Lachgas – Anwendung als Rauschmittel nimmt stetig zu

Lachgas oder Distickstoffmonoxid (N2O) ist ein farbloses Gas mit einem leicht süßlichen Geruch und Geschmack. Es wird seit langer Zeit eingesetzt als Anästhetikum und Analgetikum in der Medizin und Zahnmedizin sowie als Treibgas in der Lebensmittelindustrie, beispielsweise für Sprühsahne.

Die Nutzung als Rauschmittel ist bereits für Ende des 18. Jahrhunderts für die britische Upper Class dokumentiert, auch in den 1970er-Jahren wurde Lachgas unter Studierenden als günstiges Rauschmittel verwendet [1]. Lange Zeit war Lachgas jedoch eher eine Randerscheinung. Seit 2010 nahm der Konsum von Lachgas als Partydroge unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Europa jedoch stetig zu, z. B. in den Niederlanden, Großbritannien oder Dänemark [1].

Lachgas ist heute breiter verfügbar, wird oft fälschlicherweise als harmlos wahrgenommen, ist leicht über Kioske, das Internet und in großen Behältnissen zugänglich und preislich erschwinglich. Der Konsumtrend wird durch Werbung in sozialen Medien und die zielgruppenspezifische Gestaltung der Kartuschen verstärkt. Nach Angaben der Hersteller ist Lachgas zwar nicht für die Inhalation gedacht, jedoch scheint es nicht nachvollziehbar, dass Lachgas für Sprühsahne in der Geschmacksrichtung „Exotic Mango“ und in Behältnissen von bis zu 2 kg benötigt wird – diese Menge würde für 125 Liter Sprühsahne ausreichen. Die Ventile der Lachgas-Kartuschen passen meist nicht zu den Sahnespendern. Aber sie eignen sich sehr gut, um Luftballons zu befüllen. Da Lachgas unter hohem Druck steht, kann es nicht direkt aus der Flasche inhaliert werden, da diese Konsumform zu Erfrierungen führt. Daher werden Luftballons mit Lachgas befüllt und das Lachgas kann dann inhaliert werden – praktischerweise werden die Ballons oft meist gleich im Set mit der Kartusche verkauft.

Lachgas ist an Kiosken erhältlich, in Supermärkten, im Internet und einige Anbieter bringen es gegen einen Aufpreis bis an die Haustür, zusätzlich gibt es sogenannte Lachgas-Taxis. Auch in Snackautomaten in der Nähe von Schulen wurde Lachgas verkauft [3], vgl. Tab. 1.

Tab. 1: Effekte von Distickstoffmonoxid (N2O; Lachgas) als Partydroge [2]
  • Euphorie („high“)
  • positive Gedanken
  • angenehme Körperempfindungen
  • Kribbeln, Muskelentspannung
  • Benommenheit, ähnlich leichtem Alkohol-Rausch
  • Stimulation/Anregung
  • Gefühl der Ruhe, Gelassenheit
  • Verwirrung
  • Kichern oder Lachen

Für Lachgas gilt bislang keine Altersbeschränkung, da es nicht als Betäubungsmittel, sondern als Lebensmittelzusatz geführt wird. Bereits Kinder können theoretisch also entsprechende Konsum-Sets erwerben. Es ist auch diese fehlende Altersbeschränkung, die bei allen Altersgruppen dazu führt, dass Lachgas als ungefährliche Substanz wahrgenommen wird.

Die Strategie der Hersteller, vermehrt Jugendliche und junge Erwachsene als Kunden zu gewinnen, ging in Deutschland insbesondere nach der Corona-Pandemie auf: In Frankfurt gaben 17 % (2022) bzw. 14 % (2023) der 15- bis 18-Jährigen an, mindestens einmal Lachgas konsumiert zu haben, 6 % bzw. 3 % im vergangenen Monat [4].

Medizinische Folgen des Konsums

Der akute Lachgaskonsum führt zu einem kurzen Rausch von 5–10 Minuten. Bereits hier können abhängig vom Konsum-Setting unerwünschte Wirkungen auftreten und es kann zu Stürzen und Verletzungen kommen (Tab. 2). Der kurze Rausch von wenigen Minuten animiert zu wiederholtem Konsum.

Tab. 2: Nebenwirkungen von Distickstoffmonoxid (N2O; Lachgas) als Partydroge [6]

Kopfschmerzen

  • Übelkeit und Erbrechen
  • veränderte Wahrnehmung
  • Beeinträchtigung des Zeitgefühls
  • Vorübergehende Parästhesien
  • Gleichgewichtsstörungen
  • Müdigkeit
  • Desorientierung
  • Koma
  • Halluzinationen
  • Paranoider Wahn

Kürzlich wurde von einer akzidentiell tödlichen Intoxikation mit Lachgas während einer stationären akutpsychiatrischen Behandlung in Deutschland berichtet [5].

Immer wieder werden Fälle bekannt, in denen auch während des Autofahrens konsumiert wird, was das Unfallrisiko deutlich erhöht [7]. In den Niederlanden gab es einen sehr starken Anstieg von Lachgas-assoziierten Verkehrsunfällen [8]. Da Lachgaskonsum bislang schwer nachzuweisen ist, dürfte die Dunkelziffer höher liegen [8].

Vor allem regelmäßiger Lachgas-Konsum hat Auswirkungen auf den Vitamin-B12-Stoffwechsel: Es oxidiert irreversibel das Kobalt-Ion und macht dadurch Vitamin B12 für den Stoffwechsel unbrauchbar. Dadurch entsteht bei regelmäßigem Konsum trotz normaler Vitamin-B12-Spiegel ein funktioneller B12-Mangel. Die Enzyme Methionin-Synthase und L-Methylmalonyl-CoA-Mutase verlieren ihr Koenzym. Dadurch kommt es zu einer Störung in der Herstellung von DNA und Myelin und insbesondere Nervenzellen werden geschädigt [9].

Im Serum sollten Homocystein und Methylmalonsäure (MMA) bestimmt werden, um diesen funktionellen Mangel zu detektieren.

Eine Fallserie aus der neurologischen Uniklinik Frankfurt zeigt ebenfalls eindrücklich die Zunahme der Fälle neurologischer Folgeschäden, die in diesem Zentrum behandelt wurden: 2022 fiel der erste Patient auf, 2023 waren es bereits sechs, 2024 bereits 13 Patienten. Die durchschnittliche tägliche Konsummenge lag bei 2,5 kg Lachgas (entsprechend ca. 156 Liter Sprühsahne), mit einer Spannweite von 40 g bis 8 kg. Sensorische Defizite lagen bei allen Patienten vor, gefolgt von Gangstörungen (85 %), motorischen Defiziten (75 %) und Schmerzen (25 %) [10]. Nur 20 % der Patienten erschienen zu Verlaufskontrollen, von denen alle weiterhin Lachgas konsumierten. Die neurologischen Beschwerden waren bei diesen Patienten nicht verbessert [10].

Das Risiko für Thrombosen und Thrombembolien ist ebenfalls erhöht [11]. Auch klinisch-relevante psychiatrische Symptome können durch akuten und/oder chronischen Konsum ausgelöst werden, insbesondere Halluzinationen und paranoider Wahn können auftreten. Daher ist bei Patienten mit kurzen psychotischen Episoden auch an Lachgas-Konsum zu denken und der Vitamin-B12-Stoffwechsel (inkl. Homocystein und MMA) sollten bestimmt werden.

Durch chronischen Konsum kann eine Abhängigkeit von Lachgas entstehen, die oft von den o. g. neurologischen Defiziten begleitet wird [12, 13].

Weitere Folgen

Zusätzlich zu den medizinischen Folgeschäden gibt es noch weitere Aspekte: Lachgas ist ein potentes Treibhausgas mit etwa 300-mal mehr Erwärmungspotenzial als Kohlenstoffdioxid (CO2) [14].

Auch die Entsorgung der Behältnisse stellt Entsorgungsbetriebe aufgrund der Explosionsgefahr vor Herausforderungen und verursacht hohe Kosten [15]. Große Mengen landen im Hausmüll oder im öffentlichen Raum. Das ist ein hoher Aufwand für die Entsorgungsbetriebe, immer wieder kommt es dabei zu Explosionen.

Bundesweit einheitliche Gesetzgebung notwendig

Frankreich führte 2021 ein Verkaufsverbot von Lachgas an Jugendliche ein. In Dänemark ist es seit 2023 verboten, Lachgas an Minderjährige weiter zu geben oder im öffentlichen Raum bei sich zu tragen. Großbritannien erließ 2023 ein grundsätzliches Verbot der Substanz. In den Niederlanden ist Lachgas ebenfalls seit 2023 verboten, von dem Verbot sind nur die zuvor üblichen 8 g-Kapseln für Sprühsahne sowie medizinische und technische Anwendungen ausgenommen.

Im November 2024 gab die Landesärztekammer Hessen (LÄKH) eine Pressemitteilung heraus, in der der Präsident der LÄKH, Dr. med. Edgar Pinkowski, zu schnellem Handeln aufrief: „Der freie Verkauf von Lachgas außerhalb des medizinischen Kontexts ist angesichts der aktuellen Situation unter keinen Umständen mehr vertretbar.“ Weiter heißt es in der Pressemitteilung: „Die freie Verfügbarkeit und gezielte Vermarktung von Lachgas an junge Zielgruppen signalisiert jungen Konsumentinnen und Konsumenten Gefahrlosigkeit – fatalerweise“ [16].

In vielen Städten in Hessen und in Deutschland wurden durch Gefahrenabwehrverordnungen der Verkauf von Lachgas an Kinder und Jugendliche nun verboten, u. a. auch in Frankfurt/Main [17]. Seit kurzem ist in Frankfurt auch der Konsum für Minderjährige verboten und für Erwachsene zum Schutz von Minderjährigen der Konsum an bestimmten Orten wie Spielplätzen, Sportplätzen, Schulhöfen sowie in Fußgängerzonen und in Grünanlagen [18].

Das deutsche Bundesgesundheitsministerium beabsichtigte bereits im Juni 2024 eine Altersbeschränkung für Lachgas einzuführen [19], die jedoch bislang nicht umgesetzt wurde. Die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will sich dieser Sache nun annehmen und kündigte eine entsprechende Regelung an.

Wichtig ist, dass der medizinische Gebrauch von Lachgas, für den es neben der Anwendung in Anästhesie und Zahnheilkunde auch z. B. in der Behandlung der Depression vielversprechende Studienergebnisse gibt, genau wie die lebensmitteltechnische Verwendung, von der rechtlichen Regelung ausgenommen wird.

Wenn allerdings nur ein Verbot des Verkaufs von Lachgas an Kinder und Jugendliche umgesetzt wird, greift das deutlich zu kurz. So waren alle Patienten aus der Studie der Frankfurter Neurologie volljährig. Es wäre fatal, wenn die Politik vermitteln würde, dass Lachgas für den Freizeitkonsum ungefährlich ist, sobald man volljährig ist. Das ist nachgewiesenermaßen nicht der Fall. Auch junge Erwachsene und andere vulnerable Gruppen verdienen einen Gesundheitsschutz.

Dr. med. Mathias Luderer, Goethe Universität Frankfurt, Universitätsklinikum, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, E-Mail via: haebl@laekh.de

Dr. med. Deborah Scholz-Hehn, Agaplesion Markus Krankenhaus, Frankfurt am Main

Beide sind Drogen- und Suchtbeauftragte der Landesärztekammer Hessen

Die Literaturhinweise finden Sie hier.