Auch in der vorliegenden Ausgabe des Hessischen Ärzteblatts finden Sie wieder Beiträge, die sich mit der unverändert aktuellen Coronapandemie beschäftigen und deren Lektüre ich Ihnen gerne nahelegen möchte. Die Autoren Gottschalk und Heudorf sind international anerkannte Fachärzte für öffentliches Gesundheitswesen und verfügen über umfangreiche Erfahrungen mit Infektionskrankheiten, unter anderem auch bei der Eindämmung der Ebola-Epidemie in Westafrika. Beide plädieren für die Erweiterung der bisherigen Strategie, die sich primär auf die Verhinderung aller und damit auch asymptomatischer Infektionen fokussiert. Bislang kommen die auch im nationalen Pandemieplan vorgesehenen Strategien, vulnerable Gruppen zu schützen und die Folgen einer Pandemie zu mindern, deutlich zu kurz. Gleiches gilt auch für das Prinzip, Prävention vor Diagnostik zu stellen. Statt ungezielter Massentests sollte das Augenmerk viel mehr auf die Einhaltung der nun hinlänglich bekannten AHA-Regel liegen. Denn eines ist trotz der Hoffnung auf die Verfügbarkeit eines wirksamen Impfstoffes in wenigen Monaten klar. Wir werden mit SARS-CoV-2 leben müssen. Milliarden Menschen lassen sich nun einmal nicht in einem Vierteljahr durchimpfen.

Ich bin sehr gespannt, welche Empfehlungen die Ständige Impfkommission (STIKO) bezüglich der Reihenfolgen der zu impfenden Bevölkerungsgruppen geben wird, sobald eine Vakzine zur Verfügung steht. Schließlich ist die Beantwortung der Frage, wie der maximale Nutzen der Impfung erreicht werden kann, alles andere als banal. Zu berücksichtigen sind unter anderem das alters-, aber auch das berufsspezifische Infektionsrisiko, das Risiko für schwere Erkrankungen, der alters- und risikogruppenspezifisch erreichbare Impfschutz, die Qualität des Impfschutzes (zum Beispiel hinsichtlich der Verhinderung der SARS-CoV-2-Infektion oder schwerer Krankheitsverläufe sowie der Anzahl notwendiger Impfdosen). Und nicht zuletzt spielt auch die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems eine Rolle. Zwar hat das Wissen über das Virus in beeindruckender Geschwindigkeit zugenommen, doch das Wissen über die in Frage kommenden Impfstoffe ist naturgemäß noch sehr gering.

Daneben müssen nicht nur die Fachkreise, sondern auch die breite Bevölkerung adäquat aufgeklärt und informiert werden. Gerade beim Thema Kommunikation hat sich in jüngerer Zeit ein erschreckendes Manko gezeigt. Gut gemeint ist eben leider noch nicht gut gemacht. Ich hoffe sehr, dass nicht nur Wissenschaftler ständig neue Erkenntnisse gewinnen, sondern dass dies auch für die Entscheidungsträger in Politik und Gesellschaft gilt. Die Bundesärztekammer fordert unter anderem, dass im Infektionsschutzgesetz für den Fall von Epidemien und Pandemien feste Krisenstäbe mit klar definierten Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten unter Einbindung der Bundesärztekammer und der Landesärztekammern angelegt werden sollten. Deren Arbeit sollte meines Erachtens durch entsprechende Kommunikationsstäbe begleitet und unterstützt werden.

Wir sind zur Mitarbeit bereit und haben dies auf Landesebene bereits unter Beweis gestellt.

Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident