Brennpunkt Krankenhaus: Ärzte Club Wiesbaden diskutiert zeitgemäße Entwürfe

„Medizin braucht Zukunft“: Pandemiebedingt lud der Ärzte Club Wiesbaden für seine jüngste Veranstaltung erstmals nicht ins Museum, sondern online ins Studio ein. Als unabhängiger Zusammenschluss von Ärzten und Ärztinnen aus unterschiedlichen Sektoren stärkt der Klub den Berufsstand rund um die Landeshauptstadt. Auf dem Podium diskutierten vier Gäste kontrovers aus lokaler und bundesweiter Sicht.

Im Brennpunkt standen die Krankenhäuser. Nachdem der Wiesbadener Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende die gute sektorenübergreifende Kommunikation der lokalen Ärzteschaft mit der Kommune begrüßt hatte (sein Grußwort schickte er vorab als Video), eröffnete das Moderationsduo des gastgebenden Vereins, Dr. med. Susanne Springborn und Prof. Dr. med. Jan Gosepath, die Arena.

Pandemiebedingt saßen die Gäste im Studio wie bei einer Talkshow. Das Foto aus der Regie zeigt (von oben, von links nach rechts) Dr. med. Susanne Springborn, Dr. med. Susanne Johna, Prof. Dr. h. c. Peter Coy, Dr. med. Maike Manz, Prof. Dr. med. Jan Gosepath, Dr. jur. Christian Höftberger.

In seiner Einleitung verwies Gosepath auf die innovative Kraft des Medizinsystems. Dr. med. Maike Manz, Leiterin der Geburtshilfe im Klinikum Darmstadt, Hebamme und Masterin of Health Business Administration, bekannt durch „Rettet die Medizin!“, machte eindringlich klar: Die Medizin sei eine Lebensnotwendigkeit, in der Heilung, Forschung und handwerkliches Geschick die Leitlinien bilden. Sie rief zu gegenseitiger Achtung auf im medizinischen und kaufmännischen Bereich.

„Gesundheitsökonomische Realitäten und Visionen“ thematisierte Prof. Dr. h. c. Peter Coy von der Hochschule Rhein Main, Gesundheitsökonomie. Plastisch beschrieb er den finanziellen Schaden durch Corona. Fachkräftemangel, Datenschutz vor Menschenleben, Überregulation und demografische Entwicklungen seien symptomatisch. „Wir müssen handeln!“ meinte der Ökonom und thematisierte Zentralisierung im stationären Bereich sowie auch Digitalisierung.

Dr. med. Susanne Johna, beim Marburger Bund Landesverbandsvorsitzende sowie 1. Vorsitzende des Bundesverbandes, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer, Präsidiumsmitglied der Landesärztekammer Hessen und Oberärztin im St. Josefs-Hospital Rheingau, wies auf die Verschiebung von kommunalen zu privaten Trägern im stationären Sektor hin und prangerte an: unzureichende Investitionskostenfinanzierung, mangelnde Digitalisierung und dass DRG-Fallpauschalen mehr Nebenwirkung als Wirkung zeigten. Probleme des Fachkräftemangels, die Versorgung auf dem Land sowie eine fehlende echte Krankenhausplanung erforderten dringenden Handlungsbedarf. Sie warnte, dass von der kommenden Ärztegeneration nur knapp 30 % im stationären Sektor arbeiten wollten.

Dr. jur. Christian Höftberger, Präsident der Hessischen Krankenhausgesellschaft e. V. und Vorstandsvorsitzender der Rhön Klinikum AG, formulierte noch drastischer: Durch die Entwicklung auch im stationären Bereich stehe die Gesundheitsversorgung vor dem Kollaps. Die Pandemie katalysiere diesen Prozess. Sein Appell: Der Patient müsse Mittelpunkt aller Überlegungen sein – und nicht der Erhalt bisheriger Strukturen. Er forderte Kooperationen mit allen Leistungsanbietenden – digital vor ambulant vor stationär – und die Ambulantisierung der Krankenhäuser. Diese seien durch die 24-Stunden-Versorgung dafür prädestiniert. Die Moderatorin verwies auf die sich im niedergelassenen Bereich entwickelnde Quartiersversorgung in Wiesbaden (Bericht folgt). Der schon jetzt gelebte wertschätzende Diskurs der Akteure im Gesundheitswesen setze Maßstäbe mit gesundheitspolitischer und gesellschaftlicher Verantwortung. Grund genug, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Mit dem Clubmotto „Wir machen die Medizin“ wird die Veranstaltungsreihe fortgesetzt.

Dr. med. Susanne Springborn, E-Mail: info@aerzteclub-wiesbaden.de