Teresa Janina Euler1 #, Dr. med. Sebastian Hoehl3 #, PD Dr. med. Timo Wolf4, Prof. Dr. med. Maria Vehreschild4, Prof. Dr. med. Sandra Ciesek3, Prof. Dr. med. Gernot Rohde1, 2

Einleitung

Coronaviren gehören zu den behüllten RNA-Viren. In der Humanmedizin waren bisher sechs Coronaviren bekannt, die hauptsächlich Erkrankungen der Atemwege verursachen.

Aktuell erleben wir den Ausbruch eines neuen, siebten Coronavirus, SARS-CoV-2. Das von diesem Virus ausgelöste Krankheitsbild wird als COVID-19 (für: Corona virus disease 2019) bezeichnet. Die humanen Coronaviren HCoV-229E, HCoV-OC43, HCoV-NL63 und HKU1 sind laut epidemiologischen Studien für 15 % aller gewöhnlichen Atemwegsinfekte verantwortlich. HCoV-OC43 und HCoV-229E werden in gemäßigten Klimazonen überwiegend in den Wintermonaten übertragen. Häufig kommt es zu Reinfektionen im Verlauf von zwei bis drei Jahren. In der Regel werden primär die oberen Atemwege infiziert, gelegentlich kommt es auch zu Pneumonien. Bei Patienten mit obstruktiven Lungenerkrankungen werden durch Coronaviren auch Exazerbationen dieser Grunderkrankungen ausgelöst [5]. COPD-Exazerbationen sind häufig viral bedingt bzw. getriggert. Coronaviren wurden hier in über 4 % mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) nachgewiesen. Der Nachweis von Coronaviren gelang häufiger in den oberen Atemwegen (z. B. Nasenabstrich) als in den unteren Atemwegen (Sputum) [17]. Auch beim Asthma bronchiale kommt es (neben anderen möglichen Triggerfaktoren) zu Exazerbationen durch virale Atemwegsinfekte. Im Schulkindalter werden 80–85 % aller Asthma-Exazerbationen durch virale Infekte ausgelöst. Auch bei Erwachsenen sind häufig virale Atemwegsinfekte Auslöser für eine Asthma-Exazerbation. Die gepoolte Prävalenz von Coronaviren beträgt hier 8,4 % [16].

Virologie

Durch die genetische Variabilität des großen, einzelsträngigen RNA-Genoms infizieren Coronaviren im Tierreich viele verschiedene Säugetiere, insbesondere Fledermäuse, aber auch Vögel und Fische, wobei sie in der Lage sind, Speziesbarrieren zu überbrücken, und so etwa auch Menschen zu infizieren. Bei Tieren verursachen sie häufig eine gastrointestinale Erkrankung, beim Menschen steht meist die Erkrankung der Atemwege im Vordergrund [12].

Die humanpathogene Coronaviridae gehören zu den Gattungen Alpha- (NL63, 229E) und Betacoronavirus (OC43, HKU1, SARS, MERS, SARS-CoV-2). Das neue Coronavirus SARS-CoV-2 gehört, ebenso wie SARS, zu den Betacoronaviren der B-Linie. In Anlehnung an die Ähnlichkeit der Viren sowie des Krankheitsbildes erfolgte auch die Benennung des Virus (SARS-CoV-2)“.

Ihre Wirtsspezifität wird unter anderem bestimmt durch die Gylokopeptidsequenz der Surface Spikes, die keulenförmig aus dem Virus herausragen, was ihnen elektronenmikroskopisch ein typisches, namengebendes Aussehen verleiht (lat. corona = Krone). Die Übertragung humanpathogener Coronaviren erfolgt in der Regel durch Tröpfcheninfektion. Vorausgegangene Infektionen hinterlassen in der Regel keine bleibende Immunität.

Klinische Symptomatik

Die saisonal kursierenden Coronaviren (OC43, NL63, 229E, HKU1) lösen primär gewöhnliche Atemwegsinfekte aus mit zum Beispiel Rhinitis, Pharyngitis und Laryngitis. In diesem Rahmen kommt es auch häufig zu Bronchitiden. Auch Pneumonien können durch die schon länger bekannten saisonalen Coronaviren ausgelöst werden. Besonders anfällig hierfür sind Kinder und immunsupprimierte Patienten [5].

In jüngerer Zeit ist es zusätzlich zum Auftreten von Infektionen mit neuen Coronaviren mit assoziierter schwerwiegender Symptomatik (SARS-Coronavirus und MERS-Coronavirus) gekommen. Von 2003 bis 2004 kursierte das SARS-Coronavirus (mit dem Ursprung in Guangdong, China), woran insgesamt ca. 8.000 Menschen erkrankten. Die damit infizierten Patienten zeigten vor allem zu Beginn zunächst unspezifische grippeähnliche Symptome. Im späteren Erkrankungsverlauf traten ein (zunächst trockener) Husten und bei einem Großteil der Patienten auch Diarrhoen auf. In radiologischen Untersuchungen der Lunge, insbesondere CT-Untersuchungen zeigten sich bei den meisten Patienten Milchglastrübungen im Sinne von atypischen Infiltraten. Bei 20–30 % der mit dem SARS-Coronavirus infizierten Patienten war aufgrund von Oxygenierungsstörungen eine invasive Beatmung notwendig. Die Gesamtmortalität in allen Altersgruppen betrug ca. 10 %, vgl. [7, 10].

Seit Juni 2012 kursiert das MERS-Coronavirus, welches von Dromedaren auf den Menschen übertragen wird und erstmals in Saudi-Arabien aufgetreten ist. Im Verlauf kam es zu weiteren Fälle in anderen Ländern, insbesondere aber auf der arabischen Halbinsel. Bei MERS-Infektionen treten in der Regel grippale Beschwerden auf, wie Fieber, Kopfschmerzen und trockener Husten. Radiologisch zeigten sich zu Beginn zum Teil fokale einseitige Veränderungen im Sinne von Infiltraten, welche sich im Verlauf bilateral ausbreiten. Als Komplikationen der pulmonalen Beteiligung entwickeln viele Patienten ein rasch auftretendes ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome, Akutes Atemnotsyndrom). Die Gesamtletalität, bezogen auf alle Alters- und Patientengruppen, liegt bei über 25 %. Häufig treten zudem gastrointestinale Beschwerden, insbesondere Diarrhoen auf (in bis zu 25 % der Fälle). Als weitere Komplikation ist ein akutes Nierenversagen häufig [4, 5].

Jedoch gibt es auch milde Verläufe ohne Fieber und ohne Diarrhoen. Diese werden vor allem bei jungen Frauen beobachtet [4].

Epidemiologie und Klinik des neuen Coronavirus SARS-CoV-2

Im Dezember 2019 wurden in Wuhan (der Hauptstadt der zentralchinesischen Provinz Hubei) mehrere Patienten mit atypischen Pneumonien, deren Auslöser zunächst unklar war, hospitalisiert. Am 31. Dezember 2019 erfolgte die Alarmierung der WHO. Im weiteren Verlauf konnte bei 41 Patienten das neue Coronavirus SARS-CoV-2 mittels PCR nachgewiesen werden [6]. Seither kommt es bislang täglich zu einem weiteren deutlichen Anstieg der bestätigten Erkrankungsfälle in China und zum Teil auch in anderen Ländern. Zuletzt (Stand 4. Februar 2020) lagen der WHO 20.630 bestätigte Fälle weltweit vor, davon 159 Fälle außerhalb von China, darunter auch zwölf Fälle in Deutschland. Von den bestätigten Fällen in China waren 2.788 schwer erkrankt und 425 Patienten verstorben. Außerdem ist ein Patient auf den Philippinen an COVID-19 verstorben. Dies entspricht einer Gesamtmortalität von ca. 2 % (WHO, 4. Februar 2020, [14]).

Eine Infektion mit SARS-CoV-2 kann unterschiedlich schwer verlaufen. Die Inkubationszeit wurde von der WHO zuletzt am 27. Januar auf zwei bis zehn Tage geschätzt. Die meisten Fälle scheinen mild zu verlaufen. 20 % der Erkrankten haben jedoch einen schweren und zum Teil auch tödlichen Verlauf, wobei diese Zahl aufgrund der vielen nicht diagnostizierten Fälle mit Vorsicht zu bewerten ist – WHO 28. Januar 2020, [15]. Gut dokumentiert sind insbesondere diesbezüglich die ersten 41 bekannten Krankheitsfälle aus Wuhan, welche bis zum 2. Januar stationär aufgenommen wurden. Hier zeigten die Patienten bei Erstvorstellung (welche jedoch erst nach vier bis acht Krankheitstagen erfolgte) überwiegend Fieber (98 %), Husten (76 %) und Gliederschmerzen oder Abgeschlagenheit (44 %). Etwas mehr als die Hälfte (55 %) der Patienten entwickelte Dyspnoe. Bei einem Teil der Patienten (28 %) war der Husten nicht trocken, sondern produktiv. Nur wenige Patienten litten an Beschwerden im Bereich der oberen Atemwege (Rhinitis, Halschmerzen), vgl. [6]. Spätere Daten zu 99 Patienten (Aufnahmezeitpunkt 1. bis 20. Januar) im selben Krankenhaus zeigen ähnliche Ergebnisse. Nur 15 % der Patienten aus dieser Kohorte zeigten bei Aufnahme die Symptomtrias von Fieber, Husten und Dyspnoe [3]. Auch gastrointestinale Symptome meist Diarrhoe, seltener auch Erbrechen, sind bei einigen, insbesondere bei jüngeren, Patienten aufgetreten. Laborchemisch zeigte sich bei mehreren Fällen eine Lymphopenie (bei 35 % bis über 60 % der oben genannten Fälle in Wuhan), sowie eine Leukopenie (ca. 25 %, vgl. [2, 3, 6, 8].

Bei allen Patienten der publizierten Fälle aus Wuhan zeigten sich Auffälligkeiten im CT-Thorax (meist bilateral) im Sinne von atypischen pneumonischen Infiltraten. CT morphologisch zeigten sich Milchglasinfiltrate, fleckige Verschattungen und Konsolidierungen (lobär, sowie subsegmental). Stärkere Auffälligkeiten im CT-Thorax, insbesondere im Sinne von lobären Konsolidierungen lagen bei den Patienten vor, die intensivmedizinisch behandelt werden mussten [3, 6].

Von den ersten publizierten 41 Fällen aus Wuhan mussten 13 (32 %) aufgrund von Hypoxämie auf die Intensivstation aufgenommen werden. 29 % (12/41) der ersten Fälle und 17 % (17/99) der später dokumentierten Fälle entwickelten ein ARDS. Einige der ersten 41 Patienten konnten mit Highflow-Sauerstofftherapie behandelt werden. Jedoch mussten in beiden publizierten Patientengruppen jeweils vier Patienten invasiv beatmet werden. Zwei bzw. drei der Patienten aus diesen beide Gruppen wurden mittels ECMO (Extrakorporale Membranoxygenierung) versorgt.

Bei 15 % der ersten 41 Patienten konnte SARS-CoV-2 auch im Blut mittels PCR nachgewiesen werden im Sinne einer Virämie. Als weitere Komplikationen wurden bei fünf Patienten (12 %) erhöhte Troponin T Werte und in den später publizierten Fällen deutliche Erhöhungen von LDH und CK festgestellt, was als akute myokardiale Schädigung gewertet wurde. Über weitergehende Untersuchungen, zum Beispiel Echokardiografie bei diesen Patienten, liegen derzeit (noch) keine Berichte vor. Ca. 10 % der ersten 41 und 5 % der später publizierten Fälle aus Wuhan erlitten eine Sekundärinfektion.

Am 22. Januar 2020 waren 28 (68 %) der ersten 41 bis 2. Januar in Wuhan aufgenommenen Patienten entlassen worden. Am 25. Januar waren auch 31 (31 %) der später (vom 1. bis 20. Januar) aufgenommenen Patienten bereits entlassen worden. Sechs Patienten (15 %) der ersten Kohorte, sowie elf Patienten (11 %) der zweiten Kohorte waren am jeweiligen Stichtag verstorben, darunter auch ein Patient, der nicht intensivmedizinisch behandelt wurde. Die Rate an Vorerkrankungen lag in beiden untersuchten Patientengruppen bei ca. 50% [3, 6].

Das mediane Alter der Patienten, die an COVID-19 erkranken, wird zwischen 49 und 57 Jahre angegeben, während Fälle im Kindesalter bisher eine Seltenheit sind [9]. Die wenigen bisher veröffentlichten pädiatrischen Fälle haben einen milden Verlauf genommen. Ähnliches wurde auch bei SARS beobachtet, wo kein tödlicher Verlauf bei einem Kind beschrieben wurde, und die Erkrankung insbesondere Kinder unter zwölf Jahren aus bisher ungeklärten Gründen einen milderen Verlauf nahmen. [13].

Die Differenzialdiagnosen zu COVID-19 sind vielfältig. Unter ihnen sind gewöhnliche grippale Infekte, sowie auch Infektionen mit Influenza und dem respiratorischen Synzytialvirus. Zu Bedenken ist auch, dass seltene Fälle von jungen Patienten beschrieben sind, die Diarrhoen und Fieber als Erstsymptomatik hatten [2]. Zur Verhinderung einer nosokomialen Verbreitung von SARS-CoV-2 sollten gemäß Robert Koch-Institut (RKI) entsprechende (Verdachts)-Patienten in einem Isolier- bzw. Einzelzimmer untergebracht werden und nach Möglichkeit einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Für das medizinische Personal werden Kittel, Handschuhe, Schutzkittel, ein Mund-Nasen-Schutz (mindestens FFP2 insbesondere bei engem Patientenkontakt) und ggf. eine Schutzbrille empfohlen.

Virus-Diagnostik

Durch den vermehrten Einsatz von Multiplex-Verfahren kommt es in jüngster Zeit auch häufiger zum Nachweis der saisonal gehäuft auftretenden Coronaviren 229E, OC43, NL63 und HKU1 bei unspezifischer Atemwegsinfektion der oberen und der unteren Atemwege. Der Nachweis von Infektionen durch humanpathogene Coronaviren geschieht in der Regel über den Genomnachweis mittels RT-PCR aus dem Atemwegssekret.

Empfehlungen zur Diagnostik des neuen Coronavirus COVID-19 wurden durch das RKI veröffentlicht, und werden dort regelmäßig aktualisiert (www.rki.de/ncov). Dort wurde (Stand 05.02.2020) eine labordiagnostische Abklärung empfohlen, wenn ein klinischer oder radiologischer Hinweis auf akute Infektion der unteren Atemwege und Aufenthalt in einem Risikogebiet bis maximal 14 Tage vor Erkrankungsbeginn, oder akute respiratorische Symptomatik beliebiger Schwere und Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Fall bis maximal 14 Tage vor Erkrankungsbeginn zutrifft. Es konnte bereits an einigen Laboratorien in Deutschland ein durch das Konsiliarlabor für Coronaviren an der Charité in Berlin entwickeltes RT-PCR-Protokoll etabliert werden, das von der WHO veröffentlicht wurde [18]. Es ermöglicht einen zuverlässigen Nachweis dieser neuen Erkrankung. Das RKI empfiehlt (Stand: 05.02.2020), wenn möglich, die parallele Untersuchung von Proben aus den unteren und oberen Atemwegen.

Antikörpertests spielen demgegenüber bei Coronaviren nur eine untergeordnete Rolle, da sich durch die Serologie weder eine frische Infektion, noch eine Immunität zuverlässig nachweisen lassen. Für das neue Coronavirus SARS-CoV-2 ist derzeit noch keine serologische Diagnostik etabliert. Der Verdacht, sowie der Labornachweis von SARS-CoV-2 ist meldepflichtig.

Fazit

Coronaviren verursachen beim Menschen hauptsächlich Infektionen der Atemwege. Saisonal gehäuft kommt es zu meist milde verlaufenden Infektionen mit den Coronaviren NL63, 229E, OC43 und HKU1. Aktuell beobachten wir den Ausbruch des neuen Coronavirus SARS-CoV-2, mit derzeit täglich steigenden Fallzahlen. Das RKI schätzt die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland durch SARS-CoV-2 weiterhin als gering ein. Es handelt sich jedoch um eine sehr dynamische Situation (Stand 04. Februar 2020). Unter der Bevölkerung ist die Angst vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 zuletzt angestiegen, wobei die Gefahr durch die bekannten saisonalen Viren wie Influenza und RSV weiterhin häufig unterschätzt wird. Gute Händehygiene, Husten-/Nies-Etikette und Abstand (von ein- bis zwei Metern) zu Personen mit respiratorischen Infekten mindern sowohl das Risiko an COVID-19 als auch an Influenza oder anderen respiratorischen Viren zu erkranken. Die wichtigste Maßnahme zum Schutz vor Influenza ist jedoch die jährliche Grippeschutzimpfung – siehe auch den Artikel „Influenza: Warum brauchen wir jedes Jahr einen neuen Impfstoff?“ der Autoren Rohde und Ciesek in der Ausgabe HÄBL 02/2020, S. 83f.

Aktuelle Informationen

Die Situation kann sich schnell verändern. Aktuelle Informationen finden Sie unter anderem auf unserer Website sowie auf der Website des Robert-Koch-Instituts.

Teresa Janina Euler, Dr. med. Sebastian Hoehl, PD Dr. med. Timo Wolf, Prof. Dr. med. Maria Vehreschild, Prof. Dr. med. Sandra Ciesek, Prof. Dr. med. Gernot Rohde (alle Universitätsklinikum Frankfurt/M.)

Kontakt per E-Mail: anja.gabriel@kgu.de

Die Literaturhinweise finden Sie in der PDF-Version der aktuellen Ausgabe auf unserer Website unter www.laekh.de/heftarchiv/ausgabe/2020/maerz-2020

# Diese Autoren haben gleichermaßen zu diesem Artikel beigetragen.

1 Pneumologie/Allergologie, Medizinische Klinik 1 (Uniklinikum Frankfurt am Main)

2 Universitäres Thoraxzentrum Frankfurt/M.

3 Institut für Medizinische Virologie (Uniklinikum Frankfurt)

4 Zentrum für Innere Medizin, Infektiologie (Uniklinikum Frankfurt)