Laut Statistischem Bundesamt leben in Deutschland rund 61.000 Menschen (2019, www.destatis.de) ohne Krankenversicherungsschutz . Die Dunkelziffer ist weitaus höher, da bei der Erfassung ausschließlich diejenigen mit gesichertem Aufenthaltsstatus berücksichtigt werden. So geht man deutschlandweit eher von Hunderttausenden Nicht-Versicherten aus. Wer aber keine Krankenversicherung hat, kann nur bedingt ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen, denn Behandlungskosten müssen in diesem Fall selbst getragen werden. Stehen finanzielle Mittel nicht zur Verfügung, bleibt der Zugang zur medizinischen Versorgung oft verwehrt.

Diesem Umstand möchten sich die Medizinstudierenden der Studentischen Poliklinik (StuPoli) in Frankfurt am Main nicht beugen. „Der Zugang zur medizinischen Versorgung ist Grundrecht eines jeden Menschen. Die Realität bildet dies nicht ab. Wir bieten eben diesen Zugang niedrigschwellig und kostenfrei an“, so die Initiative. Unterstützt vom Frankfurter Gesundheitsamt, bietet die StuPoli Frankfurt bereits seit 2014 kostenfreie Sprechstunden für Nicht-Versicherte an – derzeit zweimal wöchentlich für jeweils zwei Stunden. 2022 behandelte die StuPoli 233 Patientinnen und Patienten.

Vorbild: Student-Run Free Clinics

Das Konzept der StuPoli basiert auf dem US-amerikanischen Vorbild der Student-Run Free Clinics – Einrichtungen der Primärversorgung, die von Studierenden geführt und verwaltet werden. Ein Gewinn für alle Beteiligten: Einerseits schließen die künftigen Ärztinnen und Ärzte eine Lücke in der Gesundheitsversorgung, gleichzeitig können sie von den dort gemachten Erfahrungen profitieren. „Viele Studierende erhoffen sich, durch ihren Start in der StuPoli ihre klinisch-praktischen Fertigkeiten zu verbessern“, sagt Léon Lück, ein Student der StuPoli. Für Gespräche und Untersuchungen stehe viel Zeit zur Verfügung. Das werde nicht nur von den Studierenden, sondern auch von den Patientinnen und Patienten positiv aufgenommen.

Organisation der StuPoli Frankfurt

Die Klinik wird von den Studierenden selbstständig organisiert – von der Leitung der Klinikabläufe bis zum Anmeldungsmanagement. Zwei Untersuchungsteams widmen sich den Patientinnen und Patienten unter ärztlicher Begleitung. Ein Team setzt sich aus zwei Studierenden zusammen. Ein Junior (Studierende des ersten oder zweiten klinischen Semesters) und ein Senior (höhere klinische Semester) führen gemeinsam Anamnese, Untersuchungen und Diagnostik durch. Für die Besprechung des weiteren Vorgehens wird ein Arzt oder eine Ärztin hinzugezogen. Zusätzlich können sich Patientinnen und Patienten dienstags mit einer Sozialarbeiterin austauschen.

Die Frankfurter StuPoli ist als Wahlfach in den klinischen Abschnitt des Medizinstudiums integriert. Häufig geht das Engagement der Studierenden jedoch darüber hinaus. „Zahlreiche Kommilitonen und Kommilitoninnen der höheren Semester kommen zurück, um sich als Seniors ehrenamtlich zu engagieren“, so Léon Lück.

Fachärztliche Unterstützung willkommen

In der allgemeinmedizinischen Sprechstunde können nicht alle Krankheitsbilder behandelt werden. Häufig bedarf es fachärztlicher Behandlung. Aus diesem Grund arbeitet die StuPoli stetig an der Erweiterung ihres Netzwerks von Fachärztinnen und -ärzten, die bereit sind, diese Patientinnen und Patienten kostenfrei in ihrer Sprechstunde aufzunehmen.

Studentische Poliklinik Frankfurt, Zeil 5, 2. OG | 60313 Frankfurt am Main, E-Mail: studentischepoliklinik@gmail.com, Sprechzeiten: Dienstag 17–19 Uhr, Mittwoch  18–20 Uhr

Marissa Leister

Fallbeispiel: Engmaschige Therapie und Kontrolle

Herr K. (61), musste aufgrund einer lebensbedrohlichen Ketoazidose auf der Intensivstation behandelt werden. Zudem erkrankte er schwer an Covid-19, wodurch er im Verlauf seines Klinikaufenthaltes eine Niereninsuffizienz entwickelte und dialysepflichtig wurde. K. kam nach seinem dreimonatigen Klinikaufenthalt in die Sprechstunde der StuPoli zur ambulanten Weiterbehandlung, da er nicht krankenversichert war.

Bei uns erfolgten eine Optimierung der antihypertensiven Therapie, eine regelmäßige Kontrolle der Nierenwerte sowie eine Anpassung der Medikation seines Diabetes Mellitus. Wir führten regelmäßige körperliche Untersuchungen, Blutentnahmen, Sonographien und EKG durch, um den Gesundheitszustand engmaschig zu verfolgen.

Der Patient zeigte sich stets kooperativ und besuchte unsere Sprechstunde ca. 20 mal nach seinem Klinikaufenthalt im Jahre 2021 – und sein Gesundheitszustand verbesserte sich deutlich. Seit Beginn 2022 freuen wir uns, dass Herr K. einen neuen Arbeitsplatz finden und somit in die gesetzliche Krankenversicherung wieder aufgenommen werden konnte. (StuPoli)