Mehr Menschlichkeit statt Durchökonomisierung Positionspapier der Gesundheitsberufe für ein patientengerechtes Gesundheitswesen

Pressemitteilung

Pressemitteilung des "Bündnis Gesundheit 2000"

Gesundheitsberufe für mehr Menschlichkeit statt Durchökonomisierung
Politiker sollen "in ihrem Aktionismus inne halten"

(Berlin, 12.09.2002) Die im "Bündnis Gesundheit 2000 " zusammengeschlossenen Verbände und Organisationen der 4,2 Millionen Beschäftigten im Gesundheitswesen haben sich heute in Berlin für einen Richtungswechsel in der Gesundheitspolitik ausgesprochen. "Wenn eine gute Gesundheitsversorgung erhalten bleiben soll, dann brauchen wir Veränderungen der wirtschaftlichen und beruflichen Rahmen-bedingungen, die wieder Zuwendung möglich machen, wo Zuteilung droht ", fordern die Gesundheitsberufe in einem "Positionspapier für ein patientengerechtes Gesundheitswesen ". Das Bündnis plädiert darin für mehr Menschlichkeit statt Durchökonomisierung und eine zukunftsweisende Debatte über die Finanzierung des Fortschritts im Gesundheitswesen.

In Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und ambulanten Praxen herrsche Zeitdruck und Hektik, so Sabine Rothe, Präsidentin des Berufsverbandes der Arzt- und Zahnarzthelferinnen, bei der Vorstellung des Positionspapiers. "Die tägliche Konfrontation mit unausweichlichem Leid, fehlende Anerkennung durch die Gesellschaft und dazu die körperliche Belastung zeigen bei überdurchschnittlich vielen Beschäftigten im Gesundheitswesen Symptome des Burnout-Syndroms. " Ohne die Millionen unbezahlter Leistungen und Überstunden gäbe es kein hochwertiges Gesundheitswesen mehr in Deutschland. "Das müssen und das können wir ändern. Nur mit uns gemeinsam, und nicht hinter verschlossenen Türen, kann die Gesundheitspolitik zum Wohle der Patienten gestaltet werden ",
sagte Rothe.

Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe vermisst in den Wahlprogrammen der Parteien konkrete Aussagen zur dauerhaften Finanzierung des Gesundheitswesens, vor allem zur Beendigung der "Verschiebebahnhofpolitik " zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. "Wir sprechen hier nicht von "Peanuts". Etwa 30 Milliarden Euro sind den Krankenkassen in den letzten acht Jahren verloren gegangen, um andere Bereiche wie die Renten- und Arbeitslosenversicherung zu entlasten und den Bundeshaushalt zu schonen. Die ohnehin schon dramatische Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen wird durch solche Manöver noch weiter verschärft und eine Defizitentwicklung offenkundig bewusst in Kauf genommen ", sagte Hoppe.

Die Vertreterin der Pflegeberufe, Gertrud Stöcker, kritisierte, dass den Bürgern vorgegaukelt werde, mit den begrenzten Ressourcen müsse nur "sorgsamer ", " wirtschaftlicher " oder "effizienter" umgegangen werden. Damit würden die wahren Verhältnisse verschleiert: "Das Gesundheitswesen droht aus den Fugen zugeraten. Dies liegt vor allem daran, dass die Politik die zunehmenden Anforderungen an die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems zum großen Teil ignoriert und nach wie vor zu wenig in diesen volkswirtschaftlich höchst bedeutsamen Bereich investiert wird", so Stöcker.

Mehr Engagement ist auch im Bereich Prävention notwendig. Viele Erkrankungen könnten vermieden oder frühzeitig erkannt werden, wenn die Bereitschaft zu Eigenverantwortung, Prävention und Individualvorsorge noch größer wäre, so Ute Repschläger als Vertreterin der Heilmittelerbringer. "Wer hier spart, spart am falschen Ende. Gesundheitsförderung und Prävention sind wichtige Voraussetzungen einer umfassenden Gesundheitsversorgung, müssen aber unbedingt professionell durchgeführt werden und wissenschaftlich nachprüfbaren Kriterien genügen. Marketingmaßnahmen zur Mitgliederwerbung, wie es sie früher schon einmal gab, lehnen wir ab", betonte Repschläger.

Weitere Infos finden Sie auch im Internet auf der Website der Bundesärztekammer.

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Mehr Menschlichkeit statt Durchökonomisierung
Positionspapier der Gesundheitsberufe für ein patientengerechtes Gesundheitswesen
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Krankenversicherungsfremde Leistungen im engeren Sinne (Angaben für das Jahr 2000)

Art der Leistung (nach SGB V) und Ausgaben (gerundet)

- Ambulante und stationäre Kuren (§ 23): 0,9 Mrd. Euro
- Mütterkuren (§ 24 und § 41): 0,4 Mrd. Euro
- Empfängnisverhütung sowie Schwangerschaftsabbruch und Sterilisation außer bei medizinischer Indikation (§ 24 a+b): 0,2 Mrd. Euro
- Künstliche Befruchtung (§ 27a): -
- Hauswirtschaftliche Vesorgung: (§ 37): 0,3 Mrd. Euro
- Haushaltshilfe (§ 38): 0,3 Mrd. Euro
- Krankengeld bei Erkrankung des Kindes (§ 45): 0,1 Mrd. Euro
- Sterbegeld (§ 58): 0,8 Mrd. Euro
- Zusammen: 3 Mrd. Euro

Quelle: Fritz Beske Institut für Gesundheits-System-Forschung Kiel, 2002

Verschiebebahnhöfe zu Lasten der GKV

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Gesetzesgrundlage und plausible finanzielle Belastung der gesetzlichen Krankenversicherung [Mrd. €] 1995-2003
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