Hetzkampagnen gegen Ärzteschaft und Gefährdung der medizinischen Versorgung

Pressemitteilung

Delegiertenversammlung der Landesärztekammer Hessen

"Dies ist Teil einer Hetzkampagne, die offenbar konzertiert und von oben gesteuert gegen die Ärzteschaft gerichtet ist": Mit deutlichen Worten kommentierte Dr. Alfred Möhrle, Präsident der Landesärztekammer Hessen, heute auf der Delegiertenversammlung der Kammer sowohl die jüngsten staatsanwaltlichen Durchsuchungsmaßnahmen in Limburg als auch die Welle von Sensationsmeldungen in den Medien. Schlagzeilen wie "Ärzte unter Betrugsverdacht", "Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ärzte wegen Bestechlichkeit" oder "Abzocker in Weiß?" brächten den ganzen Berufsstand in den Geruch, ein korrupter Haufen zu sein. Dabei stellten sich die meisten Vorwürfe bei näherer Prüfung als haltlos und Zahlen als falsch heraus.

"Herzlich wenig" sei etwa bei der ersten staatsanwaltlichen Durchsuchung der Privatärztlichen Abrechnungsstelle Limburg vor einem Jahr herausgekommen. Dennoch habe die Staatsanwaltschaft vor wenigen Wochen erneut die Abrechnungsunterlagen von 574 Ärzten durchforstet, ohne dass ein konkreter Betrugsverdacht gegen alle von ihnen geäußert worden sei. "Ich vermute, dass man mit dieser Kampagne die ersten Ansätze eines sich bildenden Widerstandswalles gegen unser marodes Gesundheitswesen unterminieren will", erklärte Möhrle.

Leider gebe es einige wenige Ärzte, die keine Skrupel hätten, Patienten durch überhöhte Rechnungen und Kollegen durch Manipulationen bei der Kassenabrechnung zu betrügen. "Ihnen muß mit aller Härte des Strafgesetzes und der Berufsgerichtsbarkeit das Handwerk gelegt werden", forderte Möhrle. "Nur so erhalten wir wieder die Chance, uns gegen pauschale Vorwürfe gegen die Ärzteschaft erfolgreich zu wehren."

"Die Anzeichen, dass wir in einen eklatanten Ärztemangel zunächst in den Kliniken hineinrutschen, der sich mit einer gewissen Verzögerung auch im niedergelassenen Bereich bemerkbar machen wird, sind nicht mehr zu übersehen", hob Möhrle in Bad Nauheim hervor. Mit den Worten, in 5 - 10 Jahren sei die medizinische Versorgung der Bevölkerung absolut gefährdet, malte die Delegiertenversammlung ein düsteres Zukunftsszenario. Auch die öffentlichen Attacken beeinflussten den Berufswunsch Arzt bzw. Ärztin entscheidend. Nach einer Erhebung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gibt mehr als ein Drittel der heutigen Medizinstudenten an, sich nach dem Studium anderweitig beruflich zu orientieren. Die von der Landesärztekammer im Sommer 2001 durchgeführte Umfrage zur Arbeitszeit und Arbeitszufriedenheit von hessischen Krankenhausärzten zeigt unter anderem, dass viele Ärztinnen und Ärzte ihren Beruf nicht noch einmal ergreifen würden.

Die Delegierten begrüßten daher die Bestrebungen der Hessischen Sozialministerin Silke Lautenschläger, die Arbeitsbedingungen an den Krankenhäusern zu verbessern und forderten sie auf, ihre Initiativen zur Regelung der Arbeitszeiterfassung von Ärzten noch zu forcieren. Es müsse nachdrücklich verlangt werden, dass geleistete Mehrarbeit dokumentiert und vor allem bezahlt werde.

Den Parforce-Ritt, mit dem das Bundesgesundheitsministerium nach den Fallpauschalen jetzt zum 1. Juli 2002 auch Diseasemanagement-Programme bei den niedergelassenen Ärzten einführen will, nannte die Delegiertenversammlung problematisch. Das Ganze sei unvorbereitet und mit der heißen Nadel gestrickt, da keine praktikablen Leitlinien existierten.