Serie Teil 13: Patientensicherheit – Start- und Zielpunkt in der Qualitätssicherung, Gespräch mit Monika Buchalik, LÄKH-Vizepräsidentin und Allgemeinmedizinerin

Qualitätszirkel sind ein bekanntes, bewährtes und gut etabliertes Qualitätssicherungsinstrument in der vertragsärztlichen Versorgung. Welchen Beitrag sie zur Verbesserung der Patientensicherheit leisten, berichtet Monika Buchalik, die seit 1999 erfolgreich Qualitätszirkel leitet. Die niedergelassene Allgemeinmedizinerin ist Vizepräsidentin der Landesärztekammer Hessen.

Monika Buchalik,Vizepräsidentin der Landesärztekammer Hessen (Foto), ist Fachärztin für Allgemeinmedizin mit Weiterbildungsermächtigung in Maintal.

Ihre Praxis ist akademische Lehrpraxis der Goethe-Universität Frankfurt am Main und der Philipps-Universität Marburg. Buchalik engagiert sich neben ihrer ärztlichen Tätigkeit für viele berufspolitische Themen. Als Obfrau war sie für den Zusammenschluss dreier Notdienstzentralen zur Ärztlichen Bereitschaftsdienstzentrale „Main-Kinzig-West“ verantwortlich. Sie ist Bundesdelegierte beim Deutschen Hausärzteverband, dritte Vorsitzende des Hausärzteverbandes Hessen sowie Mitglied des Deutschen Ärztinnenbundes. Der Delegiertenversammlung der LÄKH gehört Buchalik seit 2001 an, seit 2004 als Mitglied des Präsidiums. Als Mitglied der Vertreterversammlung bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) engagiert sie sich seit 2002. Die Listenführerin der ÄrztINNEN Hessen ist seit 2007 Mitglied des Vorstands der Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung, berät zu diesem Thema auch den Vorstand der KVH. Sie ist seit 2015 Mitglied der Arbeitsgruppe „Allgemeinmedizin“ im Ausschuss „Versorgung“ der Bundesärztekammer (BÄK), Mitglied der Deutschen Akademie für Allgemeinmedizin der BÄK und seit 2017 stellvertretende Delegierte der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. [1]

Seit wann leiten Sie Qualitätszirkel?

Monika Buchalik: Meinen eigenen Qualitätszirkel (QZ) für die Maintaler Ärzteschaft (Haus- und Gebietsärzte) gründete ich vor ca. 20 Jahren, da ich schon immer Fortbildungen wichtig fand, aber keine Veranstaltungen mit Sponsoring besuchen wollte. Seit dieser Zeit organisiere, leite und moderiere ich die Sitzungen. Zunächst nahmen Kolleginnen und Kollegen aus Maintal teil, dann wurde der Einzugsbereich des QZ auf Hanau und dann nochmals auf den Main-Kinzig-Kreis erweitert. Zusätzlich besuche ich noch einen QZ der Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt am Main, der sich an Lehrpraxen richtet.

Welche organisatorischen Voraussetzungen gibt es für die QZ-Arbeit?

Buchalik: Diese legt die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH) fest. Mein eigener QZ findet viermal im Jahr statt, was den KVH-Vorgaben entspricht. Aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie mussten 2020 die meisten Sitzungen jedoch abgesagt werden. Im Dezember konnte trotzdem eine Sitzung in Präsenz stattfinden – was die meisten meiner QZ-Kollegen bevorzugen. Um einen QZ leiten zu dürfen, wird zwingend die Ausbildung zum Moderator benötigt, die ich vor vielen Jahren bei der KVH absolviert habe. An unserer letzten Sitzung nahmen 20 Kollegen teil. Die KVH begrenzt die Teilnehmerzahl auf bisher maximal 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, damit ein guter, aktiver Austausch möglich ist. Ich organisiere alle Sitzungen mit einer Einladungsfrist von ca. vier Wochen selbst, drucke alle Unterlagen, wie Teilnahmeliste und -bescheinigungen aus und miete einen großen Raum möglichst mit Tischen an. Zu allen Sitzungen muss ein Protokoll erstellt und bei der KVH eingereicht werden, die die Qualität prüft. Die KVH unterstützt auch bei formalen Fragestellungen – alle Ansprechpartner dort sind freundlich und kompetent.

Wie läuft eine QZ-Sitzung bei Ihnen ab?

Buchalik: Zunächst gibt es ein Facharztreferat zu relevanten Themen für die Hausarztpraxis – z. B. Dyspnoe bei Herzinsuffizienz, Asthma und COPD (chronic obstructive pulmonary disease) oder Pharmakotherapie. Nach dem Vortrag findet ein Austausch der Kollegen miteinander und mit den Facharztkollegen zu Beispielfällen statt. Im Mittelpunkt aller Diskussionen steht aber immer der Patient, wenn z. B. darüber gesprochen wird, welche Therapieentscheidung sinnvoll ist oder wie die Lebensqualität verbessert werden kann. Statt sich also alleine auf häufig aktualisierungsbedürftige Leitlinien zu stützen, entstehen so gemeinsam oft bessere Ansätze. Die Sitzungen dauern 1,5 Stunden – nach einem anstrengenden Praxistag und bei anspruchsvollen Fachthemen erfordert die Teilnahme an den QZ eine hohe Motivation und Disziplin. Trotzdem wurde ich von der KVH inzwischen gebeten, zwei QZ-Sitzungen nacheinander anzubieten, da die Nachfrage so groß ist.

Wie verbessern QZ die Patientensicherheit?

Buchalik: Wichtig für die Patientensicherheit ist beim Arztberuf immer der neueste Stand der medizinischen Erkenntnis und dass man sich in seinen Entscheidungen daran orientiert, aber auch, dass man engagiert und selbstkritisch bei seiner Arbeit ist. Dazu trägt die QZ-Arbeit entscheidend bei.

Welche Vorteile hat die QZ-Arbeit aus Ihrer Sicht?

Buchalik: Durch die Vorträge erfahrener Hausärzte und Gebietsärzte werden die QZ-Teilnehmer auf dem neuesten Stand fortgebildet. Es ist sehr wichtig, dass sich Fachärztinnen und Fachärzte für Allgemeinmedizin schlau machen, da sie mit einem breiten Spektrum von Themen und Fragestellungen in der Praxis konfrontiert sind. Die QZ dienen somit immer auch dazu, neueste wissenschaftliche Erkenntnisse an die breite Basis zu bringen. Gleichzeitig wird durch den gemeinsamen Austausch auch die kollegiale Zusammenarbeit der Hausärztinnen und Hausärzte untereinander und mit den Gebietsärzten gefördert. Fachärztinnen und Fachärzte für Allgemeinmedizin sind meist kollegial im Umgang und gewohnt, Probleme in der Behandlung zu besprechen. So empfinde ich die Arbeit in meinem QZ als gut, denn sie läuft offen, höflich, aber kritisch ab und bringt die Teilnehmer und mich fachlich weiter. Die gemeinsame Diskussion eröffnet immer wieder neue Aspekte und erweitert so das eigene Spektrum. Alle lernen aus dem Vortrag und dem Input der Kollegenschaft. Außerdem haben selbstorganisierte Fortbildungen, die ohne ein Sponsoring stattfinden können, einen großen Wert für die Ärzteschaft.

Was konnte durch die QZ-Arbeit im Lauf der Zeit verändert werden?

Buchalik: Regional hat sich die Zusammenarbeit zwischen Praxen und Kliniken sehr verbessert. Der Austausch ist kollegialer geworden. Die Allgemeinmediziner sind inzwischen sehr viel besser untereinander und mit den Gebietsärzten (stationär wie ambulant) vernetzt. Das gegenseitige Kennenlernen hat viele Hürden in der Zusammenarbeit abgebaut. Wenn man sich aus dem QZ kennt, können z. B. Praxisvertretungen viel leichter organisiert werden. Viele Schwellenproblematiken konnten gelöst werden. Dies führt zu einem viel besseren Informationsfluss bei Patientenüber- und -einweisungen, z. B. beim Austausch von Vorbefunden. QZ führen insgesamt zu einer Stärkung des Wir-Gefühls in der Ärzteschaft. Wahrscheinlich wird es zukünftig immer mehr QZ geben, da nach meiner Erfahrung jüngere Kollegen oft froh sind zu lernen und noch stärker im Teamwork beheimatet sind.

Was raten Sie Kollegen, die einen QZ gründen wollen?

Buchalik: Zuerst sollten sie sich bei der KVH über alle Voraussetzungen informieren und dann möglichst schnell das Moderatorentraining absolvieren, da es hierfür nicht so viele Termine gibt. Eventuell sollten sie in der Zwischenzeit selbst einen QZ bei einem erfahrenen Kollegen besuchen, da die Moderation aufgrund der fachlich-inhaltlichen Themen oder bei einer höheren Teilnehmeranzahl recht anspruchsvoll sein kann. Außerdem ist ein eigener Stil wichtig bei der QZ-Arbeit. Ich selbst pflege einen persönlich-lockeren Umgang mit meinen Kollegen, um eine gute Atmosphäre herzustellen. Oft merke ich aber, dass die QZ-Teilnehmer große Freude an ihrem Beruf haben und ohnehin gerne zu den Sitzungen kommen.

Interview: Katrin Israel-Laubinger, Silke Nahlinger, Nina Walter

Qualitätszirkelarbeit in Hessen

Qualitätszirkel (QZ) sind ein Qualitätssicherungsinstrument in der vertragsärztlichen Versorgung. Ärzte und Psychotherapeuten gründen dabei eigeninitiativ Arbeitskreise und besprechen Behandlungen unter Zuhilfenahme der Leitlinien. QZ dürfen nur von qualifizierten Moderatoren geleitet werden. Mindestens sind fünf, maximal 20, in Ausnahmefällen bis zu 30 Teilnehmer für die Sitzungen vorgesehen. Die Inhalte „sind unabhängig von kommerziellen oder werbenden Interessen Dritter“ [2].

Die QZ können zertifiziert werden und die Teilnehmer somit Fortbildungspunkte erhalten. Pro Jahr sollen mindestens vier Sitzungen stattfinden, die protokolliert werden müssen – das Protokoll wird der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) vorgelegt. Aktuell sind aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie auch Onlinesitzungen möglich. Die KVH unterstützt die QZ-Arbeit mit verschiedenen Angeboten, zu denen zum Beispiel die Moderatorenausbildung gehört. Auch bei der Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung der Landesärztekammer Hessen kann die Moderatorenqualifikation für QZ erworben werden – als separates Angebot oder in der Kursweiterbildung „Ärztliches Qualitätsmanagement“ nach dem (Muster-) Kursbuch der Bundesärztekammer. Für neue QZ muss bei der KVH ein Anerkennungsantrag gestellt werden. Informationen und Ansprechpartner im Internet: www.kvhessen.de/qualitaetszirkel/ und im Veranstaltungskalender der Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung unter dem Stichwort „Qualitätsmanagement (Kurzlink: https://tinyurl.com/wmhs7tu8) [2, 3]. (QS)

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