Mit dem zunehmenden Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in Kliniken und Praxen verbindet sich die Hoffnung auf Unterstützung bei der Diagnostik und Therapieauswahl, auf eine Verbesserung der Behandlungsqualität, auf administrative Entlastung und vieles mehr. Doch welche Lösungen gibt es bereits und wie können diese konkret dazu beitragen, gerade junge Ärztinnen und Ärzte in ihrem Arbeitsalltag zu unterstützen? Dies wurde im Vorfeld des 129. Deutschen Ärztetages in Leipzig im Dialogforum für junge Ärztinnen und Ärzte diskutiert. Alljährlich treffen sich hier Ärztinnen und Ärzte – etabliert und frisch in der Medizin – um über Themen des ärztlichen Nachwuchses zu sprechen.

KI: Chancen, Vorteile, Limitationen

Der Einsatz von KI in der Medizin bewegt die deutsche Ärzteschaft. Einerseits möchte man den technischen Wandel umsetzen, Chancen und Vorteile von KI-Anwendungen nutzen. Andererseits ist man sich der Limitationen und Herausforderungen des Einsatzes bewusst. Kritisch diskutierte Faktoren sind datenschutzrechtliche, insbesondere aber auch ethische Fragen. Es gilt, die Arzt-Patienten-Beziehung nicht zu verlieren und den privaten Raum der Sprechstunde unbedingt zu schützen.

„KI wird die Welt verändern. Nicht nur im medizinischen Bereich“, eröffnete die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer Dr. med. Ellen Lundershausen. Die junge Ärztegeneration habe hier im Dialogforum die Möglichkeit, gemeinsam zu reflektieren: Wie wird KI das Berufsbild verändern? Wie wird es mit der Beziehung zu Patientinnen und Patienten aussehen? Tools zur multilingualen Dokumentation und Auswertung von Patientengesprächen, zur Vorhersagung von postoperativen Komplikationen im kardiologischen Bereich, Chatbots zur Begleitung von Brustkrebspatientinnen – das gebe es alles bereits. Fraglich ist: Gibt es berechtigte Datenschutzrisiken und wie nimmt man Patientinnen und Patienten von Beginn an bei der Entwicklung mit? Darüber gaben Impulsvorträge zu Beginn einen Überblick.

Moderator und Präsident der Landesärztekammer Hamburg Dr. med. Pedram Emami begrüßte im Anschluss die Referentinnen und Referenten. Welche Aufgaben kämen auf die Landesärztekammern mit Hinblick auf KI zu?

Ärztliche Stimme entwickeln

PD Dr. med. Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin, sieht die Chance, zum Thema KI eine eigens ärztliche Stimme zu entwickeln. Man müsse ein Forum bilden – mit Einbeziehung der ärztlichen Perspektive. Er hoffe, dass der diesjährige Deutsche Ärztetag Impulse setzen werde.

Dr. med. Carina Vorisek, M.Sc., ECFMG berichtete von Erfahrungen aus den USA. Hier gebe es monetäre Anreize für Kliniken, um die Nutzung von digitalen Schnittstellen zu befördern. So würden Daten maschinenlesbar dokumentiert. Die Basis von KI-gestützten Anwendungen sei die Datenstruktur.

Dr. med. Michael Müller, Vorstandsvorsitzender der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM e. V.), betonte, dass die Technisierung keine Substitution, sondern eine Unterstützung ärztlicher Tätigkeit sein müsse. Es gehe darum, die Leistungsverdichtung und Komplexität zu reduzieren. Es brauche allerdings Qualitätssicherungsrichtlinien für den Umgang mit KI.

Dr. med. Julia Fritz, Vorsitzende der Vertretung der Sächsischen Jungen Ärzte, hob hervor, wichtig sei ihr die Interoperabilität zwischen ambulantem und stationärem Bereich. Es müsse sektorübergreifend gedacht werden, um Entwicklungen sektorübergreifend nutzen zu können. Darüber hinaus gehe es immer darum, die Patientinnen und Patienten bei den Entwicklungen mitzunehmen. Ein Curriculum KI-Kompetenz könne möglicherweise hilfreich sein.

„Lasst uns anfangen, es bedarf des Handelns“, schloss Bobbert. Wenn man das Thema KI in diesem Duktus auch auf dem Ärztetag behandeln würde, könne man loslegen. Wichtig sei die gemeinsame Vision der Ärzteschaft, so Vorisek.

Die Fishbowl-Diskussion mit dem Publikum brachte interessante Einblicke und Denkanstöße. Dieser könnte man künftig wieder etwas mehr Zeit einräumen.

Marissa Leister