomnie bei PK eingesetzt werden [22, 23]. Die Behandlung mit Duloxetin, Quetiapin und Clozapin bei Insomnie wird wegen unzureichender Evidenz der Wirksamkeit nicht empfohlen [24]. Therapien mit Echtlicht (1.000 bis 7.500 Lux für 30–90 Minuten), Benzodiazepinrezeptoragonisten, sedierenden Antidepressiva, kognitive Verhaltenstherapie und Akupunktur können empfohlen werden.

Die REM-Schlafverhaltensstörung ist ein Frühzeichen von neurodegenerativen Erkrankungen (Alpha-Synukleopathien). Prospektive Untersuchungen weltweit zeigen eine Konversionsrate von 91 % (IRBDSG) mit einem Risiko von 6,3 %/ Jahr [25]. Die Behandlung erfolgt abhängig vom Schweregrad mit Clonazepam, Pramipexol oder Melatonin, wobei kaum belastbare Daten vorliegen [26].

Demenzen

Jegliche Form der Schlafstörung kann zu einer Demenz führen. Die Insomnie hat wohl die größte Bedeutung für die Entstehung. Schon 20 Jahre vor Beginn von Demenzen kommt es zur Aggregation von β-Amyloid 42 (Aβ). Schlafdefizit führt zu einer verminderten Clearance des neurotoxischen Aβ. Zusätzliche Faktoren sind zirkadiane Dysfunktion, Schlaffragmentierung, Neuroinflammation, Hypoxämien (z. B. bei Schlafapnoe) und die Generierung oxidativen Stresses. Bestimmte Lebensstile und Schlafstörungen können das Demenzrisiko vermehren [27].

Die Therapie besteht aus:

  • a. Einhaltung von Schlafhygiene,
  • b. körperlicher Aktivität,
  • c. sozialer Interaktion,
  • d. Echtlichtexposition und
  • e. kognitiver Verhaltenstherapie.

Die pharmakologische Behandlung sollte vorsichtig erfolgen. Auf keinen Fall sollten Benzodiazepine oder Benzodiazepinrezeptoragonisten verabreicht werden, da sie – ebenso wie Antidepressiva – Delirien verursachen können. Schlaflatenz, Gesamtschlafzeit, kognitive und emotionale Parameter waren in einer Studie unter Melatonin nicht verbessert [28]. Die Kombination von Bewegung mit 2500 Lux Echtlicht verbesserte die Schlafdauer. 50 mg Trazodon führte zu einer verbesserten Schlafdauer. Der nicht zugelassene Orexin-Antagonist Survorexant führt zu verbesserter Schlafqualität bei geringer Sedierung am Tage. [29, 30]

Multiple Sklerose

Schlafstörungen bei Multiple Sklerose (MS) sind häufig: Insomnie (25–55 %), RLS (5–19 %) und SBAS (20–60 %). In einer Studie mit > 11.000 Teilnehmern gaben 30 % an unter einer Tagesschläfrigkeit zu leiden, 60 % unter einer Fatigue. Die Tagesschläfrigkeit kann mit Modafinil behandelt werden, wobei im Wesentlichen die Fatigue beeinflusst wird.

Die Insomnie und die Tagesschläfrigkeit können verursacht sein durch RLS, SBAS, Schmerzen, Nykturie/Inkontinenz, Spastik, Übergewicht, spezifische MS-Medikation. Durch komorbide Depressionen kann die Schlafstörung negativ beeinflusst werden. Das Risiko, eine Insomnie zu entwickeln, ist mit erhöhten Fatiguewerten verbunden. Insomnie kann ein Risikofaktor für das Auftreten einer späteren MS sein.

Die Behandlung mit kognitiver Verhaltenstherapie kann sich auf die Insomnie positiv auswirken ebenso wie die Behandlung mit 5 mg Melatonin. Patienten mit Depressionen sollten mit einem schlaffördernden Antidepressivum behandelt werden. [31–35]

Schlaganfälle

Die Prävalenz von SBAS bei Patienten nach Schlaganfall liegt zwischen 60–91 %, für Tagesschläfrigkeit bei 11–72 % und für RLS bei 15 %. Schlafapnoe kann ein Risikofaktor für das Auftreten eines Schlaganfalls sein und durch einen Schlaganfall verschlimmert werden. Diabetes mellitus, Übergewicht und RLS tragen im Wesentlichen zur Tagesschläfrigkeit bei Schlaganfallpatienten bei. Der Schweregrad des Schlaganfalls korreliert nicht mit der Tagesschläfrigkeit (gemessen mit ESS). Bei 34 % aller Patienten kann die Tagesschläfrigkeit über sechs Monate noch ein Problem hinsichtlich Kognition und Lebensqualität darstellen. Medikamente wie Bromocriptin, Modafinil, Methylphenidat und Levodopa wurden zur Behandlung eingesetzt, nCPAP verbesserte die Tagesschläfrigkeit bei Patienten mit SBAS.

Die Befundlage zum Risiko eines Schlaganfalls bei Vorliegen einer Insomnie ist uneinheitlich und lässt keine klare Aussage zu. Nach einem Schlaganfall sollte ein Screening auf Insomnie vorgenommen werden, da diese in der Akutphase häufig auftritt. Spezifische Therapieempfehlungen liegen für die Schlafstörungen nicht vor, RLS, SBAS und andere komorbide Störungen sollten behandelt werden. [36–40]

Schädel-Hirn-Traumen

Traumatische Hirnschäden sind die häufigste Ursache für eine dauerhafte neurologische Behinderung. Mehr als 50 % leiden unabhängig vom Schweregrad des Schädel-Hirn-Traumas an Schlaf-Wach-Störungen. Hypersomnie ist ein häufiges Symptom nach einem Schädel-Hirn-Trauma und wird als Folge von leichtem SHT unterschätzt. Das Ansprechen auf Stimulanzien ist variabel.

Insomnische Störungen haben einen negativen Einfluss auf die Neuroplastizität, den Heilungsverlauf, Kognition, nächtliches Schmerzempfinden und senken die Schwelle zur psychiatrischen Komorbidität. Ca. 95 % aller Schädel-Hirn-Trauma-Patienten haben in der Akutphase erniedrigte Hypocretinspiegel im Liquor. Therapeutisch können CBTi und schlaffördernde Medikamente empfohlen werden. [41–44]

Epilepsien

Schlafstörungen liegen bei ca. 30 % alle Patienten mit Epilepsie vor. Die Prävalenz der Tagesschläfrigkeit liegt zwischen 10–47,5 %. Die Ursachen der Tagesschläfrigkeit sind multifaktoriell. SBAS und RLS sind häufige komorbide, den Schlaf beeinflussende Faktoren. Eine komorbide Schlafapnoe kann zu einer Häufung der epileptischen Anfälle und sogar zu einem Status epilepticus führen. Eine CPAP-Behandlung kann zur Reduktion der Anfallsfrequenz und zur Verminderung der Tagesschläfrigkeit führen.

Die symptomatische Pharmakotherapie zur Reduktion der Anfallsfrequenz ist immer die Therapie der Wahl. Einige Antiepileptika (AE) können die Schlafqualität verbessern, während andere sie verschlimmern können. Präparate der älteren Generation führen oft zu einer Verschlimmerung der Schlafstörungen, während die neueren dies deutlich seltener verursachen. Die Wahl der AE sollte daher unter Berücksichtigung der Schlafqualität und Schlafstörungen erfolgen.

Insomnien sind bei Patienten mit Epilepsie mit einer Prävalenz von 52 % deutlich häufiger als bei der Normalbevölkerung. Therapeutisch sollten vorzugsweise AE eingesetzt werden, die den Schlaf nicht stören. Retardiertes Melatonin kann bei Epilepsie-Patienten eingesetzt werden, um die Einschlaflatenz zu verkürzen (nur bei Kindern geprüft). [45–48]

Kopfschmerzen

Schlafbezogene Kopfschmerzen entstehen aus dem Schlaf heraus und gehen oft mit einer Insomnie einher. Zu ihnen zählen die Migräne, der Clusterkopfschmerz, die Chronische Paroxysmale Hemikranie (CPH) und das Hypnic-Headache-Syndrom. Die Beziehung zwischen diesen Kopfschmerzen und der Insomnie ist bidirektional. Die Häufigkeit von Tagesschläfrigkeit bei Migräne und Spannungskopfschmerz ist nicht höher als in der Allgemeinbevölkerung.

Neben der symptomorientierten medikamentösen Therapie für insomnische Beschwerden wird die kognitive Verhaltenstherapie (CBT-I) empfohlen. Eszopiclon kann bei zugleich bestehender Insomnie zumindest über sechs Wochen verabreicht werden. Für die Behandlung der Tagesschläfrigkeit gibt es keine spezifischen Therapieempfehlungen. [49–51]

Neuromuskuläre Erkrankungen

Schlafbezogene Atmungsstörungen treten erwartungsgemäß häufig bei neuromuskulären Erkrankungen auf. Eine nächtliche Hypoventilation und daraus resultierende Hyperkapnie wird von den Betroffenen initial meist nicht wahrgenommen. Die häufigsten Symptome sind morgendliche Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, kognitive Beeinträchtigungen, Dyspnoe und Tagesschläfrigkeit, zum Teil auch Nachtschweiß.

Die schlafbezogenen Hypoventilation/ Hypoxie und Hyperkapnien beruhen auf einer gestörten Atmungspumpenfunktion. Durch die physiologische Muskeltonusabnahme im Schlaf (insbesondere im REM-Schlaf) kann bei einer gestörten Atemmuskelpumpenfunktion der pCO2 nicht normokapnisch (unter 45 mmHg) gehalten werden. Bei ausgeprägter Hypoventilation/Hypoxämie können sich die typischen Folgeerkrankungen wie pulmonale Hypertonie, Cor pulmonale und neurokognitive Beeinträchtigungen entwickeln.

Unter suffizienter Behandlung der schlafbezogenen Atmungsstörungen lässt sich eine deutliche Besserung des Gesamtzustandes der Patienten erzielen, meist auch die Muskelkraft verbessern.

Schlafstörungen bei den myotonen Dystrophien Typ 1 und 2 können infolge einer Dysfunktion des hypocretinergen Systems mit insomnischen oder hypersomnischen Beschwerden einhergehen. RLS und Fatigue treten ebenfalls häufig auf. Die Behandlung der Tagesschläfrigkeit mit Modafinil und/oder nCPAP kann die Tagesschläfrigkeit verbessern [52].

Prof. Dr. med. Geert Mayer, Hephata Klinik Schwalmstadt, Philipps-Universität Marburg, Abt. Neurologie

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Es bestehen keine Interessenskonflikte.