Seit Mai 2025 vertritt Dr. med. Michael Weidenfeld die Landesärztekammer im Verband der Freien Berufe in Hessen (VFBH, siehe auch Artikel S. 438). Im Interview spricht er über die gesellschaftliche Bedeutung freier Berufe, politische Herausforderungen – und über seine Ziele für die kommenden Jahre. Weidenfeld ist zudem Vorsitzender der Bezirksärztekammer Wiesbaden und Landesvorsitzende des Berufsverbandes der Deutschen Urologie (BvDU) in Hessen.

Herr Dr. Weidenfeld, herzlichen Glückwunsch zur neuen Aufgabe. Welche Rolle spielt der Verband Freier Berufe in Hessen?

Dr. med. Michael Weidenfeld: Vielen Dank! Ich freue mich sehr über das Vertrauen der Landesärztekammer. Der VFBH ist die gemeinsame Stimme der freien Berufe gegenüber Politik und Öffentlichkeit. Mein Ziel ist es, deren Bedeutung sichtbarer zu machen – gerade in Hessen, wo sie eine starke wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rolle spielen.

Was macht Freiberuflichkeit für Sie aus?

Weidenfeld: Sie bedeutet fachliche Unabhängigkeit, Verantwortung und Gemeinwohlorientierung, Verlässlichkeit und Vielseitigkeit. In der Medizin, aber auch im Recht, in der Architektur oder in der Technik verbinden Freiberufler Kompetenz mit ethischem Handeln. Das unterscheidet uns klar von rein gewinnorientierten Strukturen. Dieses Selbstverständnis ist jedoch zunehmend unter Druck geraten.

Wodurch konkret?

Weidenfeld: Investorengetriebene Modelle etwa in Medizin oder Rechtsberatung, aber auch in der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung verdrängen zunehmend freiberuflich und inhabergeführte Praxen und Kanzleien. Hinzu kommt ein wachsender Bürokratieaufwand und ein politisches Unverständnis für das Modell der Freiberuflichkeit. Häufig wird es mit Selbstständigkeit gleichgesetzt – das greift zu kurz.

Welche Themen stehen auf Ihrer Agenda im VFBH?

Weidenfeld: Zunächst möchte ich intern Strukturen stärken. Aktuell sind 16 Organisationen Mitglied im VFBH – drei wichtige fehlen noch. Ich möchte den Dialog suchen und dafür werben, mit einer gemeinsamen Stimme zu sprechen. Nur dann haben wir politisch Gewicht.

Und inhaltlich?

Weidenfeld: Drei Punkte sind mir besonders wichtig: Erstens der Bürokratieabbau. Wir haben bereits Vorschläge in einem Weißbuch erarbeitet, die ich mit dem zuständigen hessischen Minister besprechen möchte. Zweitens das Fremdbesitzverbot – besonders für Medizin, Recht und Wirtschaft ein zentrales Thema. Und drittens die Vereinheitlichung von Praxisbegehungen durch die Gesundheitsämter. Aktuell gibt es in Hessen teils willkürliche Unterschiede – hier brauchen wir einheitliche Standards.

Was kann der VFBH darüber hinaus leisten?

Weidenfeld: Oft wird unterschätzt, welchen wirtschaftlichen Beitrag freie Berufe leisten. Sie tragen 9,7 % zum Bruttoinlandsprodukt bei und stellen fast 10 % aller Ausbildungsverträge in Deutschland – wir sind der drittgrößte Ausbildungssektor. Auch deshalb ist es wichtig, dass die Politik die Rahmenbedingungen freier Berufe schützt.

Wie wollen Sie diese Themen kommunizieren?

Weidenfeld: Ich sehe mich als Brückenbauer – zwischen Kammern, Politik und Öffentlichkeit. Freie Berufe stehen nicht für Rückzug ins Private, sondern für aktives, verantwortungsvolles Mitgestalten. Dieses Selbstverständnis will ich im Verband stärken und nach außen vertreten. Es gilt, die Freiheit und Vielfalt in gesellschaftlichem und persönlichem Sinn zu verteidigen.

Zum Abschluss: Gibt es einen Grundsatz, der Ihre Arbeit leitet?

Weidenfeld: Ja. Freiberuflichkeit basiert auf Vertrauen, auf Fachlichkeit und auf Unabhängigkeit. Das ist kein Auslaufmodell, sondern ein Fundament unserer freiheitlichen Gesellschaft. Auch der Bundesverband der Freien Berufe e. V. (BFB) steht daher ganz klar für die freiheitlich-demokratische Grundordnung – und dafür werde ich mich auch persönlich engagieren.

Interview: Dr. med. Peter Zürner