Mit gemeint?

Sehr geehrte Frau Hidas!

Ihr Artikel spricht mir aus der Seele! Es wird Zeit, dass auch das Hessische und das Deutsche „Ärzte“blatt erkennen und berücksichtigen, dass es auch Frauen gibt. Auch ich fühle mich nicht „mitgemeint“ und ärgere mich jedes Mal über den „kleinen grauen Kasten“ betreffend die „bessere Lesbarkeit“.

Die Berufsverbandszeitung „Der Frauenarzt“ wude vor einigen Jahren umbenannt in „Frauenarzt“: Hallo! war‘s das? Wie Gendern? Mich nervt es ein bisschen, dass mal KundIn, dann Kund_in, dann Kund*e, dann Kundin und Kunde geschrieben wird, neuerdings überwiegend Kund:in. Letzteres scheint mir dennoch am „lesbarsten“.

Meine Tochter meinte: Nachdem es nun 50 Jahre lang „Deutsches Ärzteblatt“ hieß, kann es doch jetzt 50 Jahre lang „Deutsches Ärztinnenblatt“ heißen.

Kleiner Scherz am Rande: Eine Dozent*in bei einem Literaturvortrag meinte kürzlich: „Meine Studenten sind nicht alles Studierende“. Im Ernst: hoffentlich denken die Redakteurinnen und Redakteure des HÄBL nochmal über ihre Haltung zu gendergerechter Sprache nach!

Mit freundlichen Grüßen

Dagmar Müller, (leider schon im Ruhestand)

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Ich bin seit etwa 40 Jahren regelmäßiger Leser des Hessischen Ärzteblattes. Vorab: ich finde es gut, dass die Zeitschrift immer noch „Hessisches Ärzteblatt“ heißt und nicht etwa „Hessisches Ärztinnen- und Ärzteblatt“, „Hessisches Ärzt*Innenblatt“, „Hessisches Ärzt_XSYZ-blatt“ – oder was es sonst noch für Bezeichnungen geben könnte. Ebenso dass es nach wie vor „Landesärztekammer“ heißt.

Gleichwohl befasst sich das Präsidium der LÄKH offensichtlich mit der Thematik der geschlechtersensiblen Sprache, die es ebenfalls seit etwa 40 Jahren gibt und die nach wie vor umstritten ist. Unter der Rubrik „Aus dem Präsidium“ auf S. 278 der Ausgabe 05/2021 befasst sich die Kollegin Christine Hidas mit dem Thema. Sie beklagt sich recht ausführlich über die „fehlende Sichtbarkeit von Frauen“ durch Verwendung des maskulinen Generikums und berichtet empört, dass sie einen an sie gerichteten Brief an den Absender zurückgesendet hat, weil sie dort mit „Frau Oberarzt“ tituliert wurde und fordert daher die Verwendung der „geschlechter-gerechten“ Sprache.

Einige Seiten weiter (S. 326) findet sich im selben Heft folgender Hinweis: „Genderneutrale Sprache – Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in den Texten des Hessischen Ärzteblattes manchmal nur die männliche Form gewählt. Die Formulierungen beziehen sich jedoch auf Angehörige aller Geschlechter, sofern nicht ausdrücklich auf ein Geschlecht Bezug genommen wird“. Wie soll der Leser (und natürlich auch die Leserin und die diversen Leser*) das verstehen? Ist der Vorstand der Landesärztekammer für oder gegen die geschlechtergerechte Sprache? Hier muss sich die Landesärztekammer schon entscheiden. Entweder wie bisher im Interesse der Lesbarkeit und Verständlichkeit weitermachen mit dem generischen Maskulinum oder gendern – aber dann richtig und konsequent. Denn sonst lesen wir Sätze wie den einer vormaligen Bundesgesundheitsministerin, die im Zusammenhang mit Behandlungsfehlern folgendes sagte: „Die Patientinnen und Patienten müssen vor den Ärzten geschützt werden“. Da fragt sich der Zuhörer, ob Ärztinnen keine Kunstfehler begehen oder – falls doch – ob die Patienten dann keinen Anspruch auf Schutz haben. Diese grundsätzlich Frage, wer denn jetzt konkret gemeint sein soll, taucht regelmäßig dann auf, wenn an einer Stelle gegendert wird („Ärztinnen und Ärzte“), an anderer Stelle aber nicht. Und da hilft der Hinweis auf S. 326 auch nicht weiter („…sofern nicht ausdrücklich auf ein Geschlecht Bezug genommen wird“). Denn der Leser weiß nicht, wie diese Bezugnahme konkret aussieht.

Wenn sich die Landesärztekammer aber für die Verwendung der „geschlechtergerechten“ Sprache entscheidet, muss sie diese auch konsequent anwenden: „Ärztinnen- und Ärztekammer“, „Ärztinnen- und Ärzteblatt“, „Patientinnen- und Patientenrechte“ usw. – und das ohne Ausnahme und in jedem Satz und ohne Rücksicht auf die Verständlichkeit. Bleibt dann nur noch die Frage zu klären, ob der Begriff „Wasserhahn“ oder „Muskelkater“ noch verwendet werden darf oder nicht. Aber dafür wird dem Präsidium sicher eine Lösung einfallen.

Mit kollegialien Grüßen, Dr. Dr. Rainer Rahn, Mitglied des hessischen Landtags