Start-up aus Mittelhessen entwickelt App zum besseren Terminmanagement

Warten beim Arztbesuch ist nervig. Für die Patienten. Für das Personal, das den Ärger nicht selten abbekommt. Und auch Ärzte mögen es nicht, wenn ihre Wartezimmer voll sind. Erst recht nicht in Zeiten, in denen Abstandhalten Leben retten kann. Die Corona-Pandemie hat die Relevanz noch einmal vergrößert. Und jetzt ist sie da – die „Wart’s Ab“.

Erfunden hat das System das Start-up MyEPA, in dem Studierende, Mitarbeitende und Professoren der Technischen Hochschule (TH) Mittelhessen zusammenarbeiten. Gefördert haben es das Hessische Ministerium für Soziales und Integration und die Techniker Krankenkasse. Ausprobiert haben es zunächst zwei Arztpraxen – darunter die des Präsidenten der Landesärztekammer Hessen, Dr. med. Edgar Pinkowski, in Pohlheim: „Technologische Innovationen wie die ‚Wart’s Ab’ sind sinnvolle Instrumente der Praxisorganisation, die dazu beitragen, volle Wartezimmer zu vermeiden. Gerade jetzt in der Corona-Pandemie kann sich die App als besonders wertvoll erweisen, da Patienten erst dann in Praxis kommen müssen, wenn sie an der Reihe sind.“

Die Pilotphase ist passé. Bis Ende April werden nun insgesamt 60 Arztpraxen „Wart’s Ab“ auf Alltagstauglichkeit testen. Sie erhalten spezielle Tablet-Computer, mit denen sie die Patienten informieren können, wann sie sich zu ihrem Arzttermin auf den Weg machen sollen. Die Patienten müssen bei der Terminvereinbarung angeben, wie lange ihre Anreise ist. Bei der Gelegenheit erhalten sie einen Zifferncode, den sie in die zuvor auf dem Smartphone installierte App eingeben können. Innerhalb der App können Patienten zwischen fünf Sprachen wählen: Deutsch, Englisch, Französisch, Türkisch oder Farsi.

Datenschutz genieße oberste Priorität, betont Projektleiter Prof. Thomas Friedl, Hochschulprofessor an der TH Mittelhessen. Das System bestehe aus drei Komponenten: zwei Apps sowie dem Server. Sollte jemand es hacken, stieße er lediglich auf Zahlen. Ursprünglich war das Rollout für Juni 2019 terminiert. Mit 140 Praxen, sechs Kliniken mit zentralen Notaufnahmen sowie zwei Behörden. Doch der Förderbescheid des Landes ließ auf sich warten und die Summe fiel geringer aus als seinerzeit angekündigt, sagt Friedl. Die Entwicklung selbst dauerte gerade mal ein halbes Jahr.

Jetzt also eine Nummer kleiner. In einem ersten Schritt soll die „Wart’s Ab“ vor allem bei ungeplanten Terminen assistieren in den offenen Sprechstunden der 60 Praxen sowie zentralen Notaufnahmen von Kliniken in der Region Mittelhessen. Interessenten können sich auf der Homepage noch melden. Wenn im Juli die Ergebnisse der Evaluation vorliegen, könnte das System in den Regelbetrieb gehen. Ein spezieller Tablet-Computer wäre dann nicht mehr nötig. Ein Team Friedls arbeitet bereits an einer Variante, bei der ein gewöhnlicher Standard-PC mit Internetanschluss ausreicht. Nutzbar wäre die App dann „für einen kleinen Obolus von vielleicht zehn bis 20 Euro“, um die Kosten für Wartung und die Server zu decken, schätzt Friedl. Begrenzt ist der Einsatz derzeit auf Hessen. Doch auch aus anderen Regionen der Bundesrepublik haben Interessenten schon bei dem Start-up angeklopft. Friedl kann sich gut vorstellen, dass nicht nur Akteure aus dem Gesundheitswesen von den Ideen aus Mittelhessen profitieren. Ob in Geschäften, bei Behörden – „überall wird doch gewartet“.

Wie Friedl auf Nachfrage klarstellt, steht die Entwicklung der App in keinem Zusammenhang mit dem vor drei Jahren in Gießen gegründeten Kompetenzzentrum für Telemedizin und E-Health, für das er ebenfalls tätig ist. „Das ist eine andere Baustelle.“ Doch auch in den Beratungen des Zentrums nehme das Thema Patienten-Datenschutz eine zentrale Rolle ein.

Informationen im Internet unter: www.warts-ab.org

 

Jutta Rippegather