Im Gespräch mit Ansgar Geilich, Regionalgruppenleiter für den Arbeitskreis der Pankreatektomierten (AdP)

Der 1976 gegründete Arbeitskreis der Pankreatektomierten e. V. (AdP) will Betroffene einer Bauchspeicheldrüsenoperation in der schwierigen und hilfsbedürftigen Situation unterstützen. Ziel ist die Förderung der Gesundheit und Beratung von teils oder vollständig Pankreatektomierten und nicht operierten Bauchspeicheldrüsenerkrankten unter besonderer Berücksichtigung der Krebspatienten und ihrer Angehörigen. In gut 50 Regionalgruppen treffen sich Betroffene und gut 1600 Mitglieder unter anderem in Selbsthilfegruppen. Der Leiter der Regionalgruppe 65 (Zahl steht für den Postleitzahlenbereich der Zuständigkeit), Wiesbaden, Rheingau und Limburg, ist Ansgar Geilich. Die Regionalgruppe feiert am 3. April ihr 50. Selbsthilfegruppentreffen. Im Interview mit dem Hessischen Ärzteblatt spricht Geilich über seinen eigenen Leidensweg und was er sich als Vereinsmitglied und Betroffener vom Gesundheitssystem und Hausärzten wünscht.

Herr Geilich, Sie sind selbst Betroffener und hatten einen Tumor im Dickdarm sowie im Zwölffingerdarm. Ihnen wurde die Bauchspeicheldrüse vollständig entfernt. Wie und warum sind Sie dann zum AdP gekommen?

Ansgar Geilich: Als ich im Februar und März 2014 sieben Wochen in Wiesbaden in der Klinik lag, hatte ich Zeit, um über Vieles nachzudenken. Meine Frau brachte mir bei ihren täglichen Besuchen einen Artikel aus einer Wiesbadener Tageszeitung mit, in dem über eine Selbsthilfegruppe zu lesen war, die sich um Patienten mit Pankreasproblemen, also meiner Krankheit, kümmert. Gastreferent bei dieser Veranstaltung war der Professor, der mich operiert hatte. Diese Gruppierung interessierte mich natürlich – und somit war klar, dass ich beim AdP Mitglied werde.

Inwiefern beeinträchtigt die Krankheit Sie in Ihrem täglichen Leben noch?

Geilich: Meine nicht alltägliche Krankheit beeinträchtigt mich, in dem ich erstens als Diabetes Typ 3c Insulin spritzen muss und zweitens, dass jede Mahlzeit und sei sie noch so gering, die Einnahme von Enzymen erforderlich macht. Da mir das komplette Pankreas entnommen wurde, muss ich zu jedem Essen individuell, also nicht nach einem Spritz-Plan, das Kurzzeitinsulin berechnen und spritzen. Hinzu kommt morgens und abends das Langzeitinsulin.

Die Menge des Enzyms richtet sich nach dem Fettgehalt in jeder Mahlzeit und ist eher höher anzusetzen als zu tief. Falsch dosierter Enzymbedarf macht sich bemerkbar in dem mehr oder weniger häufigen Toilettengang, Gewichtsverlust und einen erheblichen Vitaminmangel. Durch den Verlust der eben genannten Faktoren, ist im Umkehrschluss die Leistungsfähigkeit der Betroffenen erheblich eingeschränkt.

Welche Menschen können sich neben den Betroffenen an den AdP wenden?

Geilich: Jeder Interessierte, auch ohne spezielle Diagnose, kann unsere Selbsthilfe besuchen und an der Thematik teilnehmen. Unsere Treffen sind für jeden zugänglich und ohne Eintritt zu besuchen. Ich würde mich freuen, wenn Mediziner, auch außerhalb einer Mitgliedschaft im AdP, an Selbsthilfetreffen teilnehmen würden. Darüber hinaus werden Mediziner als Referenten zu einem bestimmten Thema eingeladen.

Welche Hilfe stellen Sie bzw. Verein konkret zur Verfügung?

Geilich: Der AdP bietet bei fast jeder Gesundheitsmesse Infostand-Beratung und eine Vielzahl von Broschüren rund um das Thema Pankreas an, welche von Pankreas-Experten der unterschiedlichsten Fachgebiete und Ernährungsmedizinern erstellt wurden. Besonders stolz sind wir darauf, dass wir den Betroffenen unser Portfolio kostenlos zur Verfügung stellen können. Dies ist nur durch die finanzielle Förderung der Deutschen Krebshilfe und der Krankenkassen möglich.

...und welche Vorteile haben die Mitglieder?

Geilich: Für Mitglieder im AdP hat dieser einen wissenschaftlichen Beirat eingerichtet, der alle pankreasbezogenen Fragen beantwortet. Hierbei kann es sich um Themen der Ernährung, der Diabetes, Fragen nach der passenden Reha-Einrichtung sowie Fragen beim Umgang mit Ämtern und Behörden handeln. Ich könnte hier noch viele Bespiele nennen, aber das würde den Rahmen sprengen.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten aktuell aus?

Geilich: Mit den Pankreaskliniken besteht oftmals eine Kooperationspartnerschaft. Hier wird die Regionalgruppenleitung in aller Regelmäßigkeit zu Auditveranstaltungen eingeladen, in der die Arbeit der Regionalgruppe in und mit den Kliniken hinterfragt wird. Was die Zusammenarbeit mit sonstigen niedergelassenen Ärzten anbelangt, würde ich mir mehr Gemeinsamkeit wünschen. Eine Rundreise vor einigen Jahren in alle Arztpraxen im Rheingau hatte nur mäßigen Erfolg. Von keiner Praxis hatte ich eine Nachforderung von AdP-Flyer erfahren. Da stellt sich für mich die Frage, in welchem Abfalleimer die damals überlassenen Flyer gelandet sind?

Das heißt, für Sie gibt es noch viele ungenutzte Potenziale bei der der Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten?

Geilich: Meines Erachtens müssten die niedergelassenen Ärzte und darüber hinaus das Personal in den Praxen viel mehr Kenntnis über die Existenz und die Arbeit des AdP (Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V.) haben. Wenn ich aus diesem Kreis die Antwort erhalte, wir legen keine Vereinsprospekte aus, dann spricht das für mich Bände. Da wird der AdP gleichgesetzt mit z. B. dem Hühnerzuchtverein.

Wo sehen Sie aktuell noch die größten Hürden/Stolpersteine für Betroffene

Geilich: Die größte Hürde sehe ich darin, dass der Patient von der Selbsthilfe des AdP keine Kenntnis hat. Ist es nicht der persönliche Hausarzt, der die erste Anlaufstelle für den Patienten ist? Wenn die Diagnose Probleme an oder mit der Pankreas gestellt wird, könnte, ja sollte, gleich vom Hausarzt der Hinweis auf die Selbsthilfe des AdP mit dem AdP-Flyer an den Patienten erfolgen. In meiner jahrelangen Arbeit als Regionalgruppenleiter habe ich festgestellt, dass Patienten, die sich in der Klinik befinden, nach Zuspruch durch den Mediziner viel öfter den Weg zur Selbsthilfe finden.

Welche Entwicklungen in der Medizin oder Therapie waren in den vergangenen Jahren für Betroffene besonders hilfreich?

Geilich: Die OP-Verfahren sind besser geworden – wenn man nur an die minimalinvasiven Operationsmöglichkeiten denkt, zum Beispiel mit DaVinci (OP-Roboter, Anm. d. Redaktion).

Im Umkehrschluss bedeutet die schnelle, bessere Wundheilung auch schnelle Mobilität der Patienten. Leider gibt es bei den Therapiemöglichkeiten beim Pankreaskarzinom noch keine wesentlichen Verbesserungen.

Welche Entwicklungen wünschen Sie sich für die Zukunft?

Geilich: Wir erhoffen uns von der Forschung, dass es bald ein Verfahren geben wird, wie zum Beispiel ein Blutmarker, welches ein Pankreaskarzinom im frühen Stadium erkennen lässt. Zudem wäre es wünschenswert, dass es bald eine Nachsorgeempfehlung wie bei anderen Krebserkrankungen geben wird. Eine strukturierte Nachsorge fehlt uns bei Bauchspeicheldrüsenerkrankungen gänzlich, so wird nicht mal in der S3-Leitlinie eine Nachsorgeempfehlung ausgesprochen. Hier muss zeitnah nachgebessert werden, sodass wir uns eine adäquate Vor- und Nachsorge wie zum Beispiel beim Brust- oder Darmkrebs wünschen.

Interview: Lukas Reus

Arbeitskreis der Pankreatektomierten (AdP)

Der Arbeitskreis der Pankreatektomierten e. V. (AdP) mit über 1.550 Mitgliedern ist eine Selbsthilfeorganisation für alle Menschen, bei denen ein Pankreaskarzinom oder eine andere Erkrankung der Bauchspeicheldrüse vorliegt oder vermutet wird. Der Sitz des Vereins ist in Bonn. Der AdP finanziert sich zum Großteil durch Förderung der Deutschen Krebshilfe und Krankenkassen sowie durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Der AdP unterhält einen wissenschaftlichen Beirat, der bei Fragen für Auskünfte zur Verfügung steht. Es sind alle Disziplinen wie Chirurgie, Innere Medizin, Psychologie, Pharmazie und Ernährungsberatung vertreten. Der Kontakt der Mitglieder zu den Experten kann nach vorheriger Rücksprache mit der Bundesgeschäftsstelle aufgenommen werden.

Kontakt zum Verein: bgs@adp-bonn.de

Kontakt zu Regionalgruppenleiter Ansgar Geilich: info@geilich-marketing.de