"Es fehlt der Mut zu einer wirklichen Gesundheitsreform"

Pressemitteilung

Ärztekammerpräsident von Knoblauch zu Hatzbach fordert grundsätzliche Neuorientierung

"Die Hoffnungen, dass sich die amtierende Bundesregierung mit der soeben verabschiedeten "Gesundheitsreform" endlich zu einem großen Wurf durchringen würde, haben sich nicht erfüllt": Das erklärte Ärztekammerpräsident Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach am vergangenen Samstag auf der Delegiertenversammlung der Landesärztekammer Hessen in Bad Nauheim in seinem Bericht zur Lage. "Es fehlt hierzulande offenbar der Mut zu einer wirklichen Reform."

Angesichts der demografischen Entwicklung sehe sich das deutsche Gesundheitswesen vor große finanzielle und personelle Herausforderungen gestellt. Das Modell der gesetzlichen Krankenversicherung in seiner bisherigen Form tue sich schwer, die Versorgung einer älter werdenden Gesellschaft auch künftig im notwendigen Umfang zu ermöglichen. Auch wenn in dem neuen GKV-Finanzierungsgesetz zaghafte Ansätze für den Einstieg in ein neues Finanzierungssystem enthalten seien, reichten diese nicht aus, um die Finanzierung des Gesundheitssystem langfristig zu sichern. Das Grundproblem einer bedarfsgerechten Balance zwischen maximal möglicher medizinischer und volkswirtschaftlich finanzierbarer Versorgung bleibe ungelöst.

"Natürlich müssen alle Beteiligte ihren Beitrag leisten, um Kosten zu sparen", unterstrich von Knoblauch zu Hatzbach. So hätten sich Ärztinnen und Ärzte im niedergelassenen Bereich nach jahrelangem Einkommensstillstand in diesem Jahr mit bescheidenen Honorarerhöhungen zufrieden geben müssen. Für Krankenhäuser und Klinikärztinnen und -ärzte stellten die Preisdeckelung der Krankenhäuser und der Vergütungsabschlag für vereinbarte Mehrleistungen allerdings eine besonders bittere Medizin dar.

Der Präsident der hessischen Landesärztekammer begrüßte grundsätzlich, dass die Pharma-Industrie in die Spar-Pflicht mit einbezogen werde. "Doch auf das Wie kommt es an!", schränkte von Knoblauch zu Hatzbach ein. So sei die geplante Nutzenbewertung zur Festlegung von Medikamentenpreisen zwar richtig. Sie mache jedoch keinen Sinn, wenn ausschließlich die Hersteller selbst die dafür nötigen Daten zur Verfügung stellen sollen: "In diesem Fall können sich Ärztinnen und Ärzte nicht mehr sicher sein, dass die Nutzenbewertung eines Medikaments auf objektiven Kriterien beruht," so von Knoblauch zu Hatzbach weiter. Einmalig sei auch, dass künftig unter Ausschluss der ärztlichen Therapieverantwortung Verträge geschlossen werden sollen. Damit drohe die Übernahme der Verantwortung für diagnostisches und therapeutisches Handeln durch die Industrie. "Wir Ärztinnen und Ärzte lehnen diese entschieden ab, denn Diagnose und Therapie gehören ausschließlich zur ärztlichen Kompetenz."

"Eine gute Patientenversorgung hat Vorrang vor ökonomischen Gesichtspunkten. Im Mittelpunkt einer Gesundheitsreform, die ihren Namen zu Recht trägt, muss der Patient und die Notwendigkeit einer qualitativ hochwertigen ärztlichen Versorgung stehen", forderte von Knoblauch zu Hatzbach. Dies bedeute auch, dass die Rahmenbedingungen für die Beschäftigten im Gesundheitswesen endlich verbessert werden müssten. "Nach der Reform ist vor der Reform:" Erst wenn der Gesetzgeber diese Forderungen umsetze und das Gesundheitswesen dauerhaft auf eine sichere finanzielle Basis gestellt werde, könne von einer wirklichen Reform gesprochen werden. "Das aktuelle GKV-Finanzierungsgesetz ist bestenfalls ein Reförmchen auf dem Weg dahin", erklärte von Knoblauch zu Hatzbach. Insgesamt handele es sich eher um ein unfertiges Produkt parteipolitischen Taktierens in der Koalition - als den angekündigten großen Wurf einer grundlegenden Neuorientierung.