Was wäre ich in den vergangenen anderthalb Jahren ohne meine Medizinischen Fachangestellten gewesen? Das mag ich mir gar nicht ausmalen, denn meine Mitarbeiterinnen sind schon in normalen Zeiten unverzichtbar. In der Coronapandemie, die leider noch immer nicht vorbei ist, haben sie sich selbst übertroffen und das Management meiner hausärztlichen Praxis auf die neuen Gegebenheiten umgestellt: getrennte Wege für Patienten mit Verdacht auf eine Infektion, Entnahme der Testproben, Organisation der Impfungen mit unzähligen Telefonaten und nebenbei die Aufrechterhaltung des ganz normalen Praxisbetriebs. Diese Erfahrung teile ich mit vielen anderen Praxisinhabern.

„Falls Sie noch nicht selbst ausbilden, scheuen Sie sich nicht davor. Die Ärztekammer berät Ärztinnen und Ärzte sowie Auszubildende.“

Nun hat ja auch die Politik erkannt, dass die niedergelassenen Praxen und damit natürlich auch deren Personal für die Versorgung der Covid-19-Patienten unverzichtbar waren und sind. Leider hat diese Anerkennung und Wertschätzung – anders als in der stationären Pflege – keinen Ausdruck in Form einer Coronaprämie gefunden. Die Ärzteschaft hatte sich dafür immer wieder, aber leider vergeblich bemüht.

Auch die jüngsten Verhandlungsergebnisse für den Orientierungswert 2022 für den Einheitlichen Bewertungsmaßstab sind diesbezüglich als problematisch anzusehen, denn gemäß den geltenden gesetzlichen Vorgaben zu dessen Anpassung wird nur die Investitions- und Betriebskostenentwicklung der Praxen von 2020 im Vergleich zu 2019 betrachtet. Damit wird der seit 1. Januar 2021 geltende neue Tarifvertrag für die Medizinischen Fachangestellten nicht berücksichtigt. Es handelt sich wohlgemerkt, und für die Medizinischen Fachangestellten sehr erfreulich, nicht um einen Pappenstiel. Zum 1. Januar stiegen die Gehälter nämlich um 6 %, zum 1. Januar 2022 folgen weitere 3 % und zum 1. Januar 2023 schließlich 2,6 %.

Mit dem neuen Vertrag soll nicht nur die Vergütung unserer wichtigen Fachkräfte verbessert werden, sondern auch deren Abwanderung in die Kliniken gestoppt werden. Denn auch die Kliniken haben längst die Qualitäten der von uns gut ausgebildeten Medizinischen Fachangestellten erkannt und übertragen ihnen vielfältige Aufgaben.

Eine dieser Aufgaben besteht leider auch nicht selten in der Rolle des Prellbocks. Immer wieder laden Patientinnen und Patienten ihre Wut und ihre Aggression am Empfangstresen einer Arztpraxis ab. In den vergangenen Monaten erfolgte das – nicht unerwartet – noch häufiger als in den Vorjahren. Ich war daher immer wieder dankbar und beeindruckt, wenn ich sah und hörte, wie höflich, aber auch manchmal notwendigerweise energisch Patienten erläutert wurde, dass sie nicht zu einer Priorisierungsgruppe für die Coronaimpfung gehören. Das ist jetzt zum Glück passé. Inzwischen werden meine Patientinnen und Patienten immer wieder auf die Möglichkeit, sich impfen zu lassen, aufmerksam gemacht.

Ich freue mich sehr, dass das Interesse junger Menschen an einer Ausbildung zur/zum Medizinischen Fachangestellten weiterhin sehr groß ist. Nach einem vorübergehenden „Corona-Einbruch“ im Jahr 2020 (1.029 abgeschlossene Berufsausbildungsverträge zum 31.12.2020 gegenüber 1.150 zum 31.12.2019), der allerdings ohnehin nur geringfügig unter dem langjährigen Durchschnitt lag, liegt die Zahl der Ausbildungsverträge für dieses Jahr sogar schon höher als 2019. Das ist eine sehr gute Nachricht, denn qualifizierter Nachwuchs wird dringend benötigt. Medizinische Fachangestellte unterstützen Ärztinnen und Ärzte bei komplexen und sich verändernden Versorgungsaufgaben und entlasten diese, indem sie delegierte Aufgaben in Praxen und bei Hausbesuchen übernehmen.

Falls Sie noch nicht selbst ausbilden, scheuen Sie sich nicht davor. Die Landesärztekammer Hessen ist nach dem Berufsbildungsgesetz die zuständige Stelle für den staatlich anerkannten Ausbildungsberuf und steht Ärztinnen, Ärzten und künftigen Medizinischen Fachangestellten zur Seite. Die Ärztekammer berät Ärztinnen und Ärzte sowie Auszubildende in Ausbildungsfragen, überwacht die Durchführung der Ausbildung und führt Prüfungen durch.

Monika Buchalik, Vizepräsidentin der Landesärztekammer Hessen