Der diesjährige Ärztetag in Leipzig war aus meiner persönlichen Sicht ein herausragender Ärztetag, der noch dazu in einem außergewöhnlichen Ambiente stattfand, denn parallel zum Ärztetag war die Stadt Gastgeberin der größten Wettkampf- und Breitensportveranstaltung der Welt. 80.000 Aktive und Hunderttausende Gäste bevölkerten die Stadt und sorgten für eine wunderbare Stimmung. Das Engagement unzähliger Menschen – haupt- und ehrenamtlich – war überaus beeindruckend. Einmal mehr zeigte sich die Bedeutung ehrenamtlicher Aktivitäten.

Wie wichtig die Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure aus Haupt- und Ehrenamt ist, zeigte sich auch in den Beschlüssen des Deutschen Ärztetages. Hier möchte ich beispielhaft nur auf zwei herausragende Themen eingehen.

Nach einer gefühlt unendlichen Zeit der Vorbereitungen für eine neue Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) stimmten die Abgeordneten des Deutschen Ärztetags mit überragender Mehrheit für die neue GOÄ, die die Bundesärztekammer (den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden gebührt ein großer Dank) gemeinsam mit den Fachverbänden, dem Verband der Privaten Krankenversicherung und der Beihilfe erarbeitet hatte. Dies war aller Mühe wert, auch wenn es, wie nicht anders zu erwarten, auch kritische Stimmen gab. Nun liegt der Ball bei der neuen Bundesgesundheitsministerin Warken, die im Rahmen der Eröffnung des Ärztetages die Notwendigkeit für eine neue Gebührenordnung eingeräumt hatte. Auch wenn sie viele alles andere als leicht zu bewältigende Aufgaben hat, hat die Ärzteschaft nach Jahrzehnten des Stillstandes ein Recht auf die zügige Erstellung der entsprechenden Rechtsverordnung.

Dringend notwendig ist vor dem Hintergrund der aktuellen weltpolitischen Lage auch die Zusammenarbeit zwischen dem zivilen und dem militärischen Gesundheitswesen. Generaloberstabsarzt Dr. Ralf Hoffmann, der oberste Arzt des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, wandte sich persönlich an die Abgeordneten, um dafür zu werben. Es nutze nichts, so zu tun, als gebe es keine Gefahren. Es gehe nicht um Kriegstreiberei, sondern um Verantwortung für Patientinnen und Patienten. Das Gesundheitswesen müsse widerstandsfähig werden und dazu brauche der Sanitätsdienst der Bundeswehr zivile Hilfe, so der Generalarzt. Das sahen auch die Abgeordneten so und stimmten auch hier mit großer Mehrheit für die entsprechenden Anträge. Eine Vorbereitung auf den schlimmsten Fall, den wir hoffentlich nie erleben müssen, dient im Übrigen auch der Vorbereitung auf kleinere Problemlagen. Nur wer glaubt, dass es nicht brennen könnte, braucht keine Feuerwehr. Wehrhaftigkeit bedeutet Verteidigungsfähigkeit und ausdrücklich nicht Vorbereitung auf einen Angriff. Nicht zuletzt hat sich der Sanitätsdienst der Bundeswehr selbst das Leitbild „Der Menschlichkeit verpflichtet“ gegeben. Die Landesärztekammer Hessen setzt sich für die Stärkung und den Ausbau der zivil-militärischen Zusammenarbeit ein, siehe auch Ankündigung des dritten Symposiums Oranienstein (siehe S. 378).

Dieser Aspekt muss auch bei den angekündigten Nachbesserungen des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes Berücksichtigung finden. Daher forderten die Abgeordneten zu Recht, bei der Schließung von Kliniken bzw. einzelner Stationen zu berücksichtigen, inwiefern diese für den Aufbau von Reserven benötigt werden. Dies ist ein notwendiger Spagat zwischen Effizienz und Resilienz.

Die Abgeordneten zeigten sich zudem offen für den Einsatz Künstlicher Intelligenz und zwar unter aktiver Beteiligung der Ärzteschaft, denn dies wird die gesundheitliche Versorgung zukünftig zweifelsohne erheblich verändern. Dafür werden auch zukünftig echte Menschen benötigt werden. Ob dies auch dem Vorstand der Rhön-Klinikum AG so bewusst ist, der laut einem dem Hessischen Rundfunk vorliegenden Schreiben an die Klinikdirektoren eine „deutlich gebremste Wiederbesetzung“ frei werdender Stellen „über alle Dienstarten hinweg“ bis hin zu einem Einstellungsstopp verlangt, darf bezweifelt werden. Auch die Belastbarkeit der Menschen in Gesundheitsberufen, die nicht selten über ihre Grenzen hinaus arbeiten, ist nicht unendlich – weder im Universitätsklinikum Gießen-Marburg noch in anderen Kliniken oder Praxen.

Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident