Üblicherweise überbieten sich Zeitschriften, Magazine und Fernsehsendungen in den letzten Wochen eines Jahres mit mehr oder minder informativen und unterhaltsamen Rückblicken auf die vergangenen Monate. Das könnten wir – so der Gedanke der Redaktionskonferenz des Hessischen Ärzteblatts – doch auch einmal wagen. Denn in der Tat sind wir angesichts eines sehr schnelllebigen Umfelds und einer schier unübersehbaren Flut von Nachrichten nicht selten geneigt, den Überblick über die eigene Arbeit und deren Fortschritte zu verlieren. Das gilt natürlich auch für Arbeit Ihrer Landesärztekammer. Deshalb hat die Redaktion ein Gespräch mit mir geführt, in dem ich die wichtigsten Punkte aus meiner Sicht dargelegt habe. Natürlich darf es nicht bei einem Rückblick bleiben, denn vor allem wollen wir ja die Zukunft aktiv gestalten, und so wird es selbstredend auch einen Ausblick auf das vor uns liegende Jahr geben. Und das wird, da werden Sie sicher alle zustimmen, alles andere als langweilig werden. Das liegt nicht nur an den großen Gesetzesreformen, die noch vor uns liegen, sei es die Krankenhausreform oder die Reform der Notfallrettung, um nur einige zu nennen. An letzterer haben sich ja schon mehrere Regierungen probiert und sind doch nicht zum Abschluss gekommen. Hoffentlich gelingt es dieses Mal, auch wenn der Entwurf an einigen Punkten noch Verbesserungsbedarf aufweist. Hier kann man gewiss dem Struckschen Gesetz vertrauen, dass kein Gesetz den Bundestag so verlässt, wie es hineinkommt. Der Reformdruck lässt unnötige Verzögerungen jedoch nicht länger zu. Das gilt übrigens unverändert auch für die neue GOÄ.

Langeweile ist dem Wesen der Medizin ohnehin fremd. Hatte ich als Kind noch gedacht, dass die Wissenschaft nun doch alle Fragen beantwortet haben dürfte, so lernte ich als Medizinstudent schnell, dass jede Antwort eine Vielzahl neuer Fragen aufwirft und Forscherinnen und Forscher daher keinesfalls beschäftigungslos werden. Das ändert sich auch mit den beeindruckenden Fortschritten der Künstlichen Intelligenz keineswegs. Vielmehr drängen sich hier ebenfalls wichtige Fragen in den Vordergrund. Wissen wir, was sich im Inneren der KI-Anwendungen tut? Wie können wir das kontrollieren und zum menschlichen Wohl einsetzen, ohne dass es uns kontrolliert oder gar schadet? Ohne apokalyptische Ängste schüren zu wollen, sollten wir Warnungen vor einem Kontrollverlust, wie sie der renommierte KI-Forscher Yoshua Bengio ausspricht, ernst nehmen und entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen. Insbesondere sein Hinweis, dass KI auch als Werkzeug eingesetzt werden könne, um Menschen zu beeinflussen, muss Beachtung finden. Schon heute ist der oft schlechte Einfluss sozialer Medien wie TikTok & Co ein erhebliches Problem. Insbesondere Kinder und Jugendliche nehmen vieles für bare Münze, ohne zu erkennen, dass die angeblichen Informationen leider Fehlinformationen sind. KI könnte derartige Vorgänge noch verschärfen. Umgekehrt könnte die KI genutzt werden, um richtige und wichtige Informationen gezielt zu verbreiten, um beispielsweise die allgemeine Gesundheitskompetenz zu stärken. Wie so oft im Leben hat jedes Ding Licht- und Schattenseiten. Wir müssen alles daransetzen, die positiven Seiten aktiv für das Wohl der Menschen zu nutzen.

Gerade für die Medizin muss weiter gelten, dass der Mensch das Maß aller Dinge bleibt. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen und Ihrer Familie ein glückliches und gesundes neues Jahr 2026.

Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident