Bestimmt kennen Sie dieses berühmte Zitat aus dem Filmklassiker „Die Feuerzangenbowle“, in dem der Physiklehrer Professor Bömmel bemüht ist, den Schülern das Wirkprinzip der Dampfmaschine zu erklären, denn wie schreibt Heinrich Spoerl, Autor des gleichnamigen Buchs: „… er hielt nicht viel von verstiegener Wissenschaft, er war mehr für einfache, plastische Begriffe und für eine volkstümliche Darstellung.“
Vielleicht wäre das auch eine Methode, um zu erklären, wie ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem aussehen sollte. Die entsprechenden Forderungen sind nicht neu und lauten im Wesentlichen wie folgt:
- Gleicher Zugang zu den notwendigen, dem Stand der Medizin entsprechenden Gesundheitsleistungen für alle ohne Diskriminierung und unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Einzelnen.
- Bedarfsgerechte Strukturen mit einem angemessenen Leistungsspektrum.
- Ein vernünftiges Maß der Inanspruchnahme und eine aktive Beteiligung der Patienten an der Behandlung.
- Gesundheitsförderliche Lebensführung und Förderung der Eigenverantwortung und Prävention, auch im Sinn der Verhältnisprävention.
- Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Effizienzsteigerung.
- Bedarfsorientierte Forschungsförderung.
- Vermeidung von Überdiagnostik.
- Bei medizinischer Gleichwertigkeit Wahl der kostengünstigere Variante der Behandlung.
- Unterlassen wirkungsloser Behandlungen.
Bei all dem ist der Arzt jedoch in erster Linie dem Wohl seiner Patienten verpflichtet, d. h. ihnen die bestmögliche medizinische Behandlung zukommen zu lassen und nicht zu schaden.
Natürlich hört sich diese sicher nicht vollständige Aufzählung einfach an und ist mitnichten einfach umzusetzen. Denn die Aufrechterhaltung unseres solidarischen Gesundheitssystems bedarf steter Anstrengung unter sich ständig wandelnden Rahmenbedingungen, zumal der Euro nur einmal ausgegeben werden kann, auch wenn Regierende das zum Teil anders sehen. Dabei konkurriert das Gesundheitssystem unter anderem auch mit dem Bildungssystem und dem Verkehrssektor.
Dennoch zeigte sich die Mehrheit der Patientinnen und Patienten, nämlich 77 Prozent, in einer repräsentativen Umfrage der Siemens Betriebskrankenkasse mit ihren Arztpraxen zufrieden. Jeder Vierte gab jedoch an, in kurzen Abständen gleiche Untersuchungen mehrfach erlebt zu haben, weil die entsprechenden Untersuchungsergebnisse den Weg von einer Praxis zur anderen nicht fanden.
Nun hoffen wir ja, dass sich dieses Problem mit einer funktionierenden elektronischen Patientenakte ab 2025 endlich erledigen wird, doch da veröffentlicht „Der Spiegel“ aktuell das Ergebnis einer Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung und des Ärztenetzwerks Berlin: Jeder vierte Teilnehmer gab sehr häufige Schwierigkeiten beim Auslesen der elektronischen Gesundheitskarte oder dem Ausstellen einer elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an. Wir müssen aber nun endlich an den Punkt kommen, dass Physiklehrer Bömmel seiner Klasse sagen könnte:
Wat is denn nu ne elektronische Patientenakte? Da stelle ma uns mal janz dumm. Da sitzt der Herr Doktor Schmidt vor der Kiste und jibt det Erjebnis seiner Untersuchung brav ein. Und wenn der Kranke nu nach der Überweisung in die Facharztpraxis jeht, dann sacht die Frau Doktor Schulz dort: Herr Müller, dat Blutbild, wat se da ham, ist ja janz in Ordnung. Da brauch ich nur noch en CT und dann sehn wir erst ma weiter. Auf jeden Fall finden wer ne Lösung. Machense sich mal keen Kopp.
In unserer Vorstellung kann der Dr. Schmidt, wenn der Patient Müller das nächste Mal in seine Praxis kommt, auf das CT mit Befundung und die Therapie von Dr. Schulz direkt zugreifen, all das natürlich unter Einhaltung des Datenschutzes.
Aber so ist das mit einer Wunschvorstellung. Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt und es muss wohl noch viel Schweiß der Edlen fließen, bis die elektronische Patientenakte wirklich in einer für Patientinnen und Patienten, aber auch für Ärztinnen und Ärzte hilfreichen Form zum Fliegen kommt. Dieses Ziel ist es jedoch wert, denn da bin ich mir ausnahmsweise mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach einig, es würde viel unnötige Arbeit wie z. B. für Mehrfachdokumentation erübrigen. Wir wollen alle nicht, dass Physiklehrer Bömmel am Ende seiner Erklärung sagen müsste: „Ba, watt is dat für ne fiese Arbeit mit der ePA! Dat is ja nur ne elektronische Aldi-Tüte.“
Ganz und gar nicht einig bin ich mit Lauterbachs Plan, mehr als zwei Drittel der STIKO-Mitglieder auf einmal auszuwechseln. Das gefährdet die Kontinuität der Kommissionsarbeit und damit im schlimmsten Fall die Volksgesundheit.
In der Hoffnung auf ein friedlicheres Jahr, als es das vergangene war, wünsche ich Ihnen ein glückliches Jahr 2024 mit Freude an einem der noch immer schönsten Berufe der Welt.
Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident