Rowohlt 2019, Deutsche Erstausgabe. Aus dem Englischen von Hainer Kober. 288 Seiten, ISBN 9783498064426, Hardcover € 24, auch als E-Book

Der Autor braucht nicht mehr vorgestellt zu werden – der Neurologe Oliver Sacks (1943–2015) wurde durch die Publikation seiner Fallgeschichten weltberühmt. Nach seinen Büchern wurden mehrere Filme gedreht, darunter „Zeit des Erwachens“ (Awakenings, 1973) mit Robin Williams und Robert de Niro. Diese Sammlung an Kurzgeschichten aus seinem umfangreichen Nachlass überblickt die Lebenszeit des Autors von Jugend an bis zu seinen letzten Tagen. Kurz nach seinem Tod am 30. August 2015 publizierte The New Yorker in seinem Angedenken „Filter Fish“. Im Buch ist dies die vorletzte Geschichte über die Zubereitung von „Gefilter Fisch“, eines hauptsächlich am jüdischen Sabbat verzehrten Gerichts. Beispielhaft zeigt sich hier die verdichtete Sprache, mit der Sacks mit wenigen Worten und höchster Empathie die Charaktere unterschiedlichster Menschen lebendig werden lässt und die Eigentümlichkeiten des Lebens. Versöhnlich klingt darin auch sein Wissen um das nahende Ende seines irdischen Lebens an. Frei zugänglich auf der Website www.newyorker.com/magazine/2015/09/14/filter-fish/ ist seine starke literarische Stimme im englischen Original natürlich noch um Welten besser zu genießen als in der gelungenen Übersetzung von Hainer Kober. Sacks schreibt über Depressionen und Psychosen, über das Tourette-Syndrom und Demenzerkrankungen, Träume und Halluzinationen. Zum Lachen verführt seine mit Selbstironie und Komik gespickte Geschichte „Erste Liebe“. Es geht um seine Dreier-Clique in Teenager-Zeiten, die Schule und die Entdeckung seiner Liebe zur Chemie und den Naturwissenschaften – alles endet jedoch in einem Desaster aus explodierenden Tintenfisch-Kadavern in Einmachgläsern, einem zusätzlich zur Übertünchung des Gestanks mit Kokosnuss-Essenz getränkten Keller sowie einem daraufhin für mehrere Monate unbewohnbaren Ferienhaus in Kent.

Sacks ist in London geboren und wurde 2008 von Königin Elizabeth II. zum Commander of the Order of the British Empire ernannt. Nach seinem Studium der Medizin in Oxford absolvierte er seine Assistenzzeit u. a. am Mt. Zion Hospital in San Francisco und arbeitete danach 50 Jahre als Neurologe an unterschiedlichen Einrichtungen für chronisch Kranke in New York City. Noch mehr Episoden aus seinem reichen Leben, das jedoch auch lange emotionale Dürrezeiten kannte, sammeln seine Erinnerungen „On the move – Mein Leben“ (Rowohlt 2015, auch als Taschenbuch).