Info-Mail des Präsidenten vom 30.12.2020 zur Mitarbeit in den Corona-Impfzentren

Fachrichtung:Aktuelles

In einer Info-Mail vom 30.12.2020 wendet sich der Präsident der Landesärztekammer Hessen an die rund 15.000 Ärztinnen und Ärzte, die von der Landesärztekammer Hessen zur Mitarbeit in den Corona-Impfzentren aufgerufen worden waren. Hier der vollständige Text der Info-Mail:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

es mehren sich Unmutsäußerungen aus der hessischen Ärzteschaft sowie den medizinischen Fachberufen zu den Rahmengegebenheiten einer Mitarbeit in den Corona-Impfzentren.

Die Landesärztekammer Hessen möchte Sie im Folgenden über die Hintergründe, die aufgetretenen Probleme und die Lösungsansätze informieren.

Zu den Hintergründen:

Mitte November 2020 bat die hessische Landesregierung die Landesärztekammer (LÄKH) und die Kassenärztliche Vereinigung (KVH), mit ihren jeweiligen Stärken die Corona-Impfstrategie durch das Aufgebot von Ärzten zu unterstützen. Die Impfstrategie ging von einer rasch erfolgenden Zulassung der ersten SARS-CoV-2-Impfstoffe und einer schnellen und umfassenden Verfügbarkeit aus, sodass die 28 Impfzentren ab Mitte bis Ende Dezember 2020 den Betrieb aufnehmen sollten, wofür hohe Zahlen an Einsatzwilligen benötigt würden.

Die LÄKH hat dabei die Aufgabe übernommen, Ärztinnen und Ärzte, sowie nach Möglichkeit auch Medizinische Fachangestellte (MFAs) und Medizinstudierende in klinischen Semestern für den Einsatz zu gewinnen und an die Zentren zu melden. Die Aufgebote werden in Kooperation mit dem Verband medizinischer Fachberufe e. V. und den hessischen Universitätskliniken realisiert.

Die Angehörigen der jeweiligen Gruppen melden sich bei der LÄKH über spezielle E-Mail-Accounts, Ärzte z. B. über aerzte-impfen-gegen-corona@laekh.de, und leiten einen daraufhin erhaltenen Fragebogen ausgefüllt zurück. Jeweils aktualisiert werden die Datensätze der Gruppen dann über eine Cloudlösung an das gewählte Impfzentrum überstellt.

Diese und keine weiteren Aufgaben waren der LÄKH übertragen und von dieser übernommen worden.

An die Landespolitik wurde vonseiten der Ärzteschaft übrigens auch dringlich appelliert, folgende offene Fragen zu klären und die Antworten zu kommunizieren: Haftungsabsicherung für das Handeln der eingesetzten Kräfte, Absicherung gegen Unfall und Berufsunfähigkeit, Honorierung, Sozialversicherungspflicht, Steuern, Impfung der am Impfgeschehen zum Einsatz Kommenden.

Die LÄKH hatte durch dieses Engagement vor den Weihnachtstagen bereits gut 1.200 Ärztinnen und Ärzte, 120 MFAs und 50 Medizinstudierende an die Impfzentren gemeldet. Die beiden letzten "niedrigen" Zahlen resultieren daraus, dass die Kampagnen zeitversetzt gestartet wurden, um sie in vernünftiger Zeit abarbeiten zu können. Nach der ersten KW 2021 können voraussichtlich weitere rund 1.000 Ärzte, 550 MFAs und 110 Studierende nachgemeldet werden, wenn deren eingegangene Fragebögen aufgearbeitet wurden. Alle eingehenden Meldungen und Fragebögen werden kontinuierlich erfasst, strukturiert aufgearbeitet und den Impfzentren gemeldet. Dies erfolgt auch zwischen den Jahren und in den kommenden Wochen. Dabei in eigener Sache ein Hinweis: SIe erhalten von uns KEINE Eingangsbestätigung, können aber sicher sein, dass Ihre Meldung aufgenommen und an das zuständige Impfzentrum weitergeleitet wird.

So weit, so gut.

Was sind nun die Probleme:

  1. Durch den hohen Zeitdruck der (bisherigen) Impfstrategie wurden unabgesprochen weitere Gewinnungsmaßnahmen für Einsatzkräfte gestartet: Die für die Impfzentren zuständigen Kreise und kreisfreien Städte mit ihren Gesundheitsämtern, aber auch Dienstleister in deren Auftrag, suchen auf alternativen Wegen Ärztinnen und Ärzte zu gewinnen.
  2. Diese Werbenden verlangen, wiederum nicht mit der LÄKH abgesprochen, z. T. unterschiedliche Nachweise, über deren Sinn für die Aufgabe man sich trefflich streiten kann, z. B. Führungszeugnisse und Lebensläufe.
  3. Die auf Ebene der beteiligten Ministerien ausgelobten, letztlich gemeinsam mit der LÄKH und der KVH verhandelten Stundensätze von 120 € (Brutto) für Ärzte / Apotheker und 50 € (Brutto) für mit gestelltes medizinisches Hilfspersonal werden bei verschiedenen Impfzentren anders interpretiert und z. T. weit unterschritten. Es werden dabei zwischen den Werbenden auch unterschiedliche Beschäftigungsverträge - wie etwa Honorarverträge oder Angestelltenverträge -vorgehalten.
  4. Die bisherige Impfstrategie wurde offensichtlich aufgrund von sehr begrenzten Impfstoff-Zufuhren durch den Bund zeitlich weit ausgedehnt. Dies wurde vonseiten der Landesregierung am 22.12.2020 in einer Pressemitteilung kommuniziert, die wir auf der LÄKH-Website in die Beantwortung von FAQs zum Impfgeschehen aufgenommen haben.

Allerdings sind die Zeitabschnitte bislang unscharf definiert. Zunächst stehen nur sehr begrenzte Mengen an Impfstoff zur Verfügung, die prioritär durch mobile Teams in Heimen verabreicht werden. Bei Anlieferung größerer Impfstoff-Kontingente werden dann sechs Regional-Impfzentren die Impfungen aufnehmen, bevor in einem später folgenden Schritt alle 28 hessischen Impfzentren unter Volllast fahren können. Diese letzte Stufe wird nach Schätzungen von offizieller Seite vielleicht erst im Sommer 2021 erreicht werden.

Die neue Impfstrategie verlangt allen Beteiligten sehr viel Geduld ab. Nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, die auf eine "schnelle" Impfung weiter Teile der Bevölkerung hoffen, auch den Einsatzwilligen, die sich über ausbleibende Rückmeldungen oder im Einzelfall sogar über derzeitige Absagen durch die Impfzentren verwundern oder ärgern.

Lösungsansätze:

Die LÄKH kann Probleme nicht lösen, die nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich liegen. Wir haben z. B. keinen Einfluss auf die unabgesprochenen Werbemaßnahmen und zum Teil skurrilen Nachweisforderungen. Wir können gleichfalls keine Einzelfallberatungen zu Vertragsgestaltungen von Dritten geben, diese Beratungen müssen aber auf Grundlage der Empfehlungen der Landesregierung durch die konkreten Anbieter erfolgen. Ebenso können wir die Impfstoffbelieferungen nicht beschleunigen.

Was wir aber tun können, tun wir auch:

Als Präsident der Landesärztekammer Hessen habe ich anhand von konkreten Beispielen dringlich an Herrn Ministerpräsidenten Bouffier und die zuständigen Herren Minister Beuth (Inneres) und Klose (Soziales und Gesundheit) appelliert, die beschriebene Negativentwicklung auf den "Endstrecken" umgehend zu korrigieren. Die Impfzentren sind ergänzend aufgefordert, transparent gegenüber den Einsatzwilligen darzulegen, wie die Bedarfe konkret aussehen, und gleichfalls das politisch Gewollte auch umzusetzen.

Einen guten Rutsch ins neue Jahr wünscht Ihnen

Dr. med. Edgar Pinkowski

Präsident der Landesärztekammer Hessen
Hanauer Landstraße 152
60314 Frankfurt am Main

PS: www.laekh.de ... reinschauen und die regelmäßig aktualisierten FAQs lesen lohnt sich!

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