COVID-19 und sonst nichts mehr? – Intelligente Nutzung medizinischer Ressourcen
Die Covid-Pandemie verändert das gesellschaftliche Leben und unser Gesundheitswesen in atemberaubendem Tempo. Häufung, Schwere und Letalität des Krankheitsverlaufes haben die Gesundheitssysteme in Italien, in Spanien, im Elsass und anderswo ausgehebelt oder an die Grenze gebracht. Katastrophenmedizin und Triage sind dort an der Tagesordnung, für unser Gesundheitssystem bisher unvorstellbar.
Gesundheitspolitische Fehler der Vergangenheit werden im Eiltempo revidiert. Die persönliche Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt, Kliniken und Intensivstationen werden fitgemacht für die im schlechtesten Fall massenhaft anfallenden Covid-Patienten mit Lungenversagen und mit Herzversagen. Kliniken fokussieren sich auf Covid-Patienten, Routineeingriffe werden aufgeschoben. Im ambulanten Bereich wird mit Abstrichen diagnostiziert. Teststreifen und Schutzkleidung fehlen.
Was machen die Patienten? Sie gehen gar nicht mehr zum Arzt und schon gar nicht in die Klinik. Für viele Patienten ist das kein Nachteil, wenn die vierteljährliche oder jährliche „Kontrolle“ ausfällt. Für eine nicht unerhebliche Zahl von Patientinnen und Patienten ist das allerdings fatal.
Und was macht Medea? Die von der Deutschen Herzstiftung geförderte Medea-Studie (Munich Examination of Delay in Patients Experiencing Acute Myocardial Infarction) zeigt genau dies. Der fehlende Arztbesuch und der fehlende Klinikaufenthalt können sich fatal auswirken. Frauen über 65 Jahre verzögerten den Notruf bei Herzinfarkt auf über vier Stunden (Medea-Studie Am J Cardiol 2017 Dec 15;120). Dieses Verhalten könnte durch die Furcht vor einer Covid-Infektion verstärkt werden.
Diagnosen aus dem Bereich Herz-Kreislauf führen bei der Häufigkeit der Aufnahme im Krankenhaus und führen auch mit ca. 47.000 Todesfällen durch Herzinfarkt und insgesamt ca. 345.000 Todesfällen durch Herz-Kreislauferkrankungen wie Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen und Lungenembolie. Sie müssen also neben allen Covid-Patienten weiterhin rasch und sicher diagnostiziert und behandelt werden.
Sinnvoll erscheint daher eine Doppelstrategie mit Versorgung von Covid-Patienten und mit Herz-Kreislauf-Patienten in unterschiedlichen Krankenhäusern. Den Patienten kann so die Angst vor einer Untersuchung und einem Klinikaufenthalt genommen sowie eine rechtzeitige Diagnose und Therapie sichergestellt werden. Das Konzept greift nicht mehr, wenn auch unser Gesundheitssystem an seine Grenzen kommt und alle Beatmungsplätze für Covid-Patienten gebraucht werden.
Häufung der Erkrankung und Medea- Daten sprechen neben einer ausreichenden Versorgung von Covid-Patienten für eine jederzeitige Sicherstellung der Versorgung von akuten Herz-Kreislauferkrankungen.
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