Kennen Sie den Backfire-Effekt? Laut Wikipedia wird damit in der Politikwissenschaft das Phänomen bezeichnet, dass neue Fakten, die den eigenen politischen Ansichten widersprechen, diese noch mehr verfestigen können. In Untersuchungen kamen die Politikwissenschaftler Brendan Nyhan und Jason Reifler zu dem Ergebnis, dass die Konfrontation mit Fakten und Argumenten bei Menschen, die einer politischen Ideologie anhängen, nicht selten zum Gegenteil des Angestrebten führt. Eine faktenbasierte Argumentation wird daher bei Fundamentalisten oftmals keine Meinungsänderung bewirken. Das gilt nicht nur in der Politik, sondern auch bei anderen Themen und Lebensbereichen.

Hier denke ich an Impfgegner, die beispielsweise nicht müde werden, das Märchen zu erzählen, dass eine Masernimpfung Autismus auslösen kann. Das im November vom Bundestag verabschiedete Masernschutzgesetz begrüße ich daher ausdrücklich. Eine bundesweite Masern-Impfpflicht ist sinnvoll. Die Freiheit des Individuums endet dort, wo die Freiheit bzw. die Gesundheit anderer gefährdet werden. Wie erfolgreich verpflichtende Maßnahmen sein können, zeigt das Beispiel der Pocken, die 1980 für ausgerottet erklärt wurden. Von 1949 bis Ende 1975 gab es in Deutschland eine allgemeine Impfpflicht gegen Pocken.

Eine vollständige Durchimpfungsrate der Bevölkerung lässt sich mit der Impfpflicht für Kinder allein allerdings nicht erreichen. Leider belegen die Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI), dass in etwa der Hälfte der Fälle Erwachsene erkranken, weil sie schlichtweg nicht oder ungenügend geschützt sind und dadurch selbst eine Gefahr für ungeimpfte Kinder in ihrer Nähe darstellen. Daher müssen auch Erwachsene immer wieder aufgefordert werden, ihren Impfstatus zu überprüfen. Hier könnten vom Bundesgesundheitsministerium vorangetriebene, breit angelegte Aufklärungskampagnen wirksam sein, denn nicht jeder Ungeimpfte ist ein Fundamentalist, sondern wahrscheinlich einfach nur nachlässig. Nachlässigkeit verschont auch den ärztlichen Berufsstand nicht. Auch bei uns könnten die Impfquoten besser sein. Deshalb bitte ich Sie: Überprüfen Sie Ihren eigenen Impfstatus und seien Sie ein Vorbild. Dies gilt nicht nur für die Masern- und die alljährliche Grippeimpfung, sondern auch für die anderen für Erwachsene empfohlenen Impfungen.

Bei der Verabschiedung der neuen Weiterbildungsordnung 2020 gab es zum Glück keinen Backfire-Effekt. Die Delegierten der Landesärztekammer haben am 23. November mit großer Disziplin und Ernsthaftigkeit über die neue Weiterbildungsordnung diskutiert und abgestimmt. Dafür gilt mein Dank nicht nur den Delegierten, sondern auch dem Weiterbildungsausschuss der Landesärztekammer und den hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Vieler Hände fleißige Arbeit war dazu nötig und wird es auch weiterhin sein, denn der Verabschiedung folgen noch viele weitere, umfangreiche Arbeiten.

Sicher wird es Ihnen, ob in der Praxis oder im Krankenhaus, im neuen Jahr ebenfalls nicht langweilig, denn Langeweile gibt es in unserem Beruf so gut wie nie. Ich wünsche Ihnen für das neue Jahr 2020 viel Freude im Beruf, Glück und Gesundheit und dazu ein Quäntchen Gelassenheit.

Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident

Einen guten Rutsch in das neue Jahr wünscht Ihnen Ihr