9. Delegiertenversammlung beschließt Anhebung des Kammerbeitrages

Ein sorgfältig erarbeitetes Hygienekonzept und die Zustimmung des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration (HMSI) machten es trotz des Teil-Lockdowns möglich, dass die 9. Delegiertenversammlung (DV) der Landesärztekammer (LÄKH) am 28.11.2020 als Präsenzveranstaltung stattfinden konnte. Wie schon im September tagten die Ärztevertreterinnen und -vertreter unter pandemiegeeigneten, sowohl vom Gesundheitsamt Friedberg als auch vom Gesundheitsamt Frankfurt unbeanstandeten Bedingungen in der Stadthalle Friedberg.

Wie Ärztekammerpräsident Dr. med. Edgar Pinkowski (Liste Fachärztinnen und Fachärzte) in seiner Begrüßung erläuterte, habe sich die Durchführung einer Präsenzsitzung als notwendig erwiesen, da der Gesetzgeber den Heilberufskammern bislang keine rechtssichere digitale Veranstaltung erlaube. Doch Rechtssicherheit war zwingend geboten, zumal die Delegierten u. a. den Haushalt 2021 der Landesärztekammer zu beschließen hatten.

Um die Sitzung zur Minimierung des Infektionsrisikos so kurz wie nötig zu gestalten, stimmte das Ärzteparlament einem Änderungsantrag des Präsidiums auf Verkürzung der Tagesordnung zu, der diese im Wesentlichen auf den Haushaltsplan 2021, eine Änderung der Beitragsordnung, Änderungen der Satzung und Versorgungsordnung des Versorgungswerks und Änderungen von Rechtsquellen der LÄKH konzentrierte.

Haushalt und Beitragsordnung

Dass sich die Corona-Pandemie auch erheblich auf die Finanzen der Landesärztekammer auswirkt, machte Armin Beck (Liste Hausärzte), Vorsitzender des Finanzausschusses, in seinem Bericht deutlich. So weise der Verwaltungshaushalt 2021 unter der Annahme der geplanten Ertrags- und Kostenarten einen Jahresfehlbetrag in Höhe von T€ -3.381 aus.

In erster Linie seien vier Ursachen dafür verantwortlich, dass sich Ergebnis und Rücklagen schlechter entwickelten als in den Vorjahren. Zum einen stagniere das Beitragsaufkommen bei unveränderten Hebesätzen, zum anderen stiegen die Personalkosten stärker als ursprünglich geplant. Schließlich führe der Corona-bedingte Ausfall vieler Aus-, Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen zu einem deutlichen Gebührenrückgang. Der daraus resultierende negative Ergebniseffekt werde zudem durch steigende Aufwendungen zur Sicherstellung pandemiegerechter Bedingungen verstärkt.

Nachdem der Finanzausschuss einem ersten Entwurf des Haushaltsplans 2021 aufgrund der noch ungünstigeren Ergebnis- und Rücklagenentwicklung nicht zugestimmt habe, sei dieser auf vertretbare Einsparungen überprüft und eine Gegenfinanzierung durch Erhöhung der Beitrags- und Gebührenordnung für das Jahr 2021 ausgearbeitet worden. Daraufhin habe der Finanzausschuss dem zweiten Entwurf zugestimmt, so Beck. Auch habe der Ausschuss einstimmig empfohlen, die 2018 wegen damals hoher Rücklagen beschlossene, vorübergehende Senkung des Kammerbeitrags partiell rückgängig zu machen und diesen um 7,5 % anzuheben. Diese Anhebung sei notwendig, um die Kammerfinanzen der kommenden Jahre auf ein solides Fundament zu stellen. Im Übrigen, so betonte Beck in seinem Vortrag, habe er der Delegiertenversammlung im November 2018 vor ihrem Beschluss über die Absenkung darauf hingewiesen, dass spätestens im Haushaltsjahr 2022 wieder eine deutliche Beitragserhöhung notwendig sei, um den in 2019 eingeleiteten Abschmelzungsprozess der Rücklagen zu stoppen. Mit Blick auf die gestiegenen Personalkosten wies Präsidiumsmitglied Dr. med. Peter Zürner (Liste Fachärztinnen und Fachärzte) in der anschließenden Diskussion daraufhin, dass u. a. die zum 1. Juli 2020 in Kraft getretene neue Weiterbildungsordnung eine höhere Personalausstattung in der Weiterbildungsabteilung dringend erforderlich gemacht habe, um das große Aufgabenspektrum bewältigen und Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung auch künftig qualifiziert unterstützen zu können.

Auch Präsidiumsmitglied Dr. med. Susanne Johna (Marburger Bund) stellte fest, dass eine Anhebung des Kammerbeitrages notwendig sei, um die Haushaltslage zu konsolidieren. Allerdings sprach sie sich, wie u. a. Dr. med. Lars Bodammer und PD. Dr. med. Andreas Scholz (alle Marburger Bund), für eine Anhebung um lediglich 5 % aus. „Wir sind zuständig dafür, den Haushalt für die nächsten zwei, drei Jahre sicher zu machen“, so Johna. „Aber es ist nicht unsere Aufgabe, Rücklagen zu bilden.“ Eine fünfprozentige Anhebung halte sie daher für ausreichend. Dr. med. H. Christian Piper (Marburger Bund) hielt beide Optionen – Anhebung um 5 oder um 7,5 % – „nicht für grundsätzlich falsch“, plädierte aber für eine Anhebung in der Höhe, die tatsächlich benötigt werde.

Man habe sich viele Gedanken über die Anhebung des Beitrages gemacht, erklärte Dr. med. Wolf Andreas Fach (Fachärztinnen und Fachärzte). Eine Erhöhung von 5 % reiche für ein Jahr, aber sicherlich nicht für zwei oder drei Jahre: „Die Kosten steigen.“ Auch gingen zunehmend ältere, gut verdienende Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis in Ruhestand und fielen damit als Beitragszahler aus. „Ich bin für Stabilität“, bekräftigte Fach.

Sie wünsche sich eine starke Ärztekammer, hob Prof. Dr. med. Alexandra Henneberg (Fachärztinnen und Fachärzte) leidenschaftlich hervor. Man brauche eine starke Vertretung der Ärzteschaft in der Öffentlichkeit und eine gute Weiterbildung für junge Ärztinnen und Ärzte. „Das soll sich diese Kammer leisten können. Daher bin ich für eine Anhebung um 7,5 %.“ Auch Dr. med. Sabine Dominik (Fachärztinnen und Fachärzte), Stellv. Vorsitzende des Finanzausschusses, unterstrich die Notwendigkeit, den Beitrag um 7,5 % anzuheben: Die Ärztekammer müsse, wie die Krankenhäuser auch, mit einer vernünftigen Personaldecke arbeiten.

In der anschließenden Abstimmung wurde zunächst die geänderte Beitragsordnung mit 69 Stimmen und einer Enthaltung beschlossen, bevor der Präsidiumsantrag auf Verabschiedung des Haushaltsplans für das Geschäftsjahr 2021 mit einer Anhebung des Kammerbeitrags um 7,5 % mit großer Mehrheit – 69 Stimmen bei drei Enthaltungen – angenommen wurde.

TOP Versorgungswerk

Um die Sitzung wegen der Corona-Pandemie möglichst kurz zu halten, hat der Vorstand des Versorgungswerkes in Absprache mit der LÄKH darauf verzichtet, einen Bericht abzugeben. Zwei Delegierte hatten den Antrag gestellt, der nächsten DV eine Satzungsänderung vorzulegen, durch die auch angestellte Ärztinnen und Ärzte für die Dauer ihrer Mitwirkung an der vertragsärztlichen Versorgung wie zugelassene (selbstständige) Vertragsärztinnen und -ärzte behandelt werden, also auch nur den hälftigen Beitrag zum Versorgungswerk leisten müssen. Nach kontroverser Diskussion wurde der Antrag an den Vorstand überwiesen. Über das Ergebnis der Prüfung wird in der nächsten DV berichtet.

Änderungen von Rechtsquellen der Landesärztekammer Hessen

Eine ganze Reihe Rechtsquellenänderungen wurde auf der DV von den hessischen Ärztinnen und Ärzten beschlossen, die im Detail in den Bekanntmachungen nachzulesen sind.

  • Änderung der Beitragsordnung mit neuer Beitragstabelle: S. 51 & 53ff.
  • Änderung der Hauptsatzung und der Geschäftsordnung: Zukünftig werden Sitzungsunterlagen und Protokolle der DV’en in elektronischer Form an die Delegierten versandt (siehe S. 30 & 43).
  • Änderung der Berufsordnung: Die Anlage „Richtlinie zur Durchführung der assistierten Reproduktion“ ist von der Bundesärztekammer (BÄK) in der Muster-Berufsordnung (BO) seit langem nicht mehr abgebildet worden, weil das Transplantationsgesetz geändert worden ist. Aufgrund der von der BÄK 2018 neu erarbeiteten „Richtlinie zur Entnahme und Übertragung von menschlichen Keimzellen im Rahmen der assistierten Reproduktion“ kann die alte Richtlinie als Anlage zur BO daher aufgehoben werden. Darin nicht enthaltene Regelungen zum Genehmigungsverfahren und zur Qualitätssicherung sind nun im Rahmen der Reproduktion in eigenen Richtlinien der LÄKH festgelegt (siehe S. 31, 34 & 36).
  • Änderung der Weiterbildungsordnung: Aufgrund eines handwerklichen Übertragungsfehlers wurde § 4 Abs. 2 der Weiterbildungsordnung durch die DV am 23. November 2019 nicht in der vom Weiterbildungsausschuss und Präsidium empfohlenen Fassung beschlossen. Dieser Fehler wurde nun korrigiert. Die Zusatzweiterbildung Notfallmedizin wird nun im Weiterbildungsabschnitt „6 Monate in der Intensivmedizin oder in der Anästhesiologie“ um „oder in einer Notfallaufnahme“ ergänzt (siehe S. 33 & 38).
  • Änderung der Kostensatzung: Anpassungen wurden in Kapitel 2 – Weiterbildungswesen Ärzte, in Kapitel 3 – Berufsbildung: Medizinische Fachangestellte/Arzthelfer/-innen, in Kapitel 4 – Tätigkeit der Ethikkommission sowie in Kapitel 5 – Durchführung von Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung beschlossen (siehe S. 47).
  • Die Entschädigungsregelung für ehrenamtlich Tätige der LÄKH und des Versorgungswerkes wurde geändert: Dazu gehören der Entfall des Tagegeldes, einzelne abteilungsspezifische Anpassungen sowie die Anpassung des Statuts „Übergangsgeld“.
  • Änderung der Fortbildungsordnung: Die bereits am 1. Dezember 2018 erfolgte Umstellung des Antragsverfahrens zur Zertifizierung von Fortbildungsveranstaltungen auf das Mitgliederportal blieb bislang in der Fortbildungsordnung und Richtlinie nicht abgebildet und wurde nun entsprechend überarbeitet (siehe S. 41).
  • Auch die Richtlinie zum Anerkennungsverfahren von Fortbildungsmaßnahmen wurde entsprechend angepasst (siehe S. 44).

Keine patientennahe Tätigkeit bei positivem Corona-Test

Anlässlich der aktuellen Entwicklungen forderte die DV in einer Resolution, dass die patientennahe Arbeitstätigkeit von Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegepersonal bei positivem Corona-Test oder bei Einstufung als Kategorie I-Kontaktperson nicht weiter ausgeführt werden dürfe. Es sei nicht nachvollziehbar, dass Betroffene weiterhin ärztlich bzw. medizinisch tätig seien, gleichzeitig jedoch nicht im Supermarkt einkaufen dürften.

Wörtlich heißt es in der Resolution:

„Die Hessische Landesärztekammer lehnt die patientennahe Arbeitstätigkeit von Ärzten und Pflegepersonal bei positivem Corona-Test oder bei Einstufung als Kontaktperson der Kategorie I ab. Begründung: Durch die Einräumung dieser Möglichkeit wird bei knappen Personalressourcen in Krankenhäusern, Arztpraxen und Pflegeheimen bei den betroffenen Personen ein starker Druck aufgebaut, ihre bisherige Tätigkeit weiter auszuführen. Auch bei zunächst symptomfreien Personen kann es im weiteren Verlauf zu Symptomen kommen, ggf. wird hier die Rekonvaleszenz sogar im Verlauf verlängert.“

Nahezu zeitgleich wurde diese Problematik von der hessischen Landesregierung mit der 22. Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 30. November 2020 aufgegriffen. So sind künftig alle Personen, bei denen eine Infektion mit SARS-CoV-2 nachgewiesen worden ist, verpflichtet, sich unverzüglich nach Erhalt dieses Testergebnisses in eine 14-tätige Quarantäne zu begeben. „Damit hat das Land Hessen die Grundlage dafür geschaffen, dass auch Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal und Medizinische Fachangestellte bei positivem Corona-Test oder Einstufung als Kontaktperson der Kategorie I nicht weiter in der Patientenversorgung tätig sein dürfen“, erklärte der hessische Ärztekammerpräsident Dr. med. Edgar Pinkowski in einer Pressemitteilung am 4. Dezember 2020. Nur bei Vorliegen wichtiger Gründe könne das zuständige Gesundheitsamt auf Antrag von der Pflicht zur Absonderung befreien.

Katja Möhrle, Maren Grikscheit, Johannes Prien