Die Beteiligung an der Kammerwahl war bei den jungen Kolleginnen und Kollegen im Alter zwischen 22 und 29 Jahren mit 30 % besonders gering (bei den > 65-Jährigen waren es 52 %!). Nun mag es simpel erscheinen, einmal in fünf Jahren sich die Vertreterin, den Vertreter aus den Listen zu suchen, welche/n man für am besten geeignet befindet. Und dann natürlich auch wählen zu gehen.
Ad hoc lässt sich die Frage nicht beantworten, warum die Wahlbeteiligung in dieser Altersgruppe so niedrig war. Vielleicht wird erst mit fortschreitendem Berufsalter der Wert der berufsvertretenden Institutionen mehr wahrgenommen. Umso wichtiger wird eine gute Interessensvertretung für die jungen Kolleginnen und Kollegen.
Aus den vergangenen zehn Jahren im Präsidium und im Weiterbildungsausschuss lässt sich klar schlussfolgern: Wer sich nachhaltig in der Kammer engagiert, kann auch Einfluss nehmen.
In der Ärztekammer wird der Ausschuss „Ärztlicher Nachwuchs“ in seiner konstituierenden Sitzung für die aktuelle Wahlperiode 2023–2028 zusammenkommen. Hier werden Themen der (neuen) Weiterbildungsordnung, der Approbationsordnung, der veränderten Weiterbildungsbedingungen unter den prekären Personalausstattungen in den Kliniken, e-Logbuch, etc. diskutiert und das Präsidium zu diesen Themen beraten.
Für die jungen Kolleginnen und Kollegen besteht die Möglichkeit, sich über die Netzwerke der Berufsverbände und in der Gruppe der „jungen Kammer“ zu beteiligen.
Was bitte können wir den zukünftigen Fachärztinnen und Fachärzten in Klinik und Niederlassung vorleben?
Wie keine andere Generation werden diese Kolleginnen und Kollegen es schwer haben, den Beruf mit Hingabe und Leidenschaft für unsere Patientinnen und Patienten auszuüben. Dokumentationsirrsinn, bürokratische Zusatzaufgaben und Personalnot sind die Ursachen.
„Sie können mit Inhalten und Anregungen auch jetzt noch auf die Kammerarbeit Einfluss nehmen“
Aber auch ganz existenzielle Fragen, ob sich eine Selbstständigkeit noch lohnt, wenn die Einnahmen einer Praxis den Aufbau und sicheren Betrieb nicht gewährleisten können, vermiesen die Perspektive, welche viele ältere Generationen noch gehabt haben.
In den Kliniken kämpfen die Kolleginnen und Kollegen für mehr Zeit und eine Reduzierung des patientenfernen workloads.
Als ich bei Berufsbeginn die älteren Generationen schimpfen hörte (bei meinem Berufsbeginn waren die eingeführten DRGs erst wenige Jahre alt), klang es so, als könne es nicht schlimmer kommen.
Die weitere Entwicklung in der Retrospektive betrachtet, kann konsentiert werden: Es kam schlimmer und schlimmer wird es auch noch werden. Es besteht kein Vertrauen in die Politik, dass die Herausforderungen ohne großen Schaden gemeistert werden. Es bestehen berechtigte Zweifel, dass die Krankenhausreform die erhofften positiven Ergebnisse bringen wird.
Weiterbildung wird an vielen Standorten so nicht mehr möglich sein. Doch wenn keine Weiterzubildenden kommen, kommt kein ärztlicher Nachwuchs. Eine ambulante Weiterbildung kann nicht im Ansatz den Bedarf der wegfallenden stationären Weiterbildung decken. Zumal Niederlassungen unter den betriebswirtschaftlichen Konzepten der Vergangenheit so nicht mehr betrieben werden können – egal was der Minister über Durchschnittseinkommen twittert.
Nur sollten wir nicht das Vertrauen in die Selbstverwaltung verlieren. Es sind Institutionen, die auch der Sicherung unserer Profession als freien Beruf dienen.
Deswegen ist es wichtig, dass die kommenden Generationen jetzt anfangen mitzureden. Noch sind es viel zu wenige. Und falls Sie tatsächlich bei der Kammerwahl nicht gewählt haben – Sie können mit Inhalten und Anregungen auch jetzt noch auf die Kammerarbeit Einfluss nehmen. Nutzen Sie die Chance!
Dr. med. Lars Bodammer, Präsidiumsmitglied der Landesärztekammer Hessen