Zwanzig Jahre lang prägte Dr. med. Ingrid Hasselblatt-Diedrich die Bad Nauheimer Gespräche

Leidenschaftliche Ärztin, Berufspolitikerin, Vorbild und Wegbereiterin für Frauen in der Medizin: Die Chirurgin Dr. med. Ingrid Hasselblatt-Diedrich, die am 17. August dieses Jahres ihr 80. Lebensjahr vollendet hat, gehört zu den wenigen Ärztinnen ihrer Generation, die sowohl in ihrem Beruf Karriere gemacht als sich auch in ärztlichen Verbänden und Körperschaften engagiert haben. Dr. Hasselblatt-Diedrich war Chefärztin der Chirurgie eines Frankfurter Krankenhauses, sie gehörte dem Präsidium der Landesärztekammer Hessen an, war Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer und im Bundesvorstand des Hartmannbundes aktiv.

Mit ihrer Kompetenz und ihrem Temperament prägte sie außerdem zwanzig Jahre lang – von 2000 bis 2020 – als Schriftführerin die von ihr organisierten und moderierten Bad Nauheimer Gespräche (BNG). Jede Veranstaltung war besonders; es machte Freude, ihren kenntnisreichen Einführungen in die unterschiedlichen Themen zu folgen. Die breite Palette reichte von Ärztemangel, Bürokratie, Digitalisierung oder Hospiz- und Palliativversorgung über therapeutisches Klonen, Neonatologie und Ethikberatung bis zu Armut und Krankheit, gesunde Ernährung oder kulturellen Fragestellungen. In diesem Jahr übergab die Ärztin die Organisation der Veranstaltungsreihe an ihre Nachfolgerin Prof. Dr. med. Ursel Heudorf. Der Vorstandsvorsitzende der Bad Nauheimer Gespräche und ehemalige Präsident der Landesärztekammer Hessen, Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach, dankte Hasselblatt-Diedrich für ihren großartigen Einsatz (wir berichteten im HÄBL 4/2020).

Für ihr ehrenamtliches Engagement vielfach ausgezeichnet: Dr. med. Ingrid Hasselblatt-Diedrich

Karriereplanung für Frauen

Begeisterung für das eigene Fach, klare Vorstellungen von der eigenen Karriere und Mut: Das hatte Hasselblatt-Diedrich 2016 bei einem Runden Tisch der Landesärztekammer mit dem Titel „Wie gelingt weibliche Karriere in der Medizin?“ jüngeren Kolleginnen empfohlen. Eine Eigenschaft könnten sich Ärztinnen von ihren männlichen Kollegen abschauen: Selbstbewusstsein. „Gerade Frauen sollten von Anfang an Chancen vom Arbeitgeber oder Weiterbilder einfordern“, so Hasselblatt-Diedrich, die sich u. a. im Deutschen Ärztinnenbund für die Verbesserung der Berufsbedingungen und Aufstiegschancen von Frauen im Arztberuf einsetzte.

Ingrid Hasselblatt-Diedrich wurde am 17.08.1940 in Frankfurt am Main geboren. Ihr Medizinstudium in Frankfurt und München schloss sie 1968 mit ihrer Dissertation ab. Nach der Weiterbildung zur Fachärztin für Chirurgie wurde sie Oberärztin im Bürgerhospital Frankfurt und übernahm 1987 als eine der wenigen Chefärztinnen für Allgemeinchirurgie in der Bundesrepublik Deutschland, im Chefarzt-Teamsystem mit Dr. med. Michailo Kraković, die Leitung der Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses Sachsenhausen in Frankfurt bis zu ihrem Ruhestand im Jahr 2001.

Vielseitiges berufspolitisches Engagement

Beeindruckend war auch das berufspolitische Engagement der vielseitigen Frankfurterin:

Von 1980 bis 2000 gehörte Hasselblatt-Diedrich dem Präsidium der Landesärztekammer Hessen an. Auf Bundesebene war sie von 1991 bis 1995 Mitglied des Vorstandes der Bundesärztekammer und 16 Jahre lang Mitglied des Vorstandes der Akademie der Fachärzte der Bundesärztekammer. Von 1976 bis 2000 nahm sie als gewählte Delegierte für Hessen an den Deutschen Ärztetagen teil. Darüber hinaus engagierte sich Hasselblatt-Diedrich in verschiedenen Berufsverbänden; von 1988 bis 2005 war sie Vorsitzende des Landesverbandes Hessen des Hartmannbundes und 16 Jahre lang, bis 1997, stellvertretende Bundesvorsitzende.

Hohe Auszeichnungen

Auf regionaler und überregionaler Ebene war die Frankfurter Chirurgin in der Fortbildung aktiv und leitete zehn Jahre lang die Krebsnachsorge-Kongresse in Bad Neuenahr. Über 20 Jahre lang vertrat sie die Landesärztekammer Hessen im Vorstand der Hessischen Krebsgesellschaft.

Für ihr herausragendes ärztliches und berufspolitisches Engagement wurde sie vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, dem Hessischen Verdienstorden, der Ernst von Bergmann-Plakette der Bundesärztekammer, der Ehrenplakette der Landesärztekammer Hessen in Gold und mit der Paracelsus-Medaille der Deutschen Ärzteschaft.

Katja Möhrle