PD Dr. med. habil. Horst-Walter Birk

VNR: 2760602023210520004

Einleitung

Peritonealdialyse (PD) bietet als kontinuierlich durchgeführte Heimtherapie dialysepflichtigen Patienten im Vergleich zu den intermittierenden Hämodialyse (HD)-Verfahren (Zentrums-HD, Heim-HD) viele Vorteile, wird jedoch in Deutschland nur selten eingesetzt. Aus dem geringen Verbreitungsgrad folgt ein geringer Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung und im Kollegenkreis. Defizite in der PD-Ausbildung von Nephrologen und Mangel an PD-erfahrenem Dialysepflegepersonal erschweren die Entscheidung zum Einsatz von PD-Verfahren [1]. Besonders kränkeren und älteren Patienten ohne Fähigkeit zur Selbstbehandlung bleibt die Option einer PD-Heimtherapie meist verwehrt, wenn familiäre Helfer fehlen. Der nachfolgende Artikel stellt die wichtigsten Aspekte der Peritonealdialyse vor.

Kontraindikationen für PD

Absolute Kontraindikationen: grundsätzlich der Verlust der peritonealen Funktion; ausgeprägte abdominelle Adhäsionen; operativ nicht sanierbare Hernien; physisches oder geistiges Unvermögen, PD durchzuführen, kein Helfer verfügbar [2].

Relative Kontraindikationen: Anus praeter oder Stoma, aktive chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, rezidivierende oder kürzlich durchgemachte Divertikulitiden, riesige Zystennieren, Anurie.

Abkürzungsverzeichnis

APD

Automatisierte Peritonealdialyse

CAPD

Kontinuierliche ambulante PD

CCPD

Kontinuierliche cyclische PD

DGfN

Deutsche Gesellschaft für Nephrologie

FV

Füllvolumen

G-BA

Gemeinsamer Bundesausschuss

GFR

Glomeruläre Filtrations­rate

HD

Zentrums-Hämodialyse

IMVR

Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilita­tionswissenschaft

IPD

Intermittierende PD

IQTIG

Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen

MauPD- Projekt

Studie Multidimensionale Analyse der Ursachen für die niedrige Prävalenz der ambulanten PD in Deutschland

NADia

Netzwerk Assistierte Dialyse

NIPD

Nächtlich intermittierende PD

PD

Peritonealdialyse

PET

Peritonealer Äquilibra­tionstest

RRF

Renale Restfunktion

UF

Ultrafiltration

VWZ

Verweilzeit

Vor- und Nachteile der PD

PD und HD sind bezüglich des Patientenüberlebens gleichwertige Alternativen, PD bietet Dialysepatienten als kontinuierliches Heimverfahren aber eine höhere Lebensqualität [3]. Gründe sind das Fehlen HD-typischer, dem intermittierenden Charakter dieses Verfahrens geschuldeter Beeinträchtigungen (wechselndes Wohlbefinden bei Schwankungen des Hydratationsgrades und der Retentionsparameter, Blutdruckabfälle an Dialyse, Shuntpunktionen, Antikoagulation), eine freiere Urlaubsplanung, der längere Erhalt der renalen Restfunktion (RRF) und deutlich geringere diätetische Einschränkungen. PD-Patienten müssen ihre Trinkmenge nicht oder wenig einschränken, die HD-typischen Diätbeschränkungen bezüglich der Kaliumzufuhr entfallen meist. Erhaltene RRF und kontinuierliche Kalium-Elimination führen bei der Mehrzahl der PD-Patienten zu einer leichten Hypokaliämie, trotz freien Konsums von Obst und Gemüse sind Hyperkaliämien sehr selten. Der Erhalt der RRF ist mit reduzierter Mortalität verbunden und deshalb ein zentrales Therapieziel [4]. Da die RRF unter PD in der Regel länger erhalten bleibt, entstand das integrative Konzept der Nierenersatztherapie: Bei Eintreten der Dialysepflichtigkeit sollte – wenn eine Lebendnieren-Transplantation nicht möglich ist – die Dialyse mit PD begonnen werden, um die RRF zu schonen (Abb. 1) [5]. Als nachteilig für PD können die täglich mehrfach durchzuführenden Beutelwechsel, die regelmäßig notwendige Exitpflege und die dabei einzuhaltenden Hygienemaßnahmen empfunden werden. Zur Prophylaxe von Exitinfektionen soll auf Baden in der Badewanne und möglichst auch in Schwimmbädern verzichtet werden. Die Resorption von Glukose aus den PD-Lösungen kann zur Gewichtszunahme führen. Das Risiko für abdominelle Hernien ist erhöht, Heben und Tragen schwerer Lasten (> 5–10 kg) soll vermieden werden, ebenso mit Erhöhung des intraabdominellen Drucks verbundene Sportarten.

Besondere Indikationen für PD

Kardio-, pulmo- und hepatorenales Syndrom: Der kontinuierliche 24/7-Charakter der PD-Behandlung führt zu einer besseren UF-Toleranz bei Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen. Eine erfolgreiche Entwässerung von akut oder chronisch überwässerten Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz ist mit PD ohne Blutdruckabfälle möglich. Insbesondere Patienten mit Aszites profitieren von der PD [6] [7]. Ein Konsensuspapier von Kardiologen und Nephrologen definiert die Einsatzmöglichkeiten von Nierenersatzverfahren zur Volumenkontrolle bei kardiorenalen Syndromen, auch schon bei Niereninsuffizienz im Stadium 4 (GFR < 30 ml/min) [8]. Da diese schwerkranken Patienten selten zu einer Selbstbehandlung fähig sind, wird eine Assistenz bei der PD benötigt. Kann dies die Familie nicht leisten, muss eine assistierte Behandlung in Form der intermittierenden PD (IPD) in Dialysezentren oder an nephrologischen Kliniken durchgeführt werden.

PD-Katheter statt HD-Vorhofkatheter: Bei älteren Dialysepatienten ist aus vaskulären oder kardialen Gründen die Anlage eines HD-Shunts häufig nicht möglich, meist wird eine HD über Vorhofdauerkatheter eingeleitet. Da ein Dialysebeginn über HD-Vorhofdauerkatheter mit häufigen Infektionen und erhöhter Mortalität verbunden ist [9], unterliegt deren Einsatz einer Kontrolle durch die Qualitätssicherung, in Hessen lag die Quote in 2019 bei 20 % [10]. Gemäß den Leitlinien für Dialysezugänge sollte vor Einsatz eines HD-Vorhofdauerkatheters immer die PD-Alternative geprüft werden [11], in der Praxis ist PD aber wegen häufig fehlender Selbstbehandlungsfähigkeit nur selten umsetzbar. In 2019 waren 42,6 % der inzidenten Dialysepatienten älter als 75 Jahre [10] – für diese große Patientengruppe fehlt die Option einer Pflegedienst-assistierten Heimbehandlung besonders.

PD bei Diabetikern: Infolge der 24/7-Dialyse-Dauerbehandlung unter kontinuierlich ambulanter PD (CAPD) und kontinuierlich cyclischer PD (CCPD) sowie der meist gut erhaltenen RRF kommt es bei PD-Patienten trotz des reichlichen Konsums von Gemüse nur sehr selten zur Hyperkaliämie. Aufgrund dieser für Diabetiker sehr vorteilhaften Diätsituation ist eine PD-Behandlung für inzidente diabetische Dialysepatienten empfehlenswert. Die leicht erhöhte Glukosezufuhr über Resorption aus den Dialyselösungen kann durch Erhöhung der antidiabetischen Medikation in der Regel problemlos kompensiert werden.

Einleitung der PD

Zur Durchführung der PD wird ein Silikonkatheter offenchirurgisch oder laparoskopisch im Unterbauchbereich paramedian so in die Bauchhöhle implantiert, dass die Spitze am tiefsten Punkt des kleinen Beckens zu liegen kommt.

Es gibt verschiedene PD-Kathetertypen. Für eine gute Funktion ist aber weniger der Kathetertyp als vielmehr die Erfahrung des Chirurgen maßgeblich. PD-Katheterimplantationen sollten deshalb bevorzugt in überregionalen PD-Kompetenzzentren erfolgen.

Der PD-Katheter wird operativ von innen durch das Peritoneum geführt, in einem kranialgerichteten Bogen durch die Bauchdeckenmuskulatur und Subkutis getunnelt und seitlich am „Exit“ nach außen geleitet. Zur Prävention entlang des Katheters aufsteigender bakterieller Infektionen sollte der PD-Katheter im extraperitonealen Verlauf zwei zirkuläre Faserstoff-Muffen haben, in die das umliegende Bindegewebe abdichtend und fixierend einwachsen kann [12]. Bei elektiver Dialyseeinleitung wird empfohlen, die PD-Behandlung erst nach einer Einheilungsphase von 14 Tagen zu beginnen [13], um ein Wiederaufbrechen der OP-Wunde und das Auftreten einer Dialysat-Leckage zu vermeiden. Meist wird für eine Woche ein reduziertes Füllvolumen (FV) eingesetzt, danach das FV schrittweise bis auf das gängige PD-Dialysatbeutel-Volumen von 2.000 ml gesteigert. Bei Patienten mit dringlicher Dialyseindikation kann eine PD-Einleitung mit vertretbarem Komplikationsrisiko auch früher erfolgen [14], entweder als CAPD mit initial meist nur 500 ml FV (Tag 3–7) oder unter stationären Bedingungen als Akut-PD schon ab dem ersten postoperativen Tag mittels automatisierter PD (APD) im Liegen [15].

Während der stationär oder ambulant durchführbaren PD-Einleitung vermitteln erfahrene PD-Pflegekräfte den neuen PD-Patienten das zur selbstständigen Durchführung der PD notwendige Wissen und üben notwendige Praktiken schrittweise ein. Wichtig zur Prophylaxe späterer PD-assoziierter Infektionen ist das Erlernen der bei den Beutelwechseln und der Exitpflege notwendigen Hygienemaßnahmen. Hierzu gehören die sorgfältige Händedesinfektion, das Tragen eines Mundnasenschutzes und die Flächendesinfektion des PD-Arbeitstisches. Das zur häuslichen PD-Durchführung benötigte Inventar sowie das Verbrauchsmaterial werden den Patienten monatlich nach Hause geliefert. Zur Dokumentation der PD-Therapie führen die Patienten ein Protokoll (Gewicht, Blutdruck, Ein- und Auslaufvolumina), das bei den nachfolgend monatlichen Vorstellungen im Dialysezentrum zur Kontrolle des Behandlungsregimes dient. Zudem werden hierbei der körperliche Status der Patienten, der Katheter-Exit und -Tunnelverlauf, die Medikation sowie dialyserelevante Laborparameter kontrolliert.

PD-Verfahren

Prinzip der PD ist die regelmäßige Füllung der vom Peritoneum ausgekleideten Bauchhöhle mit steriler Dialyselösung über den PD-Katheter (Abb. 2). Über das gut durchblutete Peritoneum kommt es durch Diffusion und Osmose zum Übertritt von Urämietoxinen und Plasmawasser in die Dialyselösung. Nach mehrstündiger Verweilzeit (VWZ) besteht ein Konzentrationsäquilibrium von Blut und Dialysat. Dann lässt man die Urämietoxin-haltige Dialyselösung wieder ablaufen, gefolgt von einer erneuten Füllung mit frischer Lösung. Die PD-Lösungen werden in Plastikbeuteln geliefert, ein vormontiertes y-Schlauchset dient zur Verbindung des Dialysatbeutels mit dem Endstück des PD-Katheters und einem für den Ablauf bestimmten Leerbeutel. Besondere Aufmerksamkeit ist bei der Konnektion von PD-Katheter und Schlauchansatz des Dialysebeutelsets notwendig, das Einbringen von Bakterien kann zur PD-assoziierten Peritonitis führen.

Bei der PD-Heimtherapie kommen zwei unterschiedliche PD-Verfahren zum Einsatz. Die meisten Patienten behandeln sich mit der kontinuierlichen ambulanten PD (CAPD), einem rein manuellen Verfahren bei dem in der Regel täglich vier Beutelwechsel (Dauer 20–30 Minuten) mit je zwei Litern FV durchgeführt werden. Die Beutel werden an einen Infusionsständer aufgehängt, die Lösungen laufen per Schwerkraft ein und aus.

Während der Tageszeit erfolgen die Wechsel meist in 5-Stunden-Intervallen (z. B. um 7, 12, 17 und 22 Uhr), die abends eingefüllte Lösung verbleibt während der gesamten Nacht (neun Stunden) bis zum ersten Wechsel am Folgetag im Bauch. Bei der automatisierten PD (APD) werden mehrere (drei bis sechs) Lösungswechsel nachts während des Schlafens über einen Zeitraum von acht bis zehn Stunden von einer mittels Chipkarte programmierbaren Wechselpumpe, dem Cycler, durchgeführt. Der Patient ist über ein rund drei Meter langes Schlauchsystem mit dem neben dem Bett stehenden Cycler und einem Ablaufkanister verbunden. Für die APD werden meist zwei fünf-Liter-Beutel Dialysatlösung eingesetzt. Bei der kontinuierlichen cyclischen PD (CCPD) wird der Bauch bei Beendigung der nächtlichen Behandlung vom Cycler nochmals mit Dialyselösung gefüllt („last bag“), die dann über den Tag bis zum abendlichen Anschließen im Bauch verbleibt. Bei der nächtlich intermittierenden PD (NIPD) wird auf diese letzte Füllung verzichtet.

APD kommt meist bei tagsüber arbeitenden Patienten zum Einsatz, für die CAPD wegen fehlender Wechselmöglichkeit am Arbeitsplatz nicht infrage kommt. Die intermittierende PD (IPD) ist eine in Dialysezentren oder an nephrologischen Kliniken in der Regel dreimal wöchentlich über eine Dauer von bis zu zehn Stunden meist als APD (10–15 Liter Dialysat) durchgeführte und durch Dialysepflegepersonal assistierte PD-Form. Im Vergleich zur kontinuierlichen 24/7-CAPD/CCPD beträgt die durch IPD erzielbare Dialyseclearance nur rund 15–20 %, Patienten ohne RRF sind damit kaum adäquat behandelbar. Zur intermittierenden Entwässerung nicht terminal niereninsuffizienter Patienten mit kardiorenalen Syndromen, insbesondere mit Aszites, ist IPD hingegen oft gut geeignet.

PD-Lösungen

Das Peritoneum resorbiert physiologischerweise Flüssigkeit aus dem Bauchraum. PD-Dialysatlösungen enthalten deshalb neben Elektrolyten und Puffersubstanzen auch Osmolyte, um der Resorption während der Verweilzeiten (VWZ) entgegen zu wirken. Als Osmolyt dient meist Glukose, aber auch Aminosäuren und das Glukose-Polymer Icodextrin werden eingesetzt. Glukosehaltige PD-Lösungen sind in drei unterschiedlichen Glucose-Konzentrationsvarianten einsetzbar.

Die Transporteigenschaften des Peritoneums und damit die Geschwindigkeit des Solut-Transfers variieren von Mensch zu Mensch. Über den peritonealen Äquilibrationstest (PET) lassen sich langsame, mittelschnelle und schnelle Transporttypen definieren. Der Transporttyp bestimmt das PD-Regime, d. h. die Auswahl der individuell geeigneten PD-Dialysatlösungen und der VWZ [16].

Wenn neben der Clearance von Urämietoxinen auch eine Flüssigkeitsentfernung angestrebt wird, kommen PD-Lösungen mit höheren Glukosekonzentrationen zum Einsatz, die über stärkere osmotische Kräfte zum vermehrten Einstrom von Flüssigkeit über das Peritoneum in den Bauchraum führen. Wenn das Auslauf- das Einlaufvolumen übersteigt, bezeichnet man die Differenz als Ultrafiltration (UF). Da auch Glukose über das Peritoneum rückresorbiert wird, beeinflusst die VWZ die UF maßgeblich. Patienten mit schnellem Transporttyp müssen deshalb entweder mit sehr kurzen VWZ über eine APD behandelt werden oder mit Icodextrinlösung in der langen VWZ. Das Glukosepolymer Icodextrin wird vom Peritoneum nicht resorbiert und erlaubt über Kolloid-Osmose bei langen VWZ eine UF zu erzielen. Der langjährige Kontakt mit Dialyselösungen führt zu strukturellen und funktionellen Veränderungen des Peritoneums. Fibrosierungsprozesse führen zur Verdickung und vermehrte Vaskularisierung zur erhöhten Permeabilität des Peritoneums, klinisch imponiert im Verlauf der Jahre meist eine Abnahme der UF. Der Einsatz der PD-Therapie ist deshalb nur zeitlich befristet möglich, meist über einen Zeitraum von fünf bis acht Jahren.

Adäquate PD und Qualitätskontrolle

Eine adäquate PD-Behandlung muss folgende Bedingungen erfüllen: Der Patient sollte bei hoher Lebensqualität möglichst symptomarm, bei möglichst gut erhaltener RRF ödemfrei und normotensiv, mit möglichst wenigen diätetischen Einschränkungen ohne Hyperphosphatämie normal ernährt und bezüglich der Dialyseclearance ausreichend behandelt sein [17]. Auf Berechnungen der Dialyseclearance kann verzichtet werden, auch die neuen IQTIG-Kriterien (Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen) zur Qualitätssicherung fordern dies nicht mehr [18].

Mögliche Komplikationen bei PD

Hernien, Leckagen, Hydrothorax: Die Füllung der Bauchhöhle mit Dialyselösung führt, insbesondere beim Husten, auch beim Heben schwerer Lasten, zur Erhöhung des intraabdominellen Drucks. Bei entsprechend disponierten Patienten kann dies zur Ausbildung von abdominellen Hernien führen, bei offenem Prozessus vaginalis auch zu einer Hydrozele. Unter PD aufgetretene Hernien sollten unter Netz-Einlage operativ verschlossen werden, danach eine 14-tägige PD-Pause folgen. Durch ein Wiederaufbrechen des Wundverschlusses um den PD-Katheter im Bereich des Peritoneums kann es zur Dialysatleckage kommen, bei frisch implantierten Kathetern tritt dann Dialysat über den Exit aus, Leckagen im späteren PD-Verlauf führen zu Bauchwandödemen. Wenn eine zwei- bis dreiwöchige PD-Pause nicht zum Verschluss führt, muss eine operative Abdichtung erfolgen.

Sehr selten kommt es – insbesondere bei Frauen – direkt nach Beginn der PD-Behandlung zur Ausbildung eines meist rechtsseitigen Pleuraergusses. Über präformierte Undichtigkeiten der basalen Pleura kann Dialyselösung aus der Bauchhöhle in die Pleurahöhle einströmen. Beweisend für diese Hydrothorax genannte Leckageform sind gegenüber dem Blut erhöhte Glukosekonzentrationen im Pleurapunktat. Obwohl der Versuch einer Abdichtung durch Videothorakoskopie-assistierte Pleurodese im Einzelfall indiziert sein kann, sollte in der Regel die PD beendet und der Patient an die HD überführt werden [19].

Katheterfehlfunktionen: Zu Beginn der PD-Behandlung kommt es bei unauffälligen Dialysateinläufen häufig zu unvollständigen Ausläufen. Grund sind PD-Katheterfehllagen, die meist durch Obstipation bedingt und durch intensive Abführmaßnahmen korrigierbar sind.

Bei länger hochgeschlagenen Kathetern besteht die Gefahr einer Umschlingung durch das Omentum, das auch in das Katheterlumen einwachsen und zum kompletten Verschluss führen kann. Eine laparoskopische Desobliteration und Lagekorrektur ist meist erfolgreich.

Bei Einlaufstörungen ist eine Darstellung des PD-Katheters nach Einspritzen von Röntgenkontrastmittel indiziert. Ist das Katheterlumen durch Fibrinthromben oder Blutkoagel verlegt, kann eine Lysebehandlung versucht werden. Ein PD-Katheterwechsel ist nur sehr selten nötig. Bei Knickbildungen des PD-Katheters im Tunnelverlauf muss eine operative Korrektur erfolgen [19].

Exit-/Tunnelinfektionen: Affektionen des Exits sind häufig. Das Spektrum reicht von leichter Krustenbildung über Hautrötungen, Ausbildung von Granulationsgewebe bis zur floriden bakteriellen Infektion mit Eiterung. Wichtigste prophylaktische Maßnahmen sind Mundnasenschutz, Händedesinfektion, regelmäßige Exitpflege mit hautfreundlichen Desinfektionsmitteln sowie eine „wackelfreie“ Fixierung des Katheters über den Pflasterverband.

Bei Rötungen muss durch Abstrich nach einer möglichen bakteriellen Ursache gesucht werden, therapeutisch kann eine lokale Antibiotikatherapie sinnvoll sein. Granulome sind meist Folge von Hautläsionen durch einen nicht ausreichend fixierten PD-Katheter mit konsekutiver bakterieller Infektion, die Behandlung erfolgt durch vorsichtige Ätzung mit Silbernitrat in Kombination mit lokalen Antibiotika.

Bei eitriger Exitinfektion ist eine Beteiligung des Kathetertunnels möglich, die Tunnelsonographie erlaubt die Abgrenzung unterschiedlicher Schweregrade und bestimmt neben dem mikrobiologischen Befund die nachfolgende Antibiotikatherapie, häufigste Erreger sind grampositive Hautkeime. Nur sehr selten wird eine Explantation des PD-Katheters bei Abszessen im Tunnel, chronisch rezidivierenden Infektionen oder einer begleitenden Peritonitis notwendig [19, 20].

PD-assoziierte Peritonitis: Diese früher gefürchtete PD-Komplikation tritt heute nur noch selten auf, erfahrene PD-Zentren in Deutschland berichten Inzidenzen zwischen 1:50 und 1:70 Monaten, die internationalen Leitlinien fordern Inzidenzen > 1:30 [21]. Wichtigste prophylaktische Maßnahmen sind das Einhalten der im Patiententraining erlernten Techniken für Beutelwechsel und Hygiene. Risikofaktoren sind Exit-/Tunnelinfektionen sowie eine Besiedelung des Nasenrachenraumes mit pathogenen Keimen.

Erstes Symptom einer Peritonitis ist ein durch erhöhte Leukozytenzahlen im Dialysat hervorgerufener trüber Auslauf, Bauchschmerzen können initial fehlen. Sehr wichtig ist der schnelle Beginn einer Antibiotikatherapie: PD-Patienten sind angehalten, sich bei einem trüben Auslauf sofort in ihrem Dialysezentrum oder im überregionalen PD-Kompetenzzentrum vorzustellen und den Auslaufbeutel zur mikrobiologischen Diagnostik mitzubringen. Bei der primär kalkulierten Antibiotikagabe müssen grampositive und -negative Erreger abgedeckt werden, häufig wird eine Kombination aus Vancomycin und Drittgenerations-Cephalosporin eingesetzt. Nach Verfügbarkeit des mikrobiologischen Befundes – in der Mehrzahl grampositive Erreger – wird auf eine gezielte Antibiose umgestellt. Unter einer je nach Erreger zwei- bis dreiwöchigen, ambulant fortgesetzten intraperitonealen oder oralen Antibiotikatherapie kommt es in den meisten Fällen zur folgenlosen Ausheilung der Peritonitis.

Zu ernsten Verläufen kann es bei gastrointestinal verursachten Peritonitiden unter PD-Therapie kommen, hierbei finden sich gramnegative Darmbakterien im Dialysat, häufig als Mischinfektion. Ursächlich können Durchwanderungsinfektionen bei Diarrhoe, aber auch gedeckt oder offen perforierte Divertikulitiden sowie andere Darmerkrankungen sein. Bei Nachweis gramnegativer Erreger oder Candidaspezies im Dialysat sollten PD-Patienten zur stationären Weiterbehandlung in das kooperierende PD-Kompetenzzentrum eingewiesen werden. Zur Diagnostik müssen zeitnah ein Abdomen-CT und ein chirurgisches Konsil erfolgen, der PD-Katheter muss meist (bei Candida immer) entfernt und der Patient an die HD transferiert werden [19, 21].

MauPD-Studie: Warum haben wir so wenig PD in Deutschland?

Die PD-Rate bei prävalenten Dialysepatienten in Deutschland lag 2019 bei 6,1 % [10], alle europäischen Nachbarländer verzeichnen deutlich höhere Raten. Mit dem MauPD-Projekt (Multidimensionale Analyse der Ursachen für die niedrige Prävalenz der ambulanten Peritonealdialyse in Deutschland) hat ein Konsortium unter Leitung des IMVR (Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft) an der Universität zu Köln, unterstützt durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), eine multidimensionale Analyse der PD-Situation in Deutschland erstellt.

Zentrales Ergebnis ist, dass die niedrige PD-Rate im Wesentlichen Folge struktureller Defizite bezüglich der Ausbildung von Nephrologen (40 % haben PD in der Facharztausbildung kaum/gar nicht kennengelernt) sowie der Aufklärung inzidenter Dialysepatienten (41 % wurden nicht über PD aufgeklärt) ist. Obwohl 51 % der befragten Nephrologen die Lebensqualität unter PD als höher ansehen und 55 % bei eigener Dialysepflichtigkeit eine PD-Behandlung wählen würden, liegt die PD-Rate in deren Dialysezentren bei nur 10,5 %. Als größte Hürden für PD wurden benannt:

  1. fehlende Patienteneignung wegen Alter und Multimorbidität,
  2. fehlende finanzielle Anreize, fehlende Vergütung für assistierte PD,
  3. persönliche Faktoren,
  4. ärztliche Defizite in der Facharztausbildung und
  5. mangelnde Strukturen für PD-Verfahren [1, 22].

Wie können wir PD in Deutschland fördern?

Als Konsequenz aus der MauPD-Studie haben der Innovationsausschuss des G-BA [23] und die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) mit einem Zehn-Punkte-Plan [24] jeweils erfolgversprechende Vorschläge zur Verbesserung der PD-Situation in Deutschland vorgelegt. Beide fordern die Sicherstellung einer lückenlosen Aufklärung inzidenter Dialysepatienten durch Einführung strukturierter Aufklärungsbögen.

Auch die Verbesserung der Nephrologen-Ausbildung ist ein gemeinsames Anliegen beider Institutionen. Um angehenden Nephrologen genügend Erfahrungen im Umgang mit PD-Patienten zu vermitteln, sollten die Weiterbildungseinrichtungen neben interkurrent stationären PD-Patienten auch ambulante PD-Patienten betreuen können. Die DGfN fordert deshalb für Weiterbildungsinstitutionen einen Zugang zur ambulanten Behandlung von Dialysepatienten, zudem wird die Einführung eines Dialyseregisters zur Qualitätssicherung der Heimdialyse vorgeschlagen. Leider haben G-BA und DGfN einen qualitativ und quantitativ bedeutsamen Punkt zur Förderung der Heimdialyse nicht adressiert: Die Ermöglichung häuslich-assistierter PD durch ambulante Pflegedienste.

Auf dem ersten Platz der von MauPD ermittelten PD-Hürden-Liste finden sich die faktischen PD-Kontraindikationen Alter und Multimorbidität [1], in 2019 waren 42,6 % der inzidenten Dialysepatienten älter als 75 Jahre [10]. In vielen Länder wird assistierte PD bereits finanziert [25], in Frankreich seit 30 Jahren, ambulante Pflegedienste können dort PD-Patienten zuhause und in Pflegeheimen assistieren [26]. In Deutschland ist assistierte PD aktuell nur als IPD in Dialysezentren oder im nephrologischen Klinikbereich finanziert, häusliche PD-Assistenz durch Pflegedienste wird nur in Einzelfällen von den Krankenkassen übernommen, das Netzwerk Assistierte Dialyse (NADia) liefert hierbei Hilfestellung [27, 28]. Die reguläre Finanzierung einer häuslichen PD-Assistenz würde einer Vielzahl zur PD-Selbstbehandlung unfähiger älterer und multimorbider Patienten auch in Deutschland eine qualitativ adäquate PD-Heimtherapie ermöglichen.

PD Dr. med. Horst-Walter Birk, Leiter Schwerpunkt Nephrologie, Zentrum für Innere Medizin/Med. Klinik II, Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Gießen, E-Mail: Horst-Walter.Birk@innere.med.uni-giessen.de

Die Literaturhinweise finden Sie am Ende dieser Seite unter „Artikel herunterladen“ in der PDF-Version dieses Artikels.

Multiple-Choice-Fragen

Die Multiple-Choice-Fragen zu „Peritonealdialyse“ von PD Dr. med. habil. Horst-Walter Birk finden Sie im Mitglieder-Portal (https://portal.laekh.de) sowie am Ende dieser Seite unter „Artikel herunterladen“ in der PDF-Version dieses Artikels. Die Teilnahme zur Erlangung von Fortbildungspunkten ist ausschließlich online über das Mitglieder-Portal vom 25. Juni 2022 bis 24. Dezember 2023 möglich. Die Fortbildung ist mit zwei Punkten zertifiziert. Mit Absenden des Fragebogens bestätigen Sie, dass Sie dieses CME-Modul nicht bereits an anderer Stelle absolviert haben.

Dieser Artikel hat ein Peer-Review-Verfahren durchlaufen. Nach Angaben des Autors sind die Inhalte produkt- und/oder dienstleistungsneutral, es bestehen keine Interessenskonflikte.